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Die amerikanische Nacht

Die amerikanische Nacht

Titel: Die amerikanische Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisha Pessl
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gelang mir, einige der Knoten zu lösen. Dann zog ich die Plane zurück und musste fast würgen, als ich sah, was darunter war.
    *
    Es war fauliges schwarzes Wasser.
    Ich nahm meinen Rucksack ab, tauchte zuerst meine Stiefel ins Wasser und rutschte dann zähneknirschend hinein. Das eiskalte Wasser durchnässte meine Kleider und verschluckte mich bis zum Hals. Ich zog meinen Rucksack hinein und bemühte mich, ihn trocken zu halten, obwohl zwischen der Plane und dem Wasser nur wenige Zentimeter Platz war. Ich holte die Kamera aus der Vordertasche, riss die Plane zurück an ihren Platz und blinzelte in der plötzlichen Dunkelheit. Dann ließ ich mich von der Öffnung wegtreiben.
    Sofort hörte ich das verräterische Klimpern. Die Hunde hatten mich gefunden. Sie liefen am Beckenrand entlang, bellten und jaulten, ihre Pfoten klackerten rhythmisch über die Wegplatten.
    Ich tastete mich so leise wie möglich am Rand entlang und versuchte mich an den gesprungenen, mit Schleim überzogenen Fliesen festzuhalten, während die Kälte mir in die Knochen zog.
    Ich ließ den hellen Streifen zwischen der Plane und dem Beckenrand nicht aus dem Blick, als mein linker Fuß plötzlich gegen etwas unter mir stieß.
Ein ertrunkener Hirsch?
Ich strampelte heftig mit den Beinen und schaffte es in die nächste Ecke des Beckens. Das Wasser plätscherte etwas zu laut. Ich erstarrte.
    Ich konnte schwere Schritte hören. Da näherte sich jemand und betrat den Hof.
    »Was gibt’s, Jungs?«
Es war die tiefe Stimme eines Mannes.
    Die Hunde liefen weiter winselnd um den Pool, der Mann kam immer näher. Dann hielt er an.
    Cordova?
    Auf einmal tanzte der Lichtstrahl einer starken Taschenlampe über die Plane und versetzte mich in Panik, der goldene Kreis glitt zu der Ecke hinüber, an der ich hineingeklettert war.
    Ich drückte mich mit dem Rücken gegen die Fliesen und versuchte, mich nicht zu bewegen.
    Ich hörte schnellere Schritte, das Wischen der Plane, die aufgeschlagen wurde.
    Das Licht der Taschenlampe schnitt durch das Wasser, beleuchtete schwarze Blätter und Äste, geisterhafte Formen – Frösche, oder vielleicht Eichhörnchen –, die durch die Tiefen des Pools schwebten.
    Der Lichtstrahl verharrte einen knappen Meter von meinem Rucksack entfernt und kam dann näher. Ich steckte die Kamera unter die Plane am Beckenrand, holte tief Luft und tauchte langsam ganz unter Wasser, meinen Rucksack zog ich hinter mir her. Ich sank einen Meter ab und öffnete die Augen. Ich versuchte, das Brennen des Wassers zu ignorieren und sah, wie der Lichtstrahl über mich hinweghuschte.
    Ich wartete und versuchte ruhig zu bleiben, obwohl meine Lunge gleich zu explodieren drohte.
Noch vor ein paar verdammten Minuten
war alles in Ordnung gewesen. Wie konnte alles so plötzlich den Bach hinuntergehen?
    Der Lichtstrahl hing noch einige Sekunden über mir, dann endlich entfernte er sich, um eine andere Ecke auszuleuchten. Ich ließ mich zur Oberfläche treiben und schnappte nach Luft.
    Plötzlich hallte ein scharfer Schrei durch die Nacht. Es klang nach einer Frau.
    Nora?
    Die Hunde brachen in wütendes Bellen aus, ihre Pfoten hämmerten über den Weg, die Taschenlampe flitzte davon. Ich hörte jemanden hantieren, dann entfernten sich die Schritte.
    Schnell war nur noch Stille um mich herum.
Sie waren weg.
    Ich schnappte mir die Kamera und schwamm mit kräftigen Beinschlägen zur Öffnung. Doch als ich die Ecke erreichte, sah ich, dass die Plane wieder an ihren Platz gezogen worden war. Ich blendete meine Angst aus – mein Verstand tötete mich sofort und ich malte mir aus, wie meine Leiche mit dem anderen Unrat im Wasser schweben würde –, griff nach draußen und tastete unter dem Plastik herum.
    Die Schnüre waren wieder verknotet worden.
    Ich legte die Kamera am Beckenrand ab, zog meinen Rucksack heran und suchte in der Vordertasche nach dem Taschenmesser. Ich klappte es mit den Zähnen auf, packte das Messer unsicher mit meinen gefrorenen Fingern und begann, an den Schnüren zu sägen.
    Es gelang mir, einige zu durchtrennen. Ich schob erst den Rucksack raus, dann stemmte ich mich auf den Beckenrand. Sofort erfasste mich der eisige Wind. Ich hob den Kopf und stellte erleichtert fest, dass ich allein war.
    Ich rappelte mich hoch und warf mir den Rucksack über die Schulter, nahm die Kamera und stolperte über den Hof auf den bogenförmigen Durchgang in der Hecke zu. Bei jedem Schritt quoll mir das widerliche Wasser aus den Stiefeln.
    Hoffentlich war

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