Die andere Seite des Himmels: Roman (German Edition)
zu.«
»Weil Mr Maddox den Besitzern von Holladay Textiles empfohlen hat, euren Onkel nicht länger in der Weberei zu beschäftigen?«
»Das war nicht alles. Mr Maddox hat die Arbeiter schlecht behandelt, fand Onkel Tinsley, und –«
Der Richter unterbrach mich. »Antworte nur mit Ja oder Nein.«
»Würdet ihr also Lügen über Mr Maddox erzählen, wenn ihr der Meinung wärt, das würde euren Onkel freuen?«
»Einspruch!«, schrie Dickey Bryson.
»Stattgegeben«, sagte der Richter.
Hayes blickte auf seine Notizen. »Nur noch ein paar Fragen«, sagte er. »Hast du dich ohne die Erlaubnis der Maddox aus deren Kühlschrank bedient?«
»Wenn ich den Kindern Sandwiches gemacht hab, hab ich mir manchmal auch eins gemacht.«
»Du hast dich also ohne Erlaubnis aus ihrem Kühlschrank bedient?«
»Ich dachte, dafür bräuchte ich keine.«
»Hast du außerdem ohne Mr Maddox’ Erlaubnis von seinem Wodka getrunken, was einer der Gründe war, warum er dich entlassen musste?«
»Wie bitte?«
»Ja oder nein?«
»Nein!«, rief ich laut.
»Hast du Geld aus seiner Kommodenschublade gestohlen, was der zweite Grund war, warum er dich entlassen musste?«
»Nein!«
»Führst du einen eigenen Rachefeldzug gegen Mr Maddox?«
»Nein.«
»Ist Joe Wyatt dein Cousin?«
»Ja.«
»Habt ihr, also du und Joe Wyatt, die Reifen an Mr Maddox’ Wagen aufgeschlitzt?«
Ich sah nach unten auf meine Hände. »Ich war das nicht«, sagte ich.
»Also war es Joe Wyatt?«
Ich zuckte die Achseln. »Woher soll ich das wissen?«
»Vielleicht weil du dabei warst. Denk dran, du stehst unter Eid. Hast du Joe Wyatt bei der Planung oder Ausführung dieser Straftat geholfen?«
»Doch nur, weil Mr Maddox versucht hat, uns umzubringen!«, rief ich. »Dauernd hat er versucht, uns mit seinem Le Mans zu überfahren. Wir mussten uns schützen. Es war Selbstverteidigung –«
»Ich denke, wir haben verstanden«, sagte Leland Hayes. »Eine gehässige kleine Vendetta. Keine weiteren Fragen.«
»Ich muss doch erklären, wieso –«
»Ich sagte, keine weiteren Fragen.«
»Sie lassen mir ja gar keine Gelegenheit, zu erklären, wieso –«
»Junge Dame, das wäre alles«, sagte der Richter.
Sobald Leland Hayes sich hingesetzt hatte, stand Dickey Bryson noch einmal auf. Er bat mich, den Geschworenen zu erklären, was ich damit gemeint hatte, als ich sagte, Maddox habe versucht, uns zu überfahren, und ich erzählte ihnen, wie er in seinem Le Mans angerast gekommen war, wenn wir zur Bushaltestelle gingen, dass er auf uns zugehalten hatte und wir in den Graben springen mussten, um uns zu retten.
Dann war Leland Hayes noch mal an der Reihe. »Habt ihr diese angeblichen Vorfälle je bei der Polizei zur Anzeige gebracht?«, fragte er.
»Nein«, sagte ich.
»Es gibt also keinerlei Beleg dafür, dass diese angeblichen Vorfälle je stattgefunden haben?«
»Haben sie aber.«
»Das sollen die Geschworenen entscheiden. Du räumst jedenfalls ein, dass es zwischen dir und Mr Maddox eine Art Privatfehde gab?«
»Wenn Sie so wollen, ja. Aber doch nur, weil er –«
»Keine weiteren Fragen.«
Der Richter sagte, ich solle den Zeugenstand verlassen, aber ich konnte mich kaum bewegen. Ich hatte Mom verraten. Ich hatte Joe verpfiffen. Und ich hatte zugegeben, dass wir Onkel Tinsley hintergangen hatten. Wie konnte das passieren? Ich glaubte, dass ich im Recht war. Nein, ich wusste, dass ich im Recht war. Ich hatte doch nur allen wahrheitsgemäß erzählen wollen, was Maddox Liz angetan hatte, und jetzt stand ich wie eine verlogene, diebische, rachsüchtige Reifenaufschlitzerin da. Ein Teil von mir war empört, aber ein anderer Teil von mir wollte sich nur noch aus dem Gerichtssaal stehlen, in ein tiefes, dunkles Loch verkriechen und nie wieder rauskommen.
Schließlich verließ ich den Zeugenstand. Dickey Bryson sagte, ich dürfte jetzt, wo ich nicht mehr aussagen musste, im Zuschauerraum Platz nehmen. Als ich an Maddox vorbeiging, schüttelte er den Kopf und sah die Geschworenen an, als wollte er sagen: Da seht ihr, mit welchen Mädchen ich es zu tun hatte.
Ich setzte mich zwischen Mom und Onkel Tinsley. Er tätschelte meinen Arm, aber Mom saß einfach nur stocksteif da.
Dickey Bryson bat den Gerichtsdiener, Wayne Clemmons aufzurufen, der die ganze Zeit rauchend im Flur auf und ab getigert war. Er trug eine graue Windjacke und hatte sich nicht mal rasiert. Nachdem er vereidigt worden war, setzte er sich hin, murmelte seinen Namen und hielt den
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