Die Angebetete
wurde verwarnt, Dutzende Male. Die Anwälte Kayleighs und ihres Vaters drohten ihm rechtliche Schritte sowie eine Anzeige für den Fall an, dass er sein Verhalten nicht unterließ.
Er unterließ es nicht.
»Das war so gruselig«, sagte Kayleigh nun mit zitternder Stimme und trank einen Schluck Tee. Der Barkeeper hatte ihr ein neues Glas gebracht, als er gekommen war, um die Scherben einzusammeln und die Pfütze aufzuwischen. »Er wollte eine Haarsträhne, einen abgeschnittenen Fingernagel, den Abdruck meiner Lippen auf einem Stück Papier. Er hatte Fotos von mir an Orten, an denen ich niemanden sonst bemerkt hatte. Backstage oder auf Parkplätzen.«
»Das ist ja das wirklich Schlimme bei einer solchen Straftat«, sagte Dance. »Man weiß nie so genau, wo der Stalker sich aufhält. Vielleicht meilenweit weg, vielleicht draußen vor deinem Fenster.«
»Und dann seine Nachrichten!«, fuhr Kayleigh fort. »Hunderte von Briefen und E-Mails. Wenn ich meine E-Mail-Adresse gewechselt habe, dauerte es nur wenige Stunden, und er kannte die neue.«
»Glaubst du, er könnte etwas mit dem Scheinwerfer zu tun gehabt haben, der heute heruntergefallen ist?«, fragte Dance.
Kayleigh sagte, sie habe am Vormittag im Kongresszentrum mehrmals den Eindruck gehabt, irgendwas »Komisches« gesehen zu haben, womöglich nur irgendwelche Schatten, womöglich auch gar nichts. Sie hatte jedenfalls niemanden erkannt.
Alicia Sessions war sich da sicherer. »Ich hab auch was gesehen, hundertprozentig.« Sie zuckte die breiten Schultern, wodurch kurz ihre Tätowierungen aufblitzten, die ansonsten weitgehend durch den Stoff verdeckt wurden. »Leider nichts Konkretes. Kein Gesicht, keine Gestalt.«
Die Band war noch nicht in der Stadt, und der Rest der Crew hatte sich während des Vorfalls außerhalb der Halle aufgehalten. Bobby hatte ebenfalls nichts bemerkt, nur den Scheinwerferriegel, als dieser sich aus der Aufhängung gelöst hatte.
»Wissen die hiesigen Behörden über Sharp Bescheid?«, fragte Dance.
»O ja, allerdings«, antwortete die Sängerin. »Die wussten, dass er vorhatte, das Konzert am Freitag zu besuchen – obwohl die Anwälte ihm eine Unterlassungsverfügung angedroht hatten. Uns gegenüber haben sie aber bezweifelt, dass wir eine würden durchsetzen können; dafür hatte er wohl noch nicht genug angerichtet. Aber der Sheriff wollte ihn im Auge behalten, falls er tatsächlich auftauchen würde. Und dafür sorgen, dass Sharp von der Überwachung wusste.«
»Ich rufe im Sheriff’s Office an und teile denen mit, dass er hier ist«, sagte Alicia. »Und wo er wohnt.« Sie lachte überrascht auf. »Er hat ja nun wirklich kein Geheimnis daraus gemacht.«
Kayleigh schaute sich bekümmert um. »Das hier war immer mein Lieblingsrestaurant in Fresno. Nun hat er es mir gründlich verdorben. Ich habe keinen Hunger mehr. Und ich möchte gehen. Tut mir leid.«
Sie winkte nach der Rechnung und zahlte.
»Warte noch kurz.« Bobby ging zur Vordertür, öffnete sie einen Spalt, sprach mit Morgan und kehrte zum Tisch zurück. »Er ist nicht mehr da. Darthur hat gesehen, wie er in sein Auto gestiegen und weggefahren ist.«
»Lasst uns trotzdem den Hinterausgang nehmen«, schlug Alicia vor. Tye bat Morgan, mit dem Wagen nach hinten auf den Parkplatz zu kommen. Dance begleitete die kleine Gruppe durch einen nach Bier stinkenden Lagerraum und vorbei an einer dreckigen Toilette. Draußen auf dem bröckelnden Asphalt standen ein paar verstaubte Fahrzeuge. Aus einigen Rissen wuchs verdorrtes Unkraut.
Dance bemerkte, dass Kayleigh nach rechts schaute und aufkeuchte. Sie folgte dem Blick der Sängerin.
In sechs Metern Entfernung parkte ein riesiger alter leuchtend roter Straßenkreuzer. Hinter dem Steuer saß Edwin Sharp. »He, Kayleigh!«, rief er durch das offene Fenster. »Sieh dir meinen Schlitten an! Es ist zwar kein Cadillac, sondern nur ein Buick, aber gefällt er dir?« Er schien keine Antwort zu erwarten und fügte hinzu: »Keine Angst, mein Auto wird mir nie wichtiger sein als du!«
»My Red Cadillac« hieß einer von Kayleighs größten Hits. Es ging darin um ein Mädchen, dem sein alter Wagen viel bedeutet … und das jeden Mann in die Wüste schickt, der dem großen verbeulten Vehikel nichts abgewinnen kann.
Bobby Prescott stürmte vor. »Verpiss dich, du Arschloch!«, brüllte er. »Und wage ja nicht, uns zu verfolgen, um herauszufinden, wo Kayleigh wohnt. Falls du das versuchst, rufe ich die Cops.«
Edwin nickte lächelnd und
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