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Die andere Seite des Himmels: Roman (German Edition)

Die andere Seite des Himmels: Roman (German Edition)

Titel: Die andere Seite des Himmels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeannette Walls
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Situationen umgehen können. Ihr seid eingestellt.«
    Und so fingen Liz und ich an, für die Maddox zu arbeiten.

16
    I ch arbeitete hauptsächlich für Doris Maddox. Sie hatte helle Sommersprossen und ganz weiße Augenbrauen und Wimpern, und sie trug ihr mausblondes Haar zu einem kurzen Pferdeschwanz gebunden. Sie war ein paar Jahre jünger als Mom und die Art von Frau, über die Mom gesagt hätte, sie könnte ganz hübsch sein, wenn sie sich ein bisschen zurechtmachen würde. Aber sie trug ein verwaschenes Hängekleid aus Baumwolle und lief immer in ihren Pantoffeln herum, bei denen sie auch noch die Fersenkappe runtergetreten hatte, als wäre es ihr zu mühsam, richtig hineinzuschlüpfen.
    Außer ihrer Tochter Cindy hatte Doris zwei Jungs – den kleinen Jerry jr. und Randy, den Säugling. Sie war mit ihrem vierten Kind schwanger und saß die meiste Zeit auf dem Sofa, rauchte Salems, trank RC Cola, stillte Randy und sah dabei fern – Quizsendungen am Vormittag, Seifenopern am Nachmittag. Wenn Mr Maddox im Zimmer war, sagte Doris kaum ein Wort, aber sobald er weg war, wurde sie gesprächiger und beschwerte sich über die Idioten in den Quizsendungen oder die Schlampen in den Geschichten, so nannte sie nämlich die Seifenopern. Sie beschwerte sich auch über Mr Maddox, dass er ihr dauernd vorschrieb, was sie zu tun und zu lassen hatte, und nächtelang mit Gott weiß wem unterwegs war.
    Doris überließ mir Randy, wenn sie ihn nicht stillte, und auch den dreijährigen Jerry jr. Es gehörte zu meinen Aufgaben, ihnen die Windeln zu wechseln, außerdem für Randy kleine Gläschen Babynahrung und für Jerry jr. Campbell’s Fertignudeln in Tomatensoße aufzuwärmen – das war das Einzige, was er außer Sandwiches mit Fleischwurst und Käse aß – und für Doris Zigaretten und ihre RC Cola einzukaufen. Außerdem machte ich die Wäsche und faltete sie zusammen, putzte das Bad und wischte die Böden. Doris sagte mir, ich wäre eine gute, fleißige Arbeiterin, weil ich bereit war, auf alle viere zu gehen und richtig zu schrubben. »Die meisten Weißen machen das nämlich nicht.«
    Mr Maddox war ganz verrückt auf die neusten technischen Spielereien und sonstigen Schnickschnack, und das Haus war voll von Müllpressen, Luftreinigern, Staubsaugern, Popcornmaschinen, Transistorradios und Hi-Fi-Anlagen. Die meisten Kisten im Haus enthielten irgendwelche Geräte, aber ein Großteil davon war ungeöffnet. Die Familie hatte zwei Geschirrspülmaschinen, weil Mr Maddox das rationeller fand. Man könne einen Satz Geschirr benutzen, während der andere gespült werde, sagte er, dann das schmutzige Geschirr in die leere Maschine räumen und das saubere aus der anderen Maschine direkt auf den Tisch stellen, ohne erst Zeit damit zu verschwenden, Sachen in den Schrank zu stellen.
    Mr Maddox hatte andauernd solche Ideen. Er dachte sich aus, wie man irgendwas rationeller und besser machen konnte, und dann mussten sich alle an seine Methode halten. Deshalb hatte man ihn auch für die Weberei eingestellt, wie er uns erzählte, damit dort rationeller gearbeitet und die Produktion gesteigert wurde. Er hatte einigen Leuten ganz schön in den Hintern treten müssen, um das zu schaffen, aber er hatte ihnen in den Hintern getreten, und er hatte es geschafft.
    Mr Maddox interessierte sich sehr für Rechtsfragen. Er hatte mehrere Zeitungen abonniert und schnitt Artikel aus, in denen es um Prozesse, Konkurse, Betrügereien und Zwangsvollstreckungen ging. Zu seinen Nebengeschäften gehörte es, alte Häuser von Webereiarbeitern aufzukaufen und zu vermieten. Er besaß mehrere Häuser auf einer Straße und versuchte, die Stadt dazu zu bringen, die Straße in Maddox Avenue umzubenennen. Außerdem verlieh er Geld an Webereiarbeiter, die bis zum nächsten Gehalt über die Runden kommen mussten, und er sagte, dass er gelegentlich gezwungen war, Leute zu verklagen, die ihm Geld schuldeten oder versuchten, ihn übers Ohr zu hauen, oder sich einbildeten, sie könnten ihn für dumm verkaufen.
    Mr Maddox hatte viele Geschäftstermine und Besprechungen. Während ich im Haus blieb, um Doris zu helfen, begleitete Liz Mr Maddox in dem schwarzen Le Mans, wenn er Mieten kassierte oder zu Besprechungen in Bars, Cafés und Büros fuhr, wo er sie als seine persönliche Assistentin Liz Holladay vorstellte, ein Mitglied der Familie Holladay. Liz trug seine Aktentasche, reichte ihm auf Verlangen Unterlagen und schrieb Protokoll. Wieder zurück im Haus, machte

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