Die Angebetete
mit Dir zu arbeiten. Zum Dank für all die schlaflosen Nächte überlassen wir Dir die Bänder mit den Songs, an denen wir nach den Aufnahmen zu »Abbey Road« herumgespielt haben, und zwar inklusive aller Rechte. Die Liste steht unten. Bis bald!
»Moment mal«, sagte O’Neil. »Sind das …?«
»Ich glaube, sie sind es«, flüsterte Dance. »Mein Gott, ich glaube, sie sind es.« Am unteren Rand der Seite standen die Titel von vier Songs. Keiner davon zählte zu dem bekannten Repertoire der Beatles.
Sie erklärte, die Arbeit am Album Abbey Road habe im Frühjahr 1969 begonnen. Es war das letzte Studioalbum der Band. Zwar wurde ein Jahr später noch Let It Be veröffentlicht, aber das war bereits im Januar 1969 eingespielt worden.
Dennis Harutyun – der »Bibliothekar« des FMCSO , wie Madigan ihn nannte – hatte bei seiner Suche nach einem möglichen Mordmotiv einige erstaunliche Erkenntnisse aus dem Leben von Bobby Prescott und seiner Familie zutage gefördert. Der Deputy war irgendwo tief im Internet auf Gerüchte gestoßen, laut denen Bobbys Vater aus seiner Zeit als Toningenieur in London einige Rohfassungen von Beatles-Songs besessen haben könnte.
Doch dies waren offenbar keine Rohfassungen, sondern vollständig produzierte Songs, original und unveröffentlicht, die niemand sonst je zu hören bekommen hatte.
»Und die Beatles haben sie einfach so verschenkt?«, fragte O’Neil.
»Die Band war damals schon in Auflösung begriffen. Sie waren reich. Vielleicht haben sie keinen Wert mehr darauf gelegt. Oder womöglich fanden sie die Lieder einfach nicht gut.«
»Der Brief trägt keine Unterschrift.«
Dance zuckte die Achseln. »Ein Schriftexperte könnte feststellen, wer von den vier ihn verfasst hat. Aber es heißt dort ›nach den Aufnahmen zu Abbey Road ‹. Wer sonst sollte es sein? Sie müssen danach noch einige Tage im Studio geblieben sein und Songideen gesammelt haben. Das spielt keine Rolle; es sind trotzdem Lieder der Beatles.«
»Bobby hat die Bänder von seinem Vater bekommen.«
»Richtig«, sagte Dance und deutete auf die Regale. »Der Täter hat es herausgefunden und auf eine günstige Gelegenheit gewartet, um ihn zu töten und sie zu stehlen.«
»Und die günstige Gelegenheit war jemand wie Edwin, der irgendwann aufgetaucht ist und einen guten Sündenbock abgegeben hat.«
»Genau.«
»Der Täter muss demnach Bobby und seine Archive gekannt und von den Gerüchten über die Beatles-Songs gewusst haben.« Er musterte die Songtitel. »Könnte man die überhaupt zu Geld machen?«
»Ich schätze, er könnte zumindest einen millionenschweren Finderlohn herausschlagen. Oder er könnte sie an einen zurückgezogen lebenden Sammler verkaufen – wie diesen japanischen Geschäftsmann, von dem letzten Monat in den Nachrichten die Rede war. Er wurde verhaftet, weil er fünfzig Millionen für einen gestohlenen van Gogh gezahlt hat. Er wollte das Bild in seinem Keller aufbewahren und es niemals jemandem zeigen. Es ging ihm einfach nur um den Besitz.«
»Okay, wir kennen nun das Motiv«, überlegte O’Neil. »Die zweite Frage lautet: Wer ist der Täter? Hast du eine Idee? Ich kenne die Beteiligten hier nicht.«
Dance überlegte und ließ den Blick durch den Wohnwagen schweifen.
Von A nach B nach Z …
»Du musst etwas für mich tun.«
»Klar«, sagte der Detective. »Beweissuche, Spurensicherung? Für Verhöre bist du besser geeignet als ich, aber wenn du willst, bin ich dabei.«
»Nein«, sagte sie, fasste ihn bei den Schultern und schob ihn anderthalb Meter nach hinten. Dann wich sie zurück und musterte ihn genau. »Bleib einfach da stehen, und rühr dich nicht.«
Während sie zur Tür hinausging, sah O’Neil sich um und sagte: »Das kriege ich hin.«
Eine halbe Stunde später rasten Dance und O’Neil zusammen mit mehreren FMCSO -Deputys durch den dunstigen Spätsommernachmittag zu einem Motel am Highway 41.
Es war ein Red Roof Inn. Annehmbar, sauber, aber sicherlich weit unter dem Standard, den der Gast, den sie gleich verhaften würden, an gewissen Punkten seines Lebens gewohnt gewesen war.
Die vier Fahrzeuge näherten sich leise.
Es stellte sich natürlich die Frage der Zuständigkeit, doch Dance und O’Neil waren nicht hier, um Lorbeeren zu ernten, sondern um Amtshilfe zu leisten. Die eigentliche Festnahme würde Sache der hiesigen Beamten sein. Kathryn hatte immerhin eingewilligt, dass Madigan die Ermittlungen leiten und die Publicity für sich verbuchen könnte. Da er zurzeit
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