Die Anderen - Das Erbe erwacht (German Edition)
eine Spur bleicher. Thomas beugte sich über das Sofa, strich mit der Hand darüber und schnupperte erneut.
„Ganz offensichtlich muss er sehr nass gewesen sein. Vielleicht hat er länger im Regen gestanden? Ungewöhnlich“, meinte er mehr zu sich selbst. „Warum nur? Warum hat er diesem Menschen hier draußen aufgelauert?“ Gedankenverloren strich Thomas über die nasse Decke. Roger begriff, dass er mit sich selbst sprach, und lauschte gebannt.
„Warum stehst du im Regen? Stundenlang. Hast du gewartet, bis hier alles ruhig war?“ Thomas runzelte die Stirn, wanderte um das Sofa herum, während seine Hand die Umrisse der feuchten Flecken nachfuhr. „Du hast wohl den Ladenschluss abgewartet? Warum dieser hier? Du hättest da draußen doch viel einfacher jemanden erbeuten können. Ohne Risiko, verborgen in den Schatten lauernd. Wieso dieser hier?“
Thomas schloss die Augen und schien in sich hinein zu lauschen. Roger zuckte zusammen, als er sie öffnete und ihn direkt fixierte.
„Was wolltet ihr hier, Roger? Warum war der Mann wichtig?“ Thomas' Stimme war leise und klang drohend und gefährlich und der lauernde Ausdruck seiner Augen ließ Roger unwillkürlich einen Schritt zurückweichen.
„Wir ...“, begann er zögernd. „Wir wollten Peter eigentlich nur nach Finns Adresse fragen.“ Thomas' Augen weiteten sich für einen winzigen Augenblick bei der Erwähnung des Namens und Roger erklärte sofort: „Finn arbeitet hier. Seit Sonntag geht er nicht mehr ans Handy und wir haben uns Sorgen um ihn gemacht.“ Täuschte er sich oder war in Thomas' Augen ein unstetes Flackern zu sehen?
„Gestern war ich hier, um nach ihm zu sehen. Dabei bin ich einem Freund von Finn in die Arme gelaufen“, erzählte Roger weiter, beobachtete nun seinerseits Thomas genauer. „Peter, dem Besitzer hier ... “, Roger unterbrach sich, weil ihm beim Gedanken an den harmlosen, Ufo-verrückten Peter ein neuer Kloß im Hals steckte. „Also, Finns Freund hat Peter gesagt, Finn wäre krank. Ich bin ihm nachgegangen und habe ihn gefragt und er hat gemeint, er kümmere sich um ihn. Wir waren hier, weil wir ... naja, weil wir eben seine Adresse haben wollten, um nach ihm zu sehen, weißt du?“ Roger brach ab, ein wenig ärgerlich über den raschen Wortschwall, der irgendwie wie eine Rechtfertigung geklungen hatte.
Thomas starrte ihn unverwandt an. In seinen Augen zeigte sich keine Regung, dennoch war es Roger überaus unangenehm, so eindringlich gemustert zu werden.
„Finn, also wieder“, erklärte Thomas betont und nachdenklich. Roger runzelte erstaunt die Stirn und blickte Thomas misstrauisch an. Was sollte das denn bedeuten?
„Du ... du denkst, er hat hiermit etwas zu tun?“ Roger schüttelte sofort heftig den Kopf. „Nein, das glaube ich nicht. Er ist doch bloß ... ein Student und arbeitet hier. Mit dieser Sache hat er nichts zu tun!“
„Etwas an ihm ist verdammt komisch, ich hatte gleich so ein Gefühl. Das ist alles kein Zufall mehr“, widersprach Thomas bestimmt, ohne den lauernden Blick von Roger abzuwenden, der sich überaus unwohl fühlte. Ein Schauer wanderte über sein Rückgrat, hinterließ unangenehme Feuchtigkeit. Kalter Schweiß, wie Roger betroffen erkannte. Mitunter machte ihm Thomas' Art instinktiv Angst; dagegen konnte er rein gar nichts tun. „Aber Finn ist doch auf gar keinen Fall ein Dämon!“, empörte er sich und unterstrich seine Aussage mit einer Handbewegung.
„Nein“, stimmte ihm Thomas zu. „Ist er nicht. Das hätte ich gerochen. Dämonen können allerdings in fast jeder Gestalt auftreten und sich raffiniert tarnen.“ Endlich veränderte sich Thomas' Ausdruck und seine Mundwinkel hoben sich ein wenig an, kein echtes Lächeln, nur die Andeutung dessen. Verbittert und zynisch.
„Sie lassen nicht viel mehr als Blut und Knochensplitter von ihren Opfern zurück. Sieh hin, Roger, das ist alles, was sie von diesem hier übrig gelassen haben. Und das ist der Grund, warum ich diese Bestien gnadenlos jage!“ Thomas wies auf Keith, der zu ihnen getreten war. Roger drehte sich langsam zu ihm um. Das Herz schlug ihm bis zum Hals und er fürchtete, was er sehen würde. Keith grinste zufrieden und hielt eine durchsichtige Plastiktüte hoch.
„Nicht wirklich viel. Ich habe Teile der Schädelplatte und des Oberschenkelknochens gefunden, zwei Finger und ein paar von denen hier.“ Keith deutete auf die Tüte, in der weiß, blutige Knochensplitter zu sehen waren.
Der Anblick war zu viel für
Weitere Kostenlose Bücher