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Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Titel: Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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Verkehrs verspätete. (So lautete bei van der Westhuizens Vernehmung seine Umschreibung dafür, dass er etwas zu lange in der Bar hängen geblieben war, wo er sein flüssiges Frühstück einzunehmen pflegte). Die Theorie lautete, dass Walters sauer geworden war, als klar war, dass er seine U-Boote nicht mit Kernwaffen bestücken durfte, und dass er daraufhin das Geheimnis an die USA ausgeplaudert hatte.
    »Ich trau der Flotte nicht«, murmelte der Ingenieur seiner Putzfrau zu.
    »Dann bitten Sie doch die Israelis um Hilfe«, riet Nombeko.
    In diesem Moment klingelte das Telefon.
    »Ja, Herr Premierminister … selbstverständlich ist mir die Bedeutung des … ja, Herr Premierminister … nein, Herr Premierminister … da kann ich Ihnen nicht ganz zustimmen, wenn der Herr Premierminister entschuldigen. Auf meinem Schreibtisch liegt ein detaillierter Plan, wie wir zusammen mit den Israelis einen Test im Indischen Ozean durchführen können. Binnen drei Monaten, Herr Premierminister. Danke, Herr Premierminister, zu gütig. Nochmals danke. Ja, auf Wiederhören.«
    Ingenieur van der Westhuizen legte auf und kippte in einem Zug das ganze Glas Kognak, das er sich frisch eingeschenkt hatte. Und sagte dann zu Nombeko:
    »Jetzt steh da nicht so blöd rum, hol mir die beiden Israelis.«
    Der Test wurde tatsächlich gemeinsam mit den Israelis durchgeführt. Ingenieur van der Westhuizen fühlte sich dem ehemaligen Premierminister und Exnazi Vorster sehr verbunden für den Geniestreich, eine Zusammenarbeit mit Jerusalem zu etablieren. Im Krieg, in der Liebe und in der Politik war schließlich alles erlaubt. Die Vertreter Israels vor Ort waren zwei ebenso aufgeblasene wie beschränkte Mossadagenten. Leider begegnete der Ingenieur den beiden öfter als nötig, und er konnte beim besten Willen dieses überlegene Lächeln nicht ab, das ihm sagte: »Wie konntest du so bescheuert sein, eine Gans aus noch nicht mal richtig getrocknetem Ton zu kaufen und zu glauben, sie wäre zweitausend Jahre alt?«
    Wenn der mutmaßliche Verräter Vizeadmiral Walters außen vor gelassen wurde, bekam Amerika von dem ganzen Vorhaben auch nichts mit. Ha! Die Sprengung würde zwar von einem amerikanischen Vela-Satellit registriert werden, aber dann war es schon zu spät.
    Der neue Premierminister P. W. Botha war so begeistert vom Ergebnis des Atomtests, dass er auf einen Besuch in die Forschungsanlage kam und drei Flaschen Schaumwein aus Constantia mitbrachte. Dann veranstaltete er eine Dankesfeier im Büro des Ingenieurs, zusammen mit van der Westhuizen, den beiden Mossadagenten und einer Negerin, die sie bediente. Premierminister Botha hätte sich nie erlaubt, eine Negerin als Negerin zu bezeichnen, das ließ seine Position nicht zu. Aber denken durfte man ja noch, was man wollte.
    Sie bediente die Herren auf jeden Fall so, wie es sich gehörte, und sorgte im Übrigen dafür, dass sie mit dem Hintergrund – einer weißen Tapete – verschmolz, so gut es eben ging.
    »Prost, Herr Ingenieur!«, sagte Premierminister Botha und hob das Glas. »Auf Sie!«
    Ingenieur van der Westhuizen wirkte ein wenig verlegen in seiner Heldenrolle und bat Wiehießsienochgleich diskret, ihm nachzuschenken, während der Premierminister höfliche Konversation mit den Mossadagenten betrieb.
    Doch dann schlug die relativ gemütliche Situation von einer Sekunde auf die andere ins Gegenteil um. Als sich nämlich der Premierminister erneut an van der Westhuizen wandte, mit den Worten:
    »Wie beurteilt der Herr Ingenieur eigentlich die Tritiumproblematik?«
    * * * *
    Premierminister P. W. Bothas Hintergrund war dem seines Vorgängers nicht ganz unähnlich. Das neue Oberhaupt des Landes war vielleicht einen Tick schlauer, weil er sich vom Nationalsozialismus lossagte, als er sah, wohin die Reise ging. Stattdessen begann er, seine Überzeugungen als »christlichen Nationalismus« zu etikettieren. Auf diese Art entging er einer Internierung, als die Alliierten im Weltkrieg die Oberhand gewannen, und konnte anschließend ohne Karenzzeit politische Karriere machen.
    Botha und seine reformierte Kirche wussten, dass die Wahrheit in der Bibel zu lesen stand, wenn man sie denn sorgfältig genug las. Schon das Erste Buch Mose erzählte ja vom Turmbau zu Babel, dem Versuch der Menschen, ein Gebäude bis zum Himmel zu errichten. Das hielt Gott für Übermut, er zürnte ihnen und verstreute die Menschen über die ganze Welt, nicht ohne die Sprachverwirrung als zusätzliche Strafe über sie zu

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