Die Angebetete
ab!«
Unten öffnete sich die Küchentür, und Alicia rief: »Hallo, Kayleigh. Ich bin’s. Bist du salonfähig?«
Kathryn Dance hörte, wie Kayleigh der Atem stockte. Dann flüsterte die Sängerin: »Sie ist schon hier. Unten in der Küche. Alicia!«
O nein. Was nun?
Dance, Harutyun und Madigan saßen in einem Streifenwagen des FMCSO und entfernten sich mit hoher Geschwindigkeit von Alicias Apartment im Tower District. Sie teilte den Männern mit, dass Alicia sich bereits in Kayleighs Haus befand, und fragte dann ins Telefon: »Ist Darthur da?«
»Nein, er ist weg. Wir dachten doch, mit Simeskys Tod wäre alles vorbei.«
»Kannst du nach draußen? Und in den Wald rennen?«
»Ich … Nein, ich bin oben. Ich glaube nicht, dass ich springen kann. Und falls ich die Treppe nehmen würde, müsste ich an ihr vorbei. Kann ich nicht mit ihr reden? Wieso will sie …?«
»Nein, du musst dich verstecken, bleib weg von ihr. Sie hat eine Pistole. Die Polizei ist schon zu dir unterwegs, aber es wird trotzdem noch zwanzig Minuten dauern. Kannst du die Zimmertür abschließen?«
»Ja, ich bin in meinem Schlafzimmer. Aber allzu stabil ist das Schloss nicht.«
»Hast du eine Waffe?«
»Ja, aber die ist unten und eingeschlossen.«
»Dann verbarrikadiere dich einfach in deinem Zimmer. Und halte sie irgendwie hin.«
»O mein Gott, Kathryn. Was ist denn nur los?«
»Verschanze dich so gut es geht. Wir sind bald da.«
Die Sirene hallte laut durch die heiße trockene Luft, und die blau-weißen Signallichter wurden von den Autos, Straßenschildern und Fenstern reflektiert, während sie weiter durch die abendlichen Straßen rasten.
»Kayleigh?«, rief Alicia von unten erneut.
Wo ist sie?, überlegte Kayleigh. Immer noch in der Küche? Im Arbeitszimmer?
»Komme gleich.« Sie starrte die Tür an.
Mach sie zu, Mädchen! Worauf wartest du noch? Schinde Zeit. Schließ ab, verbarrikadiere dich.
Sie ging zur Tür und rief: »Ich war gerade unter der Dusche. Gib mir fünf Minuten.« Sie schloss und verriegelte die Tür. Doch der Stuhl, den sie unter den Knauf klemmen wollte, war zu niedrig. Ihre Kommode war zu schwer, um sie von der Stelle zu bewegen. Und der Toilettentisch würde nicht mal Mary-Gordon aufhalten.
Such dir eine Waffe. Irgendeine.
Eine Nagelfeile? Eine Lampe?
Sei nicht dämlich, spring!
Sie lief zum Fenster. Unten war nicht nur Beton, sondern ein schmiedeeiserner Zaun. Falls sie sich nicht die Wirbelsäule brach, würde sie sich aufspießen.
Sie kehrte zur Tür zurück und presste das Ohr ans Holz.
»Kayleigh?«
»Bin gleich da! Nimm dir ein Bier, oder mach einen Kaffee!«
Spring aus dem Fenster. Es ist deine einzige Chance.
Dann dachte Kayleigh plötzlich: Kommt überhaupt nicht infrage.
Ich werde kämpfen.
Sie schnappte sich den Schminkhocker und riss das Laura-Ashley-Sitzpolster herunter. Das waren rund zwei Kilo Hartholz. Nicht viel, aber es musste reichen. Ich locke sie nach hier oben und schlage ihr den Schädel ein.
Kayleigh ging zur Tür und lauschte. Sie nahm einen sicheren Stand ein und hob den Hocker wie einen Baseballschläger.
Dann klingelte ihr Telefon.
Sie schaute auf das Display. Die Nummer kam ihr vage bekannt vor. Moment … Das war die von Edwin Sharp! Kayleigh erinnerte sich: Die Ziffern hatten auf dem Etikett des ausgestopften Mammutbaums gestanden, den er und Mary-Gordon für sie ausgesucht hatten.
»Hallo … Edwin?«
»Hallo, Kayleigh, hör zu«, sagte er zögernd. »Ich bin fast da. Alicia hat mich gebeten, dich nicht anzurufen, sondern einfach vorbeizukommen. Aber ich weiß nicht, was das alles soll. Geht es um irgendeine Art von Schlichtung? Ich will nichts von dir. Es war nicht deine Schuld, was dieser Mitarbeiter des Kongressabgeordneten gemacht hat.«
Die Erkenntnis durchzuckte Kayleigh wie ein Stromstoß. Alicia hatte Edwin eine Falle gestellt. Sie hatte ihn ebenfalls hergelockt und wollte es so aussehen lassen, als hätte er sie ermordet.
»Oh, Edwin, es gibt ein Problem.«
»Du klingst so komisch. Was ist denn? Ich meine …«
»Bleib weg! Alicia ist hier. Sie will mich umbringen. Sie will, dass …«
Eine Pause. »Das meinst du doch nicht ernst, oder?«
»Sie hat dir eine Falle gestellt. Sie ist schon hier.«
»Ich rufe die Polizei.«
»Hab ich schon«, sagte sie. »Die sind unterwegs.«
»Ich bin in fünf Minuten da.«
»Nein, Edwin, komm nicht her! Fahr zur Bradley Road, zu dem Minimarkt. Bleib da, bleib unter Leuten. Dann hast du ein Alibi für was auch
Weitere Kostenlose Bücher