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Die andere Seite des Glücks

Die andere Seite des Glücks

Titel: Die andere Seite des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seré Prince Halverson
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einen Hinweis hinterlassen – eine Telefonnummer auf der Ablage oder eine Nachricht vom Fotoladen auf dem Anrufbeantworter. Er hingegen hinterließ niemals Spuren seiner Vorhaben, weshalb ich einmal witzelte: »Du verwischst deine Spuren viel zu gut. Wehe, wenn du einmal eine Affäre hast.«
    Während ich den Sicherheitsgurt von Zachs Kindersitz löste, musste ich immer noch daran denken, wie sorgfältig Joe seine Überraschungen geplant und wie sehr ich ihn dafür geliebt hatte. Gleichzeitig war mir auch bewusst, dass sie unserer Liebesbeziehung förderlich waren, die ja inmitten junger, bedürftiger Kinder gedeihen musste. Überraschungsdates. Zeit zu zweit. Zu wissen, dass es ihm wichtig war. Und ich war verträumt genug, um stets überrascht zu sein. Verträumt genug, zu glauben, dass alles in Ordnung ist, auch wenn es nicht so war.
    Und jetzt war es meine Aufgabe, Ausflüge zu planen und Dinge zu regeln, die mir vorher entgangen waren. Callie trottete den Pfad voran zu den Quilted Woods, ein für Joe und mich heiliger Ort, den ich nicht in den Picknickführer aufnehmen würde. Er war Privatbesitz, doch die Eigentümer erlaubten Ortsansässigen den Zutritt. Sie hatten sogar eine Holzbühne bauen lassen, damit Leute inmitten der Redwoods auftreten oder ihre Hochzeit feiern konnten.
    Ich liebte es, wie Mammutbäume runde Haine bildeten und sich durch Wurzelschösslinge – Austriebe, die im Boden Wurzeln schlagen und neue Bäume schaffen – vermehrten, die sich vom Mutterbaum nährten, auch wenn der selbst längst abgestorben war und nur noch die Wurzeln existierten … und das seit Hunderten, sogar Tausenden von Jahren. Doch wenn man die jungen Wurzelschösslinge vom Mutterbaum weg an einen anderen Ort verpflanzt, verkümmern sie meistens und sterben ab.
    Die Kinder liefen zur Holzbühne, und ich breitete die Decke auf einer Lichtung aus. Küstenmammutbäume bildeten ein Dach über Douglasien, westamerikanischen Hemlocktannen und Eichenlohen. Die Felsbrocken und umgefallenen Baumstämme waren von einem Teppich aus Moos überzogen, gesprenkelt von einer großen Pflanzenvielfalt – Farne, Tränende Herzen, Sauerklee und wilder Ingwer, um nur einige zu nennen. Einmal, nach einem Glas Wein, als weit und breit keine Menschenseele zu sehen war, hatten Joe und ich uns in diesem Wald geliebt. Ich erinnerte mich noch gut, wie ich mich mit meinem langen Rock auf ihn gesetzt und er meine Bluse aufgeknöpft hatte, wie die einfallende Sonne und seine Hand auf meiner Brust sich warm und weich anfühlten, wie hart, groß und langsam er sich in mir bewegte. Plötzlich verspürte ich ein Drängen wie seit seinem Tod nicht mehr.
    Ein Vogel, ein weiblicher Keilschwanzregenpfeifer mit weißer Brust und dunklen Ringen wie eine Halskette, hatte mich entdeckt und tat nun so, als wäre sein Flügel gebrochen. Er näherte sich mit kleinen Schritten, den Flügel über den Boden schleifend, blieb stehen und kam wieder ein paar Schritte auf mich zu. Was für eine Schauspielerin! Ihre Kinder mussten ganz in der Nähe sein, denn was sie dort vorführte, war ein sehr geschicktes Ablenkungsmanöver. Ich wünschte, bei Paige wäre es genauso leicht. Dass ich einfach so tun könnte, als hätte ich mir den Arm gebrochen, und sie würde ihre Kinder dann irgendwie vergessen.
    Die Kinder.
    Ich sprang auf. Annie und Zach waren verschwunden. Ich blickte zur Brücke, wo sie gern Stöcke runterwarfen und dann auf die andere Seite rannten, um sie vorbeischwimmen zu sehen. Da waren sie auch nicht. Und wo steckte Callie? Ich rief nach ihnen, doch keine Antwort. Der Bach war nicht tief genug, dass sie darin ertrinken konnten – oder doch? Ich rannte los, rief ihre Namen. Nicht einmal Callie bellte eine Antwort.
    Ich fand sie viel zu weit von der Brücke entfernt. Wie lange hatte ich in der Erinnerung an das Liebesspiel mit Joe geschwelgt? Den Regenpfeifer beobachtet? Sie warfen ganze Hände voll Brombeeren in die Luft, schrien: »Bitte sehr! Bitte sehr!« und lachten wie verrückt.
    »Was in aller Welt macht ihr da?« Meine Angst und auch die Schelte, die ich schon auf der Zunge gehabt hatte, waren verflogen. Außerdem sollte Annie nicht merken, dass ich sie aus den Augen verloren hatte, um es dann Paige zu erzählen. Aber was für ein seltsames Spiel war das? Selbst Callie saß da, den Kopf verwundert zur Seite geneigt.
    Sie klaubten weiter Beeren von den Büschen, ungeachtet der Dornen, des Safts und des Bluts von den Kratzern, die miteinander vermischt

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