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Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Titel: Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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für einen Atomtest in der Kalahari-Wüste getroffen wurden. Außerdem hatte er die Koordinaten der exakten Position heruntergerasselt. Diese Anschuldigung entbehrte jeder Grundlage und war ungeheuer beleidigend! Vorster knallte erbost den Hörer auf die Gabel, war aber klug genug, es dabei bewenden zu lassen. Stattdessen rief er sofort in Pelindaba an, um Ingenieur van der Westhuizen aufzufordern, seinen Test anderswo durchzuführen.
    »Wo denn?«, fragte Ingenieur van der Westhuizen, während seine Putzfrau den Boden rund um seine Füße scheuerte.
    »Egal, wo, aber nicht in der Kalahari«, sagte Premierminister Vorster.
    »Das wirft uns um Monate zurück, wenn nicht gar um ein Jahr oder mehr«, wandte der Ingenieur ein.
    »Verdammt noch mal, tun Sie gefälligst, was ich Ihnen sage.«
    * * * *
    Die Hilfskraft des Ingenieurs ließ ihn zwei ganze Jahre darüber nachgrübeln, wo der Atomtest durchgeführt werden konnte, wenn die Kalahari-Wüste nicht mehr zur Verfügung stand. Die beste Idee, die van der Westhuizen hatte, bestand darin, das Scheißding in einem der Homelands abzufackeln, aber das überzeugte nicht mal ihn selbst so richtig.
    Nombeko merkte, dass der Aktienwert des Ingenieurs sich einem neuerlichen Tiefststand näherte und dass es Zeit wurde, den Kurs wieder steigen zu lassen. Aber da kam ihr das Glück zu Hilfe, ein äußerer Umstand, der dem Ingenieur und damit seiner Putzfrau ein weiteres halbes Jahr Aufschub verschaffte.
    Wie sich herausstellte, hatte Premierminister B. J. Vorster es satt, dass ihm im eigenen Lande ständig nur Genörgel und Undankbarkeit entgegenschlugen. Deswegen hatte er mit ein bisschen Unterstützung fünfundsiebzig Millionen Rand aus der Staatskasse herausgezaubert und die Zeitung Der Bürger ins Leben gerufen, welche im Gegensatz zum Bürger im Allgemeinen rückhaltlos positiv gegenüber der südafrikanischen Regierung eingestellt war und ihre Fähigkeit schätzte, die Eingeborenen und den Rest der Welt an der kurzen Leine zu halten.
    Dummerweise machte ein besonders hinterhältiger Bürger die Sache allgemein bekannt. Unterdessen bezeichnete das verdammte Weltgewissen einen geglückten Militäreinsatz in Angola als Abschlachten von sechshundert Zivilisten. Da wurde es für Vorster Zeit zu gehen.
    »Nee, nee, Gottverdammich«, sagte er ein letztes Mal und zog sich 1979 aus der Politik zurück. Nun musste er nur noch nach Kapstadt heimfahren und sich mit einem Drink auf die Terrasse seiner Luxusvilla setzen, mit Aussicht bis nach Robben Island, wo der Terrorist Mandela einsaß.
    »Eigentlich sollte doch Mandela verfaulen, nicht ich«, dachte Vorster, während er verfaulte.
    Der Nachfolger auf dem Posten des Premierministers, P. W. Botha, wurde »Die Groot Krokodil« genannt, das große Krokodil, und hatte dem Ingenieur in Pelindaba schon beim ersten Gespräch furchtbar Dampf gemacht. Nombeko sah ein, dass der Atomtest jetzt nicht noch länger aufgeschoben werden konnte. Daher ergriff sie eines späten Vormittags, als der Ingenieur noch ansprechbar war, das Wort.
    »Ähm, Herr Ingenieur …?«, sagte sie, während sie sich seinen Aschenbecher vom Schreibtisch angelte.
    »Was gibt es denn nun schon wieder?«, fragte der Ingenieur.
    »Ähm, ich hab mir bloß gedacht …«, begann Nombeko. Da sie nicht unterbrochen wurde, fuhr sie fort: »Ich hab mir bloß gedacht, wenn es in ganz Südafrika zu eng ist und in der Kalahari jetzt Sprengverbot herrscht, warum testen Sie die Bombe dann nicht auf See?«
    Südafrika war in drei Himmelsrichtungen von unendlich viel Meer umgeben. Nombeko hatte sich schon lange gedacht, dass doch eigentlich jedes Kind begreifen musste, wo der beste Ort für den Test war, nachdem die Wüste nicht mehr zur Verfügung stand. Wie erwartet, hellte sich die Miene des Kindes van der Westhuizen schlagartig auf. Eine Sekunde lang. Bis ihm wieder einfiel, dass ihn die Sicherheitspolizei davor gewarnt hatte, mit der Flotte zusammenzuarbeiten. Bei der gründlichen Ermittlung, die man angestellt hatte, nachdem Präsident Carter offensichtlich Kenntnis von dem geplanten Atomtest in der Kalahari erhalten hatte, war Vizeadmiral Johan Charl Walters als Hauptverdächtiger übrig geblieben. Admiral Walters hatte Pelindaba nur drei Wochen vor Carters Anruf besucht und vollen Einblick in das laufende Projekt erhalten. Außerdem war er mindestens sieben Minuten allein in van der Westhuizens Büro gewesen, als sich nämlich der Ingenieur eines Morgens aufgrund des dichten

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