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Die amerikanische Nacht

Die amerikanische Nacht

Titel: Die amerikanische Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisha Pessl
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wackelte, als sie herunterhüpfte und aus dem Raum flitzte. »Nacht, Woodward.«
    »Nacht, Bernstein.«
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    © Michael Mellinger
    Unter Verwendung des Originals © David Curtis
    Unter Verwendung des Originals © Martin Grace Photography
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43
    Ich schloss den
Vanity-Fair
-Artikel auf meinem BlackBerry. Es war schon nach 10 : 00  Uhr und wir fuhren mit einem Taxi die Avenue A entlang.
    Der Text ermutigte mich eher – er war am Morgen auf der Website der Zeitschrift veröffentlicht worden. Kruger war bei ihren Recherchen noch nicht weit gekommen,
Gott sei Dank
, und eine Google-Suche nach
News
über Ashley Cordova hatte ergeben, dass noch kein anderer Reporter die wichtigste Spur entdeckt hatte, nämlich dass Ashley in Briarwood eingewiesen worden war – das bedeutete, dass wir der Konkurrenz immer noch voraus waren.
Vorerst jedenfalls.
    Ich notierte mir schnell ein seltsames Detail: Ashleys unerwartete Abwesenheit von Amherst irgendwann während ihres ersten Semesters.
    »Da ist es«, sagte Nora plötzlich, und der Fahrer fuhr rechts ran.
    Wir waren die Ninth Street entlanggefahren, und Nora zeigte auf ein schmales Schaufenster, das gut anderthalb Meter unterhalb des Gehsteigs lag. Ein schwarzes Tor und eine verbeulte Markise aus rotem Metall, auf der in Lila ein einziges Wort aufgemalt war.
    ENCHANTMENTS
    Auf seiner Website bezeichnete sich
Enchantments
als
Ältestes und Größtes Geschäft für Hexerei- und Göttinnenbedarf in New York City.
    Wir stiegen aus dem Taxi, gingen die mit toten Blättern und Zigarettenstummeln verkrustete Treppe hinunter und betraten das Geschäft.
    Sofort trat ein großer, sommersprossiger junger Kerl mit orangefarbenen Haaren hinter der Kasse hervor und rief, »
Zero
, komm her!« – Zero war eine weiße Perserkatze, die auf uns zu gerannt kam, doch ich hatte die Tür schnell wieder geschlossen, so dass sie nicht entkommen konnte.
    »Danke, Mann«, sagte der Bursche.
    Es roch penetrant nach Weihrauch, die Decke war niedrig, die unverputzten Wände neigten sich nach innen, wie ein Gang in einem Bild von M. C. Escher. Sie waren von Holzregalen gesäumt, die mit mystischem Nippes vollgepackt waren. Bei
Enchantments
schienen alle heiligen Gegenstände gleichberechtigt zu sein. Das Geschäft sah aus, als würden Jesus, Buddha, Mohammed, Vishnu und ein paar heidnische Götter gemeinsam einen Flohmarkt veranstalten.
    Mini-Hexenkessel (in Tall, Grande und Venti) waren frech neben Franziskus, Maria und einigen katholischen Heiligen gestapelt. Daneben lag ein schon häufig durchgeblättertes Taschenbuch,
Jüdische Kabbala-Magie
, direkt daneben eine Bibel, die wiederum neben Tarotkarten lag, kleinen Tütchen mit der Aufschrift
Glück & Freude Ouanga-Beutel
, einem Korb mit aus Wachs geschnitzten Kruzifixen, Keramikfröschen und Plastikampullen mit
Heiligem Wasser
(als Sonderangebot für 5 , 95  Dollar).
    Offenbar hatten viele New Yorker den Glauben an Psychiater und Yoga verloren und sich gesagt,
Verdammt, probieren wir’s halt mit Magie
, denn das Geschäft war voll. Im hinteren Teil drängte sich eine Gruppe Frauen Mitte dreißig um ein hohes Bücherregal mit Hunderten von bunten Kerzen und wählte mit hektischer Intensität die richtigen aus. Ein müde wirkender Mann mittleren Alters in einem blauen Button-Down-Hemd – er sah meinem Börsenmakler beängstigend ähnlich – las sorgfältig die Anleitung auf der Rückseite eines Ouijabretts.
    Ich ging an Nora und einem ernst blickenden Jungen mit strähnigem braunen Haar vorbei, der eine Broschüre durchblätterte – ich konnte über ihre Schulter hinweg den Titel lesen,
Leitfaden zur Planetarischen und Magischen Bedeutung
 –, und ging zu einem Schaukasten. Darin waren Silberhalsketten, Anhänger und Amulette mit eingravierten Hieroglyphen und anderen Symbolen, die ich nicht kannte. Von der Decke über der Kasse hing ein von einem Kreis umschlossener fünfzackiger Stern, ein Pentagramm – das Symbol der Satanisten, wenn ich es aus meiner Collegezeit noch richtig erinnerte. An der Wand dahinter hingen etwa 20 × 25 Zentimeter große Schwarzweißporträts von Männern und Frauen mit der harten Miene und den toten Augen von Serienmördern – ganz bestimmt berühmte Hexen und Hexenmeister.
    Daneben klebte ein kleines, verblasstes handgeschriebenes Schild.
    Wir führen kein Zubehör für schwarze Magik,
    also

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