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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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die Umgehungsstraße am Fjord entlang, während das Logo des Norvikcenters sie wie ein leuchtender Stern im Rückspiegel begleitete. Eigentlich hätte sie lieber in einem der Fitnessstudios in der Stadtmitte trainiert, doch beide, die dafür infrage gekommen wären, hatten sich inzwischen der übermächtigen Konkurrenz von Norvik geschlagen geben müssen. Der riesige Einkaufs- und Freizeitpark ließ anscheinend nicht nur den Handel in der Stadtmitte veröden.
    Wie immer stellte sich nach dem Lauftraining eine wohlige Mattigkeit ein. So wie nach gutem Sex, sofern sie sich überhaupt noch daran erinnern konnte. Denn seit Jan … doch, ein einziges Mal hatte sie auch nach Jan noch Sex gehabt, obwohl dieses Fiasko eigentlich nicht zählte. Sie zog kurz in Erwägung, einen Stopp bei McDonald’s einzulegen, um ihren unwiderstehlichen Drang nach Burgern, Pommes und einem Erdbeermilkshake zu befriedigen.
    Aber sie wusste genau, dass sie es später bereuen würde, und widerstand der Versuchung. Stattdessen freute sie sich auf die Badewanne, den einzigen Luxus in ihrer spartanischen Wohnung. Eine warme Badewanne, ein Glas Chardonnay und was der Kühlschrank sonst noch so hergab. In diesem Moment meldete sich ihr Handy, das auf dem Beifahrersitz lag. Maja nahm es zur Hand und warf einen Blick auf das leuchtende Display, um die Nummer lesen zu können. Sie ließ es klingeln, wie sie es bereits gestern und vorgestern getan hatte.
    Nach etwa zehn Minuten bog sie in die Losgata ab. Obwohl es längst dunkel geworden war, spielten die Kinder immer noch auf der Straße. Als sie am Haus vorbeifuhr, in dem Jo Lilleengen gewohnt hatte, waren ein paar von ihnen
gerade damit beschäftigt, sich gegenseitig in das gelbe Absperrband der Polizei einzuwickeln. Ein blonder Junge schaute zu Maja herüber. Als sie an ihm vorbeifuhr, formte er seine Hand grinsend zu einer Pistole und schoss auf sie.
    Maja hielt am Bordstein und stieg aus ihrem Mercedes. Ihr fiel ein, dass sie vergessen hatte, sich die Abrechnungen der Bereitschaftspraxis mit nach Hause zu nehmen. Sie hätte die letzten Rechnungen der Kassenpatienten längst einreichen müssen. Wenn sie das nicht heute Abend erledigte, würde ihr die Gemeinde erst irgendwann im nächsten Monat einen Scheck schicken. Und wer wusste schon, wo sie dann sein würde? Es half also nichts, sie musste noch einmal zum Ärztehaus zurückfahren.
    Â 
    Das Ärztehaus lag in tiefer Dunkelheit. Kein Mensch war mehr auf den Straßen zu sehen. Mit zitternden Fingern gelang es Maja, den richtigen Zahlencode einzugeben. Sie hatte schon immer eine ungewöhnliche Angst im Dunkeln gehabt und kannte niemanden, dem es genauso ging. Sie hasste die Dunkelheit.
    Schließlich drückte sie die Tür auf. Sie hatte die Wahl – entweder den Hauptschalter im Büro von Miltens Sekretärin, Edel Raaholdt, zu betätigen oder die zwanzig Meter bis zu ihrem Behandlungszimmer im Dunkeln zurückzulegen. Aus Angst, draußen unnötige Aufmerksamkeit zu erregen, entschied sie sich für das Letztere. Sie hielt gleich großen Abstand zu den Türen auf beiden Seiten, weil sie das Gefühl hatte, diese konnten jederzeit aufspringen. Um sich zu beruhigen, presste sie den Schlüsselbund in ihrer Hand fest zusammen und summte »Bésame Mucho«. Doch mit jedem Schritt fiel es ihr schwerer, einen Ton des Latinoschlagers über die Lippen zu bringen.
    Als sie endlich ihre Tür erreicht hatte, tastete sie nervös nach der Klinke. Es war wie eine Befreiung, als sich ihre
Finger darum schlossen. Sie drückte sie herunter und betrat rasch den Raum, der ihr überraschend kalt vorkam.
    Ihre Finger suchten nach dem Lichtschalter. Ihre Augen hatten sich inzwischen so weit an die Dunkelheit gewöhnt, dass sie die Konturen des Raumes erkennen konnte: den Kleiderständer neben der Tür, die Liege, das Waschbecken in der Ecke, den Schreibtisch … ihre Finger lagen auf dem Schalter. Doch aus irgendeinem Grund traute sie sich nicht, das Licht einzuschalten. Irgendwas war anders als sonst. Plötzlich sah sie einen Schatten, der aus der Dunkelheit hervortrat.
    Der Umriss einer Person, die sich zusammenkauerte.
    Sie wollte sofort aus der Tür laufen, doch in diesem Moment sprang die Gestalt auf sie zu. Das grelle Licht einer Taschenlampe blendete sie. Dann wurde sie von einem schweren Gegenstand am Kopf getroffen und

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