Die Anderen - Das Dämonenmal (German Edition)
es sich wohl so anfühlen, wenn er Lippen wie Daves küssen durfte? Wie es wohl sein würde, so einen Mann wie Dave zu küssen?
Finn leckte sich kurz über die Lippen und öffnete leicht den Mund. Dabei stellte er sich vor, wie seine Lippen die von Dave berühren würden. Leicht, zart, ganz weich und vorsichtig, wie der sanfte Wind, der über sein Gesicht strich. Der Gedanke war so verlockend, ließ sein Herz augenblicklich erregter schlagen. Dave Duncan. Träumen dufte man ja schließlich, auch von so jemandem. Nur bekanntlich wurde man aus Träumen auch schnell wieder herausgerissen.
Finn bemerkte urplötzlich einen festen Druck an seinen Handgelenken. Schlagartig öffnete er die Augen und sah sich unerwartet Auge in Auge mit seinem persönlichen Dämon.
Sekundenbruchteile lang reagierte er gar nicht. Sein Verstand war noch am stotternden Ausformulieren, seine innere Stimme hingegen hatte sich beim Anblick der intensiven, lüstern aussehenden Augen erschreckt versteckt.
Finn starrte fassungslos in diese unwirklichen, rot glühenden Augen des Dämonen. Klauenartige Hände lagen fest um seine Handgelenke. Der Dämon blickte ihn ruhig an, sein leicht geöffnetes Maul bot einen guten Ausblick auf die scharfen Zähne. Er schien schwerelos vor dem Fenster in der gewittrigen, warmen Luft zu schweben, seine Flügel waren leicht gespreizt, jedoch bewegte er sich kaum, schien im Wind lediglich sanft hin und her zu gleiten.
„Es ist sehr schön zu sehen, dass du schon von mir träumst, Finn“, meinte er mit der bekannten dunklen Stimme, ohne dass sich der Mund dabei wirklich viel bewegte. Da war dieser seltsam begehrliche Unterton, der Finns Herz plötzlich stolpernd losrasen ließ und ihm einen erstickten Aufschrei entlockte. Schwungvoll warf er sich zurück, und versuchte damit verzweifelt, sich loszureißen. Allerdings stürzte er, da der Dämon ihn just in dem Moment losließ und fiel glücklicherweise nur weich auf sein Bett.
Gelähmt vor Schreck, beobachtete er, wie der Dämon bedächtig zu ihm ins Zimmer kletterte, seine großen Flügel auf seinem Rücken faltete und den Menschen auf dem Bett offensichtlich belustigt von oben herab ansah.
„Mir war schon klar, dass dich mein Anblick einfach umhauen würde“, bemerkte der Dämon zufrieden grinsend. Finns innere Stimme gab ihm trotz der lähmenden Furcht und seinem laut hämmernden Herzen die Info, dass dieses Gesicht heute irgendwie menschlicher wirkte. Der Mund erschien weicher, anders, die Zähne sahen weniger bedrohlich aus. Der ist immer noch gefährlich!, betonte sein Verstand eindringlich und schlug rasch vor: Benutze das Siegel gegen ihn! Draußen zuckten die ersten echten Blitze und das Donnergrollen kam näher.
Finn hörte auf seinen Verstand, überwand entschlossen seine Angst und zog mit bebenden Händen das Siegel, welches er nun stets um den Hals trug, hervor, hielt es schützend an der Kette vor sich. Die Metallscheibe leuchtete im flackernden Licht der Blitze hell auf, warf dabei zuckende Lichtreflexe auf das dämonische Gesicht.
Schau nur! Es blendet ihn, jubelte Finns innere Stimme begeistert. Das Siegel vertreibt ihn! Gleich löst er sich bestimmt in Rauch und Asche auf oder es gibt einen gewaltigen großen Blitz und er ist einfach weg. Ja, leider nur im Film, seufzte sein Verstand pragmatisch und hob resignierend die Schultern, als er Finn lakonisch darüber informierte, dass rein gar nichts Dramatisches mit dem fremden Wesen geschah.
Interessiert beugte sich der Dämon nach vorne und betrachtete die kleine Metallscheibe, die da vor seinem Gesicht in Finns zitternder Hand baumelte, genauer. Als er danach griff, ließ Finn sie aufkeuchend los und versuchte, sich rückwärts über das Bett von dem Dämon fortzuschieben. Dabei vergaß er freilich, dass das Siegel an einer Kette um seinen Hals hing. An einer sehr stabilen Kette! So konnte er natürlich nicht entkommen!
Erschrocken und die Kapazität der Kette bis auf das Äußerste ausnutzend, lehnte sich Finn zurück und stützte sich mit den Unterarmen auf dem Bett ab. Bestürzt starrte er auf den Dämonen, der die kleine Scheibe in seiner großen Klaue drehte und eingehend musterte. Ganz offensichtlich hatte er keine Angst davor. Weder wand er sich in tödlichen Krämpfen, noch löste er sich in Luft oder effektvoller in Rauch auf. Nein, er schien, ganz im Gegenteil, gar keine Probleme zu haben, das geweihte Metallstück in der Klaue zu halten.
„Interessante Arbeit. Sehr solide
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