Die Angebetete
s. Und wissen Sie, was seltsam war?«
Noch seltsamer als das? Dance hatte keinen blassen Schimmer.
»Ein Zwanzigdollarschein unter einem der Steine. Wie eine Opfergabe.«
»Und es gibt keinen Hinweis auf den Toten?«
»Oder die Toten«, erinnerte er sie mit angespannter Stimme. »Das Team hat einen Blick ins Innere werfen können und zwei Beine gesehen. Das war so ziemlich alles, was noch übrig war. Dann ist das Dach eingestürzt. Das Gebäude gehörte früher mal zu einer Tankstelle, und keiner weiß, ob es hier nicht noch irgendwo einen großen Vorratstank im Boden gibt. Also sind alle besonders vorsichtig. Charlie Shean lässt seine Leute draußen die Spuren sichern, so nah an der Hütte, wie es eben geht. Es ist da höllisch heiß. Einer der Techniker hat in seinem Overall sogar das Bewusstsein verloren, so heiß ist es. Es gibt weder Reifen- noch Fußspuren. Aber wir haben zwei Patronenhülsen gefunden. Neun Millimeter.« Der Detective schnalzte mit der Zunge. »Das gleiche Kaliber wie bei der Waffe, die Fuentes gestohlen wurde. Aber das könnte auch Zufall sein. Wenigstens – und ich bete, dass es so war –, hat er sie erschossen, bevor er sie angezündet hat.«
»Das können wir nur hoffen.«
»Es gibt keine Blutflecke, aber wie es aussieht, hat er den Staub mit einem Ast oder so verwischt. Wir nehmen Proben. Die DNS könnte die einzige Möglichkeit sein, das oder die Opfer zu identifizieren.«
Ein Altar für Kayleigh. Nun, es stand in Einklang mit dem Verhalten eines Stalkers.
»Charlies Leute haben sich auch die Telefonzelle vorgenommen, von der aus er Kayleigh angerufen hat. Sie haben ein paar Partikel gefunden, aber die fast vierzig verschiedenen Fingerabdrücke lassen sich nicht zuordnen und sind auch nicht bei IAFIS verzeichnet.«
»Wurde Edwin irgendwo gesichtet?«
»Nein. Ich muss jetzt los. Ich melde mich, sobald ich mehr weiß, Kathryn.«
»Danke.«
Sie drehte sich zu Kayleigh, ihrem Vater und den anderen um und fasste den Stand der Dinge für sie zusammen.
Bishop schloss die Augen und murmelte etwas, eventuell ein Gebet. Dance fiel ein, dass er nach seiner Entziehungskur eine religiöse Phase durchlaufen und auch ein entsprechendes Album veröffentlicht hatte. Es hatte sich nicht gut verkauft.
»Wer ist das Opfer?«, fragte Kayleigh entsetzt.
»Das wissen wir noch nicht. Es könnte mehr als eine Person sein. Aber wegen des Feuers konnte man bislang kaum etwas erkennen.«
»Wo steckt Alicia?«, fragte die Sängerin mit zitternder Stimme. »Und wo Tye?«
Doch dann wählte Kayleigh ihre Nummern und erreichte diesmal alle beide. Auch der Rest der Crew sei wohlauf, berichtete sie nach dem Gespräch mit Tye Slocum. »Mein Gott. Alicia hat auf ihrem Pferd einen Ausritt unternommen. Und Tye hat neue Gitarrensaiten gekauft. Wir haben tausend davon im Truck. Warum macht er so was? Das ist zum Verrücktwerden.«
Der Kongressabgeordnete und seine Begleiter wirkten verunsichert, und Davis schien allmählich zu glauben, dass ein Besuch zu diesem Zeitpunkt vielleicht doch keine so gute Idee gewesen war. »Wir haben noch einige Termine«, sagte er. »Es tut uns leid, Sie belästigt zu haben.«
»Nein, nein, es war uns ein Vergnügen«, sagte Bishop, nicht etwa Kayleigh.
Davis bekräftigte erneut sein Hilfsangebot und verabschiedete sich bis zu dem Konzert.
»Das ist noch nicht …« Sie verstummte und sah ihren Vater an, der sich nichts anmerken ließ. »Vielen Dank für Ihre Unterstützung.«
»Ich hoffe, ich kann am Wahltag auf die Ihre zählen.«
Peter Simesky, der Berater, ging noch einmal zu Dance und schüttelte ihr die Hand. »Sie haben meine Karte. Falls Sie irgendetwas benötigen, geben Sie mir bitte einfach Bescheid.«
Wer sich mit Kinesik auskennt, kann diese Fähigkeit bei Dienstschluss nicht einfach abschalten. Von dem Moment an, an dem Simesky vorhin Augenkontakt mit ihr aufgenommen hatte, war ihr klar gewesen, dass er sie besser kennenlernen wollte, sofern die Umstände es gestatteten. Eines musste sie ihm hoch anrechnen. Er trug keinen Ehering, und sein erster Blick hatte ihrem Ringfinger gegolten; es konnte durchaus sein, dass er hier nicht bloß eine außereheliche Affäre suchte.
Er verströmte zudem ein gesundes, aber nicht übertriebenes Selbstbewusstsein. Ihn schüchterte nicht ein, dass sie fünf Zentimeter größer war als er, und er schämte sich weder für seine schmächtige Statur noch für das lichte Haar. (Ironischerweise trafen beide Attribute auch auf Jon
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