Die Angebetete
jungen Mann, der exakt so aussah, wie man sich das Gefolge eines Country-Musikers vorstellte. »Ich bin Ihr Fahrer. Freut mich, Sie kennenzulernen.« Er gab ihr die Hand und lächelte Mary-Gordon zu. »Hallo.«
»Hallo«, sagte sie.
»Willkommen in Fresno. Du bist Mary-Gordon, möchte ich wetten.«
»Er hat meinen Namen richtig gesagt.« Sie strahlte.
Sie hieß nicht etwa Mary mit Gordon als zweitem Vornamen, sondern hatte einen schönen, altmodischen Südstaatendoppelnamen. Und sie hatte keine Scheu, jeden zu korrigieren, der den Namen falsch aussprach.
»Lassen Sie mich das Gepäck nehmen«, sagte er und schnappte sich beide Koffer.
Mary-Gordon reichte dem Mann-der-ihren-Namen-kannte bereitwillig ihre Tasche.
»Achtung, draußen ist es heiß, ganz anders als in Oregon. Möchten Sie zu Ihrem Vater oder zu Kayleigh?«
»Zu Kayleigh. Wir wollen sie überraschen.«
»Sie wird sich sehr freuen.«
Suellyn hoffte es. Bishop hatte darauf bestanden, dass sie Kayleigh auf keinen Fall vorher benachrichtigen und ihren Besuch ankündigen würde – weil die jüngere Schwester wahrscheinlich versucht hätte, ihr den Besuch auszureden. Sie wolle keine Beileidsbekundungen wegen Bobbys Tod, sagte Bishop. Aber die Familie müsse zusammenhalten.
Vater weiß es am besten. Na klar.
»Kayleigh hat einen super Swimmingpool«, sagte er zu Mary-Gordon. »Gehst du gern schwimmen?«
»Ich habe zwei Badeanzüge, damit einer trocknen kann und ich trotzdem ins Wasser darf.«
»Das ist aber schlau«, stellte Bishops Mitarbeiter fest. »Was für Badeanzüge sind das denn? Hello Kitty?«
Mary-Gordon rümpfte die Nase. »Ich bin zu alt für Hello Kitty und SpongeBob. Auf einem sind Blumen, der andere ist blau. Ich kann schon ohne Schwimmflügel schwimmen.«
Sie traten ins Freie, und die Hitze war so heftig wie angekündigt.
Er drehte den Kopf und schaute lächelnd zu dem Mädchen hinunter. »Weißt du was? Du bist ein süßer Knopf.«
»Was heißt das?«, fragte Mary-Gordon.
Der junge Mann sah Suellyn an, und sie mussten beide lachen. »Ich habe keine Ahnung«, sagte er.
Sie ließen einige Autos durch und überquerten dann die Straße zum Parkplatz. »Gut, dass Sie hier sind«, flüsterte er. »Kayleigh ist wegen Bobby ziemlich mitgenommen.«
»Das kann ich mir vorstellen. Weiß man schon, was passiert ist?«
»Noch nicht. Es ist für uns alle furchtbar.« Er wandte sich in normaler Lautstärke an Mary-Gordon: »He, soll ich dir was Tolles zeigen, bevor wir zu deiner Tante fahren?«
»Ja!«
»Es ist wirklich hübsch und wird dir gefallen.« Er sah Suellyn an. »Ein kleiner Abstecher? Dieser Park liegt praktisch auf dem Weg.«
»Bitte, Mommy!«
»Na gut. Aber es darf nicht zu spät werden, Richie.«
Er hielt kurz inne. »Oh, ich bin nicht Richie. Ich bin an seiner Stelle gekommen.« Sie erreichten seinen Wagen. Er nahm die Koffer und ihre Laptoptasche und verstaute sie im Kofferraum des großen alten Buick. Der Wagen war leuchtend rot – eine Farbe, die man heutzutage kaum noch zu sehen bekam.
24
Im Wohnzimmer von Kayleighs Haus – bei geöffneten Fenstern, aber heruntergelassenen Jalousien – sprach Kathryn Dance gerade mit Darthur Morgan, der eines seiner alten Bücher in der Hand hielt, allerdings nicht darin las, denn er war im Dienst.
»Sie haben einen ungewöhnlichen Namen«, sagte sie.
»Ja. Wenn man nur einen Buchstaben ändert, heißt es ›Morgen‹.« Der riesige Mann verzog dabei keine Miene.
»Das ist lustig«, sagte Dance. Sie hatte natürlich seinen Vornamen gemeint.
»Mit dem Spruch habe ich schon mehrere zum Lachen gebracht.«
Kayleigh war oben und zog sich um, als hätte der Ort, an dem Bobby Prescott gestorben war, irgendwie ihre Kleidung besudelt.
»Wissen Sie«, sagte der Leibwächter, »da ich schwarz bin, glauben die Leute, meine Eltern hätten mich ›Darthur‹ genannt, weil sie nicht wussten, wie man Arthur schreibt, oder dass sie irgendwie durcheinander waren. Das bekomme ich wirklich manchmal zu hören.«
»Glaube ich gern.«
»In Wahrheit waren sie beide Lehrer und mögen klassische Literatur.« Er hob sein in Leder gebundenes Buch. Dickens, las sie. »Und Malorys Morte d’Arthur haben sie ganz besonders gemocht.«
»Die Geschichten um König Artus.«
Er zog eine Augenbraue hoch. »Das wissen nicht viele Cops. Aber schließlich sind Sie ja auch nicht bloß ein Cop.«
»So sehr wie Sie nicht bloß ein Leibwächter sind.« Sie fügte nicht hinzu, dass sie außerdem eine Mutter
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