Die Angebetete
war, die ihren Kindern bei den Hausaufgaben half. Sie schaute zu dem Buch in seiner Hand.
» Große Erwartungen .« Sie nickte. »Kommt Kayleigh denn halbwegs zurecht?«
»Mit Mühe und Not, würde ich sagen. Ich kenne sie noch nicht lange. Ihre Anwälte und ihr Vater haben mich eingestellt, als dieser Kerl anfing, sie zu belästigen. Sie ist die beste aller Prominenten, für die ich je gearbeitet habe. Die netteste. Höflich. Über manche meiner früheren Klienten könnte ich Ihnen wilde Geschichten erzählen.«
Würde er aber nicht. Er war durch und durch ein Profi. Wenn dieser Auftrag vorbei war, würde Darthur Morgan sofort alles vergessen, was er über Kayleigh Towne wusste, sogar die Tatsache, dass er für sie gearbeitet hatte.
»Tragen Sie eine Waffe?«
»Ja.«
Dance hatte es ohnehin angenommen, war aber froh über die Bestätigung. Und darüber, dass Morgan jetzt nicht anfing, über seine Waffe zu reden oder mit seiner Zielsicherheit zu prahlen, geschweige denn darüber, ob er die Pistole je benutzt hatte.
Ein Profi …
»Es kann sein, dass Edwin eine Glock gestohlen hat.«
»Ich weiß. Ich habe mit Chief Madigan gesprochen.«
Der große Mann begab sich zur Vordertür und setzte sich auf einen Stuhl, der unter seinem Gewicht ächzte. Das geschlossene Buch legte er auf seinem breiten Oberschenkel ab.
Dance trank einen Schluck von dem Eistee, den Kayleigh ihr gebracht hatte. Sie musterte die zahlreichen Urkunden sowie die Gold- und Platinschallplatten, die an den Wänden hingen. Eine gerahmte Titelseite der Country Times fiel ihr auf, und Dance musste lachen. Das Foto zeigte Kayleigh, die den von der Country Music Association verliehenen Preis für die Sängerin des Jahres in der Hand hielt. Bei der Verleihung war ein junger Mann, ein Country-Sänger mit sorgsam gepflegtem Rüpel-Image, auf die Bühne gesprungen und hatte das Mikrofon an sich gerissen, um Kayleigh vorzuwerfen, sie sei noch zu unerfahren für diesen Preis und viel zu weit entfernt von den traditionellen Wurzeln der Countrymusic. Stattdessen hätte ein anderer Sänger die Auszeichnung verdient gehabt.
Kayleigh ließ ihn ausreden, nahm ihm dann das Mikrofon aus der Hand und sagte, da er ein so großer Anhänger der traditionellen Countrymusic sei, möge er doch bitte die jeweils fünf größten Hits von George Jones, Loretta Lynn und Patsy Cline nennen. »Oder zähl einfach nur je fünf beliebige Titel der drei Künstler auf«, forderte Kayleigh ihn heraus.
Für zehn lange Sekunden stand er wie ein Reh im Scheinwerferlicht da, mitten in einer Livesendung, vor Millionen von Zuschauern an den Fernsehgeräten, und schlich sich dann von der Bühne. Dabei reckte er aus irgendeinem Grund seinen Arm in die Luft, als wäre er ein Heavy-Metal-Rocker. Kayleigh hatte ihre Dankesrede beendet und am Ende – unter stürmischem Beifall – all die Hits aufgezählt, nach denen sie ihn gefragt hatte.
Nun gesellte sie sich wieder zu Kathryn und Darthur. Sie trug eine blaue Jeans, über deren Bund eine dicke dunkelgraue Bluse hing, die ihre Figur verhüllte – als würde Edwin sie von Weitem mit einem starken Fernglas beobachten.
Und wer hätte schon sagen können, ob das nicht tatsächlich gerade der Fall war?
Die Sängerin setzte sich auf eine dick gepolsterte Couch mit Blumenmuster, die in der Mitte des Wohnzimmers stand.
»Ich habe gerade mit dem Deputy beim Kongresszentrum gesprochen«, sagte Dance. »Alle aus der Crew sind da, nur nicht Tye und Alicia.«
»Oh, sie hat mich vor zehn Minuten angerufen. Ich habe ihr von der zweiten Strophe erzählt und sie gebeten, auf sich aufzupassen.« Kayleigh lächelte. »Sie klang beinahe, als würde sie hoffen, dass Edwin was bei ihr versucht. Sie ist ein harter Brocken. Und aufbrausend.« Sie wählte Tye Slocums Nummer und hinterließ eine Nachricht. »Ich weiß nicht, warum er weggegangen ist.«
Und Darthur Morgan saß derweil ruhig da und schien das Gespräch nicht mal zu hören. Er behielt einfach nur das Haus und die Fenster im Blick. Dann nahm er einen Anruf entgegen, verstaute das Telefon wieder und merkte plötzlich auf.
Der große Mann erhob sich und warf einen Blick aus dem vorderen Fenster. »Besuch.« Er hielt inne. »Hm. Ein ganzer Hofstaat. Sieht offiziell aus.«
25
»Hofstaat« traf es ziemlich gut, fand Kayleigh Towne.
Zwei SUV s – Bishops verstaubter weißer Lexus und ein großer schwarzer Lincoln Navigator.
Bishop und Sheri stiegen aus und wandten sich dem anderen Fahrzeug
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