Die amerikanische Nacht
verdeckt.
»Ich guck mal, ob jemand zu Hause ist«, sagte Hopper.
»Was?
Nein.
Wir warten hier.«
Doch bevor ich ihn aufhalten konnte, trat er auf den Rasen hinaus und lief lässig den Hügel hinab. Als er die Stufen zur Terrasse erreichte, duckte er sich, ging hinauf und war nicht mehr zu sehen.
Mein Schock wich sehr bald der Wut. Ich hätte wissen müssen, dass er leichtsinnig sein und seine eigenen Pläne verfolgen würde. Ich wollte hinter ihm her, um ihn zurückzuzerren, doch dann erstarrte ich.
Ein Hund bellte.
Es klang sehr nah.
Nora sah mich entsetzt an. Ich hielt die Hand hoch. Wir hatten bedacht, dass es Hunde geben könnte, und uns geruchsabsorbierende Kleidung besorgt, die uns vor den Hunden verbergen sollte.
Der Hund bellte erneut, zornig und beharrlich.
Und dann – leuchtete ein einzelnes schwaches
Licht
in einem Giebelfenster unter dem Dach auf. Das Fenster war mit einer schweren Gardine verhängt, doch es bestand kein Zweifel.
Es war jemand zu Hause.
Der Hund verstummte, als ein plötzlicher Windstoß durch die Bäume wehte. Von Hopper war nichts zu sehen. Vermutlich versteckte er sich irgendwo auf der Terrasse und wartete auf eine Gelegenheit, zurückzukommen. Doch dann hörte ich das unverkennbar dumpfe Geräusch einer schweren Tür, die aufgeschoben wurde, gefolgt vom hektischen Klatschen von Pfoten und dem Klimpern eines Hundehalsbandes.
Ich öffnete Noras Rucksack und wühlte darin, bis ich das Pfefferspray fand. Ich drückte es ihr in die Hand, als plötzlich ein gewaltiger Hund wild bellend vom Haupteingang des Hauses gesprungen kam.
Er sah aus wie eine Mischung aus russischem Wolfshund und Coyote, sein räudiges Fell war grau und weiß gefleckt, die Rute lang und gebogen.
Der Hund erstarrte und stieß ein weiteres Bellen der Warnung aus, während er mit aufgestellten Ohren den Grashügel zum Graves Pond hinabblickte.
Ein zweiter Hund tauchte auf, noch größer und tiefschwarz. Er galoppierte um das Haus herum genau in unsere Richtung. Ungefähr zwanzig Meter von der Terrasse entfernt, auf der sich Hopper versteckt hielt, blieb er stehen. Er knurrte unheilvoll. Dann lief der Hund mit der Nase am Boden im Zickzackkurs durchs Gras, den Hügel hinauf auf uns zu.
»Geh zurück zum Kanu und warte da auf mich«, flüsterte ich.
Nora zögerte.
»Mach schon.«
Mit versteinertem Gesicht brach sie auf, während überall um uns herum das Gebell losbrach und ich in die andere Richtung auf den Rasen rannte. Ich lief direkt den Hang hinab, an der Terrasse vorbei, den Weg schnurstracks auf die Ligusterhecke zu. Als ich einen Blick über die Schulter warf, sah ich, was ich erwartet hatte: Beide Hunde verfolgten mich und pflügten durch das hohe Gras.
Ich raste an der Hecke entlang, fand eine Öffnung und stürmte blind hindurch auf einen von Unkraut überwucherten Kieselweg.
Die Hunde waren dicht hinter mir, ich konnte ihre Pfoten auf den Steinen hören.
Anscheinend lief ich durch ein Gartenlabyrinth, links und rechts ragten hohe Ligusterwände auf, dazwischen waren mit Flechten übersäte Vogeltränken und Pflanzen, die an Gittern hochrankten. Ich konnte zerbröckelnde Statuen erkennen – ein Mädchen ohne Kopf, der nackte Torso eines Mannes, um den sich eine Schlange wand. Um uns herum erhoben sich riesige Büsche – die wahrscheinlich einmal beschnitten gewesen waren, doch ihre Tierformen hatten sich längst aufgelöst.
Ich stolperte eine Treppe hinab und raste in einen schmalen Alkoven mit einem versiegten Springbrunnen und einem geschmiedeten Tor.
Ich hielt an und lauschte.
Dem Klang nach hatten sich die Hunde vervielfacht und kamen aus allen Richtungen.
Ich schlich zum Eisentor hinüber.
Auf einmal sprang ein Hund mit gefletschten Zähnen von der anderen Seite gegen das Tor. Ich wich torkelnd zurück und rechnete damit, dass er jeden Augenblick seine Fänge in meinen Arm versenken würde, doch hinter mir brach nur frustriertes Jaulen aus. Ich wirbelte herum und lief auf den Weg, wo ich sofort einen weiteren Hund sah, der vom anderen Ende des Korridors auf mich zu galoppiert kam.
Ich bückte mich und fand eine Lücke in der Hecke, durch die ich mich quetschte. Dann lief ich auf einen Hof mit einem großen rechteckigen Swimmingpool, bedeckt von einer Plane.
Ich sprintete auf die hintere Ecke zu, bückte mich, zog meine Handschuhe aus und fummelte an den Nylonschnüren herum.
Ich konnte die Hunde winseln hören, während sie nach einem Weg durch die Hecke suchten. Es
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