Die andere Seite des Himmels: Roman (German Edition)
Wayne im Rückspiegel, wie Mr Maddox ihr ins Gesicht schlug und sie zu weinen anfing. Mr Maddox bekam Waynes Blick mit. »Schauen Sie nach vorne«, sagte er. »Ich bezahl Sie fürs Fahren, nicht fürs Zuschauen.«
Inzwischen war es dunkel. Während er weiter durch die Stadt fuhr, hörte er die beiden rangeln. Das Mädchen flehte Mr Maddox an, er solle aufhören, woraufhin er sie noch ein paarmal ohrfeigte. Dann hielten sie an einer roten Ampel. Plötzlich sprang das Mädchen aus dem Wagen. Mr Maddox hechtete hinterher, aber sie lief um das Auto herum, riss die Beifahrertür auf, warf sich auf den Sitz neben Wayne und verriegelte die Tür. »Weg hier!«, schrie sie.
Wayne gab Gas und ließ Mr Maddox am Straßenrand stehen. Die Kleine schluchzte. Ihre Bluse war zerfetzt, und sie hielt sie mit beiden Händen zu. Um sie zu trösten, sagte Wayne, dass Prostitution manchmal ein hartes Geschäft sei, aber das Mädchen erwiderte, Tinsley Holladay sei ihr Onkel, und sie wolle, dass Wayne sie nach Mayfield bringe. In dem Moment habe er begriffen, dass sie gar keine Nutte war.
»Sie war ganz aufgelöst, Mr Holladay. Aber ich bin in Vietnam gewesen, und ich weiß, wie man mit Leuten umgeht, die ausrasten. Deshalb hab ich an einem Diner angehalten und ihr eine Cola gekauft. Ich glaube, das hat sie ein bisschen beruhigt.« Wayne blickte die ganze Zeit zwischen Onkel Tinsley und mir hin und her, als wartete er auf unsere Reaktion. Er wirkte selbst noch total aufgeregt.
»Danke, dass Sie das gemacht haben«, sagte Onkel Tinsley. »Ich weiß, das war nicht leicht, aber Sie haben das Richtige getan.«
»Mr Maddox ist bestimmt stinksauer auf mich, aber das ist mir egal. Ich bin auch stinksauer auf ihn. Was er gemacht hat, war falsch. Es war falsch – und das werde ich auch als Zeuge aussagen.«
Mir hatte es die Sprache verschlagen. Ich versuchte wieder, Liz zu umarmen, und diesmal wich sie nicht zurück, aber ihr Körper war steif wie ein Brett. Ihre Schultern fühlten sich so dünn und zart an, dass ich Angst hatte, ich könnte ihr die Knochen brechen, wenn ich sie zu fest drückte. Dann ließ sie den Becher fallen, und das Eis spritzte über den Boden, und sie brach in meinen Armen zusammen. Ich musste sie richtig festhalten, sonst wäre sie gefallen.
»Danke für alles, Wayne«, sagte Onkel Tinsley. »Sie sind ein guter Mensch.«
Normalerweise war er ziemlich knauserig, aber jetzt zog er einen Zwanzigdollarschein aus seinem Portemonnaie und hielt ihn Wayne hin.
»Das kann ich nicht annehmen, Sir«, sagte Wayne. »Ich hab’s nicht für Geld getan.«
»Ich bestehe darauf. Nach dieser Geschichte wird Maddox Sie garantiert nicht bezahlen.«
»Na dann, vielen Dank.«
»Danke Ihnen, Wayne«, sagte Onkel Tinsley. »Wir kümmern uns jetzt um sie.«
Wayne nickte Liz und mir zu, als wollte er sagen, ihr könnt euch auf mich verlassen, dann wandte er sich um und ging.
Ich drückte Liz erneut. »Liz, geht’s wieder?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Was willst du jetzt machen?«, fragte ich Onkel Tinsley.
»Wir sollten Liz verarzten und ins Bett packen«, sagte er.
»Müssen wir nicht zuerst die Polizei verständigen?«
»Das halte ich für keine gute Idee«, sagte Onkel Tinsley.
»Aber irgendwas müssen wir doch tun!«, sagte ich.
»Ich hab euch beiden gesagt, ihr sollt euch von Maddox fernhalten, aber ihr habt nicht auf mich gehört. Jetzt seht ihr, was dabei rauskommt.«
»Trotzdem, irgendwas müssen wir tun!«, sagte ich. Ich schüttelte Liz sanft. »Findest du nicht?«, fragte ich sie.
»Ich weiß nicht«, sagte Liz. »Ich weiß es einfach nicht.«
»Willst du ihn nicht anzeigen?« Ich musste immerzu daran denken, dass Wayne gesagt hatte, er würde als Zeuge aussagen. Er hatte sich angehört, als wäre es sonnenklar, dass wir zur Polizei gehen würden.
»Ich weiß nicht«, sagte sie wieder.
»Passiert ist passiert«, sagte Onkel Tinsley. »Wir können es nicht ungeschehen machen, indem wir ihn anzeigen. Das bringt nur noch mehr Probleme – und noch mehr Klatsch und Tratsch.«
»Was willst du machen, Liz?«
»Ich will ein Bad nehmen.«
32
I ch ließ für Liz ein Bad ein. Ich hatte Bedenken, dass wir vielleicht Beweise vernichten würden oder so, aber Liz wollte unbedingt baden. Sie wollte auch das Wasser so heiß wie nur möglich haben, und sie bat mich, bei ihr zu bleiben.
»Was ist passiert, Liz? Hat er dich etwa –«
»Er hat’s versucht. Aber ich will nicht drüber reden.«
»Ist alles in
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