Die Anderen III_ Das Siegel des Gaap: Gay Mystic Fantasyroman (German Edition)
hoch, drehte sich halb um und trat blitzschnell nach dem grünen Dämon. Leider beeindruckte den sein Tritt nicht so wirklich. Er taumelte nicht einmal, fletschte nur sein breites Maul mit den dolchartigen Zähnen drohender.
Finn sprang zur Seite, warf sich nach vorne und versuchte auf diese Weise an ihm vorbei zu gelangen. Es wäre ihm fast gelungen. Thubal warf sich jedoch mit einer überaus schnellen Bewegung, die man dem plumpen Körper nicht zutrauen würde, nach vorne und griff nach ihm. Eine scharfe Kralle bohrte sich schmerzhaft tief in dessen Schulter.
Gellend schrie Finn auf und schloss entsetzt die Augen. Die Klaue bohrte sich immer tiefer in seinen Körper und weitere krallenbewehrte Hände griffen nach ihm, drohten ihn zu zerreißen. Er schlug in blinder Panik um sich, traf wohl auch, doch die klauenbewehrten Hände waren stärker, rissen und zerrten an ihm, wollten ihm das Fleisch von den Knochen reißen. Heißer Schmerz durchfuhr Finns Körper, betäubte sein Denken im Angesicht des nahenden, schmerzhaften Todes. Weit entfernt vernahm er eine erstaunte Stimme, bevor ihm der Schmerz und das Entsetzen gnädigerweise das Bewusstsein raubten.
„Thubal! Er trägt sein Dämonenmal!“
***
In dem kleinen Café am Stintmarkt, nur wenige Kilometer von der Fliederstraße entfernt, mitten im Lüneburger Hafenviertel, drückte sich Russell tief in den metallenen Bistrostuhl. Sein Blick huschte immer wieder nervös zum Eingang, wo jeden Moment Dave auftauchen würde. Sein schlechtes Gewissen und die zunehmende Aufregung bewirkten, dass er leicht schwitzte und seine Hände unruhig knetete.
Was sollte er tun, wenn Dave kam? Was, wenn er gleich herausfand, dass Russell ihn belogen hatte, dass er ihn nur von dem Mirjahn hatte fortlocken wollen?
Dave konnte ihn in einem Sekundenbruchteil töten. Davor fürchtete sich Russell derzeit jedoch gar nicht am meisten. Viel schlimmer erschien ihm im Moment die Vorstellung, dass Dave von ihm enttäuscht sein würde. So lächerliche, menschliche Gefühle und doch konnte sich Russell nicht davon befreien.
Wütend schimpfte er sich selbst in Gedanken aus. Immerhin war er ja zur Hälfte Mensch. Natürlich hatte er auch ein paar menschliche Gefühle und ihre typischen Schwächen. Genau aus dem Grund sahen echte Dämonen wie Thubal ja auf ihn herab, mehr Mensch als Dämon. Dabei hatte Russell sich stets bemüht, mehr Dämon zu sein, so zu sein wie Dave. Jetzt hatte er ein verflucht menschliches schlechtes Gewissen und menschliche Schuldgefühle! Es war echt frustrierend.
Russell fühlte seine Präsenz wenige Augenblicke, bevor er das Café betrat. Wie immer, war Dave in seiner menschlichen Form eine makellose Erscheinung.
Nein, das stimmte heute nicht ganz.
Russell bemerkte stirnrunzelnd, dass Dave kein Hemd trug. Das Jackett war bis oben zugeknöpft, es fehlte ein sichtbarer Hemdkragen. Trotzdem wirkte der Andere wie immer beeindruckend, wenngleich sein Ausdruck nicht so arrogant und selbstsicher abweisend wirkte, wie Russell es gewöhnt war. Sein Gesicht war viel weicher geworden, die Augen hatten einen anderen - Russell erschrak darüber - menschlicheren Ausdruck angenommen.
Der Mirjahn hatte ihn verändert, zweifellos. Russell beglückwünschte sich innerlich in seiner Entscheidung, die Anderen zur Hilfe zu rufen. Dieser Mensch hatte eindeutig zu viel Macht über Dave erlangt. Dem musste Einhalt geboten werden.
Dave erblickte ihn sofort und kam mit ernstem Gesicht zu ihm herüber. Russell rutschte unruhig auf dem Stuhl hin und her und leckte sich nervös über die Lippen. Ab jetzt gab es kein Zurück mehr. Dave war tatsächlich gekommen. Der Mirjahn war also alleine und Thubal und die anderen Dämonen hatten freie Bahn.
Russell seufzte zufrieden, verlor ein wenig von seiner Nervosität. Dave würde endlich von diesem Fluch befreit sein und wieder der alte Dämon werden können, den Russell so bewunderte.
„Hallo Russell!“, begrüßte ihn Dave lächelnd und zog sich einen Stuhl heran. „Scheint mir so, als ob der Jäger doch deine Spur verloren hat. Ich kann ihn hier nirgends spüren. Bist du dir sicher, dass er dich verfolgt hat?“ Russell holte erschrocken Luft. Hatte Dave seine Scharade so leicht durchschaut?
„Ich ... ich dachte, sie wären dichter an mir dran“, stammelte er hastig und vermied es, Dave dabei direkt anzusehen.
„Warum bist du noch hier?“, fragte Dave ihn plötzlich gerade heraus. Seine Stimme klang nicht gerade freundlich.
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