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Die amerikanische Nacht

Die amerikanische Nacht

Titel: Die amerikanische Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisha Pessl
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verschwand.
    Wir verließen das Motel in Eile. Hopper setzte sich hinters Steuer.
    Sie hatten den Jeep, aber nicht das Kanu.
Ich wollte sie danach fragen, doch ich war plötzlich so erschöpft, dass mir die Kraft dazu fehlte. Hopper fuhr, als würden wir verfolgt. Er raste über unbelebte Straßen, an Kiefern, Ahornbäumen und leeren Feldern vorbei, und sah ständig in den Rückspiegel. Nora saß neben ihm auf dem Beifahrersitz. Sie wirkte gedämpft und hielt die Hände im Schoß gefaltet.
    »Siehst du den Pontiac?«, flüsterte sie.
    Er schüttelte den Kopf.
    Wir waren bereits ungefähr drei Stunden gefahren, als Nora auf ein weißes Farmhaus am Straßenrand zeigte –
Dixie’s Diner, Futtern wie bei Muttern
 – der Parkplatz war voll. Erst in diesem Moment hatte ich das Gefühl, dass sich alles wieder normalisieren könnte. Langsam kehrte das Leben in meinen rechten Arm zurück, er kribbelte, als sei er mit Nadeln gefüllt. Meine Finger bewegten sich wieder, doch die Handfläche, in der ich den Kompass gehalten hatte, war geschwollen. Der Schrecken von The Peak schien auf mir zu trocknen, wie schwarzes Wasser, in dem ich geschwommen war und das jetzt auf meiner Haut verdunstete und einen dünnen Film hinterließ.
    Wir betraten das Restaurant und Hopper bat die Frau vom Empfang um einen Tisch im hinteren Teil.
    »Was ist mit deinen Armen passiert?«, platzte es aus Nora heraus, als wir zu unserem Tisch gingen.
    Ich wusste nicht, was sie meinte. Ich hatte den Mantel ausgezogen und die Ärmel hochgekrempelt, erst jetzt sah ich, dass meine Arme von einem schrecklich aussehenden Ausschlag bedeckt waren. Als wir in unsere Sitznische rutschten, flüsterte Nora besorgt »Wir warten seit drei Tagen auf dich«.
    »Gott«,
sagte Hopper. »Lass ihn erst mal was essen.«
    Wir bestellten. Ich konnte mir aus ihren unzusammenhängenden und nervösen Kommentaren zusammenstückeln, dass sie in den drei Tagen, die ich weg gewesen war, abgesehen von ein paar Suchaktionen auf den Straßen um The Peak, zu paranoid und besorgt um mich gewesen waren, um das Motel zu verlassen. Sie waren nicht gemeinsam aus The Peak entkommen. Nora hatte es als Erste zurückgeschafft. Sie kam um fünf Uhr morgens derselben Nacht, in der wir eingebrochen waren, wieder im Motelzimmer an. Erst nach sechs am folgenden Donnerstagabend kam Hopper mit dem Jeep angefahren.
    »Ich dachte, ich müsste zur Polizei gehen«, sagte Nora. »Aber ich wusste nicht, was ich denen erzählen sollte. ›Wir sind illegal in dieses Anwesen eingebrochen und jetzt werden meine Komplizen als Geiseln festgehalten.‹ Ich hatte die Nummer deiner Freundin bei der Polizei, Sharon Falcone. Sie hat nicht abgehoben.«
    »Hat einer von Ihnen Lust auf den Nachtisch?«, fragte die Kellnerin, die plötzlich neben unserem Tisch aufgetaucht war.
    »Ich nehme ein Stück von dem Apfelkuchen«, sagte ich mit heiserer Stimme.
    »Sonst noch jemand?«
    Nora und Hopper sahen mich erstaunt an. Ich war selbst überrascht. Ich konnte wieder richtig sprechen.
    Sie bestellten Kaffee und Kuchen, und nachdem die Kellnerin das Essen gebracht hatte, verstummte Nora, die zuvor so aufgeregt und gesprächig gewesen war. Sie berührte die Kratzer an ihren Wangen, als wolle sie sichergehen, dass sie noch da waren. Hopper schien in Gedanken versunken zu sein. Es war offensichtlich, dass die beiden nicht nur wegen meiner dreitägigen Abwesenheit aufgebracht waren. Sie hatten ihre eigenen seltsamen Erfahrungen da oben gemacht.
    Außerdem stellte ich besorgt fest, dass das Dixie’s Diner, das gerade noch so belebt gewesen war, sich überraschend schnell geleert hatte.
    Jetzt waren nur noch wir drei da sowie ein älterer Mann in einem grünschwarz karierten Flanellhemd, der über die Theke gebeugt saß und so knorrig und dürr aussah wie der Gehstock, der neben ihm lehnte. Es war, als ginge ein Raunen durch die Luft, als würden die Geschichten, die wir uns gleich über The Peak erzählen würden, bereits aus unseren Mündern entweichen und eine Dunkelheit über den Ort legen, als würde jede unschuldige Seele und unbekümmerte Person unbewusst merken, dass es an der Zeit war zu gehen.
    »Zunächst mal zum Kanu«, sagte ich.

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    »Wir wissen nicht, was damit passiert ist«, sagte Nora. »Wir glauben, dass sie es genommen haben.«
    »Sie?«
    »Die Leute, die da wohnen.«
    Sie warf Hopper einen verunsicherten Blick zu. Er hatte nichts hinzuzufügen, steckte nur seinen Zeigefinger durch den Griff seines Kaffeebechers

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