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Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Titel: Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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wie man Hunde vergiftet und was man beachten muss, wenn man Brieftaschen aus der Innentasche eines Jacketts klaut. Das war es dann so ungefähr.
    Der Ingenieur murmelte oft irgendwelche Kommentare vor sich hin, zur Entwicklung in Südafrika und der ganzen Welt, doch Informationen aus dieser Quelle gehörten gefiltert und interpretiert, weil in groben Zügen alle Politiker auf dieser Erde Idioten oder Kommunisten waren und ihre Entscheidungen samt und sonders entweder idiotisch oder kommunistisch. Wenn sie kommunistisch waren, waren sie auf jeden Fall idiotisch.
    Als das Volk in den USA einen ehemaligen Hollywoodschauspieler zum Präsidenten wählte, hielt der Ingenieur nicht nur diesen Präsidenten, sondern auch dessen ganzes Volk für unfähig. Immerhin musste Ronald Reagan sich aber nicht Kommunist schimpfen lassen. Der Ingenieur stellte jedoch Vermutungen zur sexuellen Orientierung des Präsidenten an, da er die These vertrat, sämtliche Männer, die andere Meinungen vertraten als er selbst, seien homosexuell.
    Die Chinesinnen und der Ingenieur in allen Ehren, aber als Nachrichtenquelle konnten sie dem Fernseher im Wartezimmer vor van der Westhuizens Büro nicht das Wasser reichen. Nombeko schaltete ihn oftmals heimlich ein und verfolgte die Nachrichten oder Diskussionssendungen, während sie so tat, als scheuerte sie den Boden. Dieser Korridor hatte den bei Weitem am gründlichsten geputzten Boden in der ganzen Forschungsanlage.
    »Bist du schon wieder am Feudeln hier?«, fragte der Ingenieur einmal gereizt, als er gegen halb elf am Vormittag in die Arbeit geschlendert kam, mindestens eine Viertelstunde früher, als Nombeko ihn erwartet hätte. »Und wer hat den Fernseher angemacht?«
    Das hätte im Hinblick auf die zukünftige Informationsbeschaffung ganz schön übel ausgehen können, doch Nombeko kannte ihren Ingenieur. Statt seine Frage zu beantworten, wechselte sie einfach das Thema.
    »Beim Aufräumen hab ich eine halb volle Flasche Klipdrift auf dem Schreibtisch des Ingenieurs gefunden. Ich dachte, der ist bestimmt schon alt und muss weggegossen werden, aber ich war nicht ganz sicher und wollte vorher lieber noch mal den Herrn Ingenieur fragen.«
    »Weggießen? Bist du noch ganz richtig im Kopf?« Der Ingenieur eilte in sein Büro, um sich zu vergewissern, dass die Leben spendenden Tropfen noch da waren. Um zu verhindern, dass Wiehießsienochgleich auf dumme Ideen kam, überführte er die Tropfen sofort von der Flasche in den eigenen Blutkreislauf. Und hatte schon bald Fernseher, Boden und Putzfrau vergessen.
    * * * *
    Und dann kam sie endlich.
    Die Chance.
    Wenn Nombeko alles richtig machte und sich ein bisschen vom Glück des Ingenieurs leihen konnte, würde sie bald eine freie Frau sein. Frei und verfolgt, aber trotzdem. Der Zufall hatte – ohne dass Nombeko etwas davon ahnte – seinen Ursprung auf der anderen Seite des Erdballs.
    Chinas faktisches Staatsoberhaupt, Deng Xiaoping, bewies schon früh sein Talent, Konkurrenten aus der Bahn zu manövrieren, und das bereits, bevor der senile Mao Tse-tung gestorben war. Am spektakulärsten war vielleicht das Gerücht, dass er die Krebsbehandlung von Maos rechter Hand Tschou En-lai verhinderte. Wenn man Krebspatient ist und keine Krebstherapie bekommt, geht das selten gut aus. Je nachdem, wie man es betrachtet. Jedenfalls starb Zhou Enlai zwanzig Jahre nach dem misslungenen Versuch der CIA , ihn in die Luft zu sprengen.
    Danach stand die »Viererbande« mit Maos Frau an der Spitze schon kurz davor, ihm in die Quere zu kommen. Doch sobald der Alte endlich seinen letzten Seufzer getan hatte, wurden die vier verhaftet und eingesperrt, woraufhin Deng mit voller Absicht vergaß, wo er den Schlüssel hingelegt hatte.
    In puncto Außenpolitik war er ziemlich sauer auf diese Trantüte von Breschnjew in Moskau. Dem die Trantüte Andropow folgte. Dessen Nachfolger Tschernenko sich als die größte Trantüte von allen herausstellte. Doch Tschernenko konnte glücklicherweise nicht mehr viel tun, nachdem er sein Amt angetreten hatte, denn dann musste er auch schon für immer abtreten. Es hieß, dass Ronald Reagan ihn mit seinem Krieg der Sterne zu Tode erschreckt hatte. Jetzt hatte irgend so ein Gorbatschow die Macht übernommen, und … tja, von der Trantüte zum Grünschnabel. Der Neue wollte sich so allerlei beweisen.
    Neben vielen anderen Problemen war Chinas Position in Afrika ein ewiger Grund zum Kummer. Die Sowjets hatten jahrzehntelang bei diversen afrikanischen

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