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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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betrübt, die Majas Berühmtheit offenbar gefährdet sah.
    Maja dachte mit einem warmen Gedanken an Stig. Dann fiel ihr Blick auf die Titelseite der Vestposten: »Haus des Todes« stand dort über einem Foto, das zeigte, wie Kvams Leichnam auf einer Bahre aus der Tür getragen wurde. In
dem einen der Sanitäter erkannte sie Antonsen wieder. Maja faltete rasch die Zeitung zusammen, damit sie das Foto nicht länger anschauen musste, und wandte sich ihren Patientenakten zu.
    Â»Okay, wer kommt zuerst dran?«, fragte sie.
    Linda warf einen Blick auf den Bildschirm.
    Â»Die alte Frau Sandvold hat abgesagt.«
    Maja nahm die nächste Patientenakte vom Stapel. »Geht es ihr nicht gut, oder warum kann sie nicht kommen?«
    Â»Ach, nichts Besonderes«, versuchte Linda abzuwiegeln.
    Maja schaute auf. »Was dann?«
    Linda blickte zu Edel Raaholdt hinüber, die tief Luft holte und ihre Frage beantwortete:
    Â»Sie hat zu Dr. Miltevik gewechselt.«
    Â»Warum denn das?«
    Â»Sie ist ja schon ziemlich alt … und sehr abergläubisch.«
    Â»Glaubt sie etwa, ich hätte meinen Nachbarn ermordet?«
    Zu Majas Überraschung antwortete niemand.
    Â»Ihr glaubt doch wohl nicht im Ernst, dass ich irgendwas mit der Sache zu tun habe.«
    Â»Nein, nein«, antwortete Linda endlich.
    Â»Natürlich nicht«, bestätigte Edel Raaholdt.
    Â»Aber für Frau Sandvold bin ich ein böses Omen oder so was?«
    Â»Eher eine Hexe … natürlich nur für Frau Sandvold«, fügte Linda schnell hinzu.
    Maja schnaubte verärgert. Sie musste herausfinden, ob Frau Sandvold in ihrem Wahn nicht vielleicht sogar eine Patientenklage vorbereitete. »Hat meine liebenswürdige Patientin sonst noch was gesagt?«
    Â»Sie nannte dich Dr. Tod.«
    Â»Linda!«, wies Edel Raaholdt sie zurecht.
    Â»Aber das hat sie doch gesagt«, verteidigte sich Linda.
    Maja zuckte die Schultern. »Hat sie noch etwas anderes
erwähnt, sich zum Beispiel über etwas Konkretes beklagt?«
    Â»Frau Sandvold redet ja sowieso viel wirres Zeug, aber sie hat irgendwas davon gesagt, dass zwei deiner Patienten in derselben Mondphase gestorben sind. Und da bald Vollmond ist, wollte sie nicht die Nächste sein«, erklärte Linda.
    Â»War Eigil Kvam etwa in meiner Patientengruppe?«
    Linda nickte.
    Â»Und wer soll der andere sein?«
    Linda wurde rot.
    Â»Ich glaube, sie dachte an den Mann von der Notaufnahme. In gewisser Weise war er ja dein Patient.«
    Maja schüttelte den Kopf. »Das ist wirklich eine kleine Stadt hier.«
    Sie nahm die Patientenakte und ging.
    Gegen fünfzehn Uhr hatte Maja die zahlreichen Patienten behandelt, die auf sie gewartet hatten. Sie rief im Scan Inn an, um ihr Zimmer auch noch für die nächsten zwei, drei Nächte zu reservieren, bis sie ihr Wohnungsproblem gelöst haben würde. Doch leider wurde ihr mitgeteilt, dass bereits alles ausgebucht sei.
    Die übrigen Hotels in der Stadt gaben ihr dieselbe Auskunft. Offenbar hielt der Dachverband der Dänischen Versicherungsgesellschaften die ganze Woche über einen Kongress ab, was das Hotelgewerbe in dieser Gegend vor ungeahnte Herausforderungen stellte. Doch so wie die große Zeit der Heringsfischer unwiderruflich vorbei war, würde auch Frau Sandvold mitsamt ihrem Aberglauben schon bald keine Beachtung mehr finden, es sei denn, sie eröffnete im Norvikcenter ein Wahrsagestudio.
    Plötzlich fiel Maja ein, dass es ja noch eine offizielle Zimmervermittlung gab. Die hatte ihr, seit sie in Norwegen war, noch in jeder Stadt eine Bleibe besorgt, ganz unabhängig davon, wie entlegen ihr Arbeitsplatz auch gewesen
sein mochte. Adresse und Telefonnummer der Vermittlung standen in ihrem Kalender. Und auch wenn diese mit dem Todesfall an sich nichts zu tun hatte, hoffte Maja auf ihre Hilfe, wenn sie ihnen die eigene Zwangslage begreiflich machen konnte.
    Sie rief die Zentrale der Zimmervermittlung in Oslo an. Eine Mitarbeiterin namens Alice hatte vollstes Verständnis für Majas Situation. Sie drückte ihr Entsetzen über den Vorfall aus und versprach, umgehend zu prüfen, wie sie ihr helfen konnten. »Ich denke, wir können Ihnen schon im Lauf der Woche eine neue Unterkunft anbieten.«
    Â»Eigentlich hatte ich gehofft, dass heute noch etwas möglich wäre.«
    Â»Also ein paar Tage müssen Sie uns schon Zeit lassen.«
    Majas Stimme klang zunehmend

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