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Die andere Seite des Himmels: Roman (German Edition)

Die andere Seite des Himmels: Roman (German Edition)

Titel: Die andere Seite des Himmels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeannette Walls
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müssen. Außerdem war es ganz gut für uns, mal das Leben in Byler kennenzulernen. Dadurch würden wir bestimmt besser verstehen, was sie alles durchgemacht hatte und warum sie die Entscheidung getroffen hatte fortzugehen. Wir würden ihr dafür dankbar sein, dass sie die Mühe auf sich genommen hatte, uns unter weltoffenen Nonkonformisten großzuziehen und nicht unter Menschen, die dich wie eine Aussätzige behandelten, wenn du nicht alles genauso machtest, wie sie das für richtig hielten.
    Als ich Mom von dem Pep-Team erzählte, seufzte sie. »Warum machst du bei so was mit?«, fragte sie. Sie sei selbst Cheerleaderin gewesen, sagte sie, und sie erinnere sich mit Grausen daran. Football war barbarisch. Und Cheerleading gab Frauen das Gefühl, dass Männer die großen Stars waren und Frauen sich damit begnügen mussten, am Rand zu stehen und die Kerle anzufeuern.
    »Mach nicht die kleine Cheerleaderin für irgendjemand anderen«, sagte Mom. »Sei der Star in deiner eigenen Show. Selbst wenn du kein Publikum hast.«
    Ich wusste, dass Mom nicht ganz unrecht hatte. Trotzdem, ich war gern im Pep-Team. Es machte Spaß, und ich hatte ein paar Freundschaften geschlossen. Was war daran falsch? Außerdem hatte ich begriffen, dass die Schule in Byler eine wichtige Rolle spielte, und wenn man sich nicht für sie engagierte, würde man es nicht weit bringen.
    Liz dagegen nahm sich Moms Rat zu Herzen. Sie hatte ohnehin schon einen Hang in diese Richtung gehabt und war froh, dass Moms Sichtweise sie in dieser Haltung bestärkte. Ich versuchte, so gut es ging, mich an der Byler High einzufügen, aber von Liz konnte ich das nicht behaupten. Ständig spöttelte sie über irgendwelche seltsamen Bräuche der Gegend, ließ lateinische Ausdrücke fallen, korrigierte die Grammatik anderer Kinder und verzog das Gesicht, wenn sie Country Music hörte. Nach dem ersten Schultag hatten Liz und ich Bluejeans getragen, aber nach ein paar Wochen zog sie wieder Sachen an, mit denen sie auffiel, darunter auch den orange-lila Rock, eine Baskenmütze und schließlich sogar manche von Moms alten Klamotten – das Zeug, das Onkel Tinsley uns hatte andrehen wollen –, zum Beispiel eine Jagdjacke aus Tweed und Reithosen. Zum ersten Mal seit Jahren ging ich wieder auf dieselbe Schule wie Liz, und während sie für mich superklug und schön und rundum perfekt war, hielten die anderen Kinder auf der Byler High sie ganz offensichtlich für schrullig und hochnäsig.
     
    In Kalifornien hatten wir uns nie groß für Schulsport interessiert. Die Einzigen, denen wirklich was daran lag, waren die Kinder in den jeweiligen Mannschaften. Aber in Byler war die ganze Stadt total von den Bulldogs begeistert. In den Schaufenstern auf der Holladay Avenue hingen Plakate mit Anfeuerungssprüchen für die Mannschaft. Die Leute malten Bulldogs-Schlachtrufe auf ihre Autoscheiben und Häuser und pflanzten rote und weiße Blumen in ihren Gärten. An Straßenecken standen Erwachsene zusammen und diskutierten die Erfolgsaussichten der Mannschaft oder erörterten die Stärken und Schwächen der einzelnen Spieler. Lehrer unterbrachen den Unterricht, um über das bevorstehende Spiel zu reden. Und alle behandelten die Footballspieler der Mannschaft wie Götter.
    Wenn die Bulldogs ein Spiel hatten, wurde von einem erwartet, dass man in rot-weißen Klamotten zur Schule kam. Es war keine Vorschrift, aber alle machten das so, erzählte mir Terri Pruitt. An dem Tag, als die Bulldogs im ersten Spiel der Saison gegen die Owls antraten, zog ich ein rot-weißes T-Shirt an. Liz entschied sich bewusst für ihren orange-lila Rock und sagte, sie wäre nun mal Nonkonformistin, genau wie Mom. Sie müsse das blaue Kleid anziehen, wenn Maddox es wollte, und alles machen, was er sagte, aber nur, weil sie für ihn arbeitete. Niemand an der Byler High würde ihr vorschreiben, was sie zu tragen und für wen sie zu jubeln hatte.
    Alle Schüler mussten an der Pep Rally teilnehmen, die immer vor dem Spiel stattfand, um die Stimmung so richtig aufzuheizen. Ich wurde von Hauswirtschaftslehre befreit, weil wir die Sporthalle dekorierten. Alle Kinder und Lehrer trugen Rot und Weiß, auch die ehemaligen Nelson-Schüler. Die einzelnen Klassen saßen jeweils zusammen und wetteiferten, welche am lautesten jubeln konnte, denn die lautstärkste gewann den Spirit Stick und das Vorrecht, ihn abends beim Spiel schwenken zu dürfen. Als die siebte Klasse an die Reihe kam, stellten Vanessa und ich uns vor den

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