Die Angebetete
begeistert …« Seine Stimme erstarb, und ihm wurde klar, dass jetzt nicht der Moment war, sich Gedanken über die Wirtschaftslage im gebeutelten Fresno zu machen. »Ich sorge dafür.«
Zehn Minuten darauf rief Fuentes erneut an. Schon als er »Chief« sagte, wusste Dance, was folgen würde.
Madigan seufzte. »Und er ist ganz bestimmt nicht mehr da?«
»Es war eine frühe Vorstellung mit nur wenigen Besuchern. Ja, ich bin mir sicher.«
»Verflucht«, murmelte Stanning.
Doch Fuentes war noch aus einem weiteren Grund ziemlich kleinlaut. »Ich muss Ihnen noch was sagen … Während ich das Kino im Blick behalten habe, von diesem Restaurant aus …«
»Ja? Was war da?«, knurrte Madigan.
»Jemand hat meinen Wagen aufgebrochen.«
»Reden Sie weiter.«
»Ich habe nicht nachgedacht. Ich hatte eine Glock auf dem Rücksitz. In einem Kasten unter meiner Jacke. Ich weiß nicht, wie jemand die Waffe gesehen haben oder auch nur vermutet haben könnte, dass sie da liegt.«
Aus der Art und Weise, wie er diese Information freiwillig preisgab, erkannte Dance, dass die Pistole nicht versteckt gewesen war, sondern offen dagelegen hatte.
»Verdammte Scheiße!«, rief Madigan.
»Es tut mir leid. Ich hätte sie in den Kofferraum legen sollen. Aber sie war vollständig verdeckt.«
»Sie hätte bei Ihnen zu Hause bleiben müssen. Es ist Ihre Privatwaffe. Sie hätten sie gar nicht erst mitnehmen dürfen.«
»Ich wollte heute Abend auf den Schießstand«, jammerte der Deputy.
»Sie wissen, was ich nun tun muss, Gabe. Es bleibt mir gar keine andere Wahl.«
»Ich weiß. Sie wollen meine Dienstwaffe und die Marke?«
»Ja, leider. Ich lasse den Papierkram noch heute erledigen. Die Anhörung wird so schnell wie möglich stattfinden, aber drei oder vier Tage dürfte es mindestens dauern. Bis dahin sind Sie vom Dienst suspendiert.«
»Es tut mir leid.«
»Liefern Sie die Sachen hier ab.« Er drückte die Taste des Lautsprechers und beendete damit das Gespräch.
»Das könnte eine der Gangs gewesen sein«, sagte Harutyun mit seiner leisen, unaufgeregten Stimme.
»Das war keine der Gangs«, fuhr Madigan ihn an. »Das war unser beschissener Stalker. Wenigstens wird er für lange, lange Zeit in den Bau wandern, wenn wir die Waffe bei ihm finden. Zum Teufel, dieses Arschloch ist wirklich gerissen. Er hat nicht nur Fuentes großen Ärger und eine Suspendierung eingebracht, sondern obendrein eine hübsche große Kanone erbeutet.«
Dance musterte das Blatt mit dem Liedtext, das an einer schiefen Pinnwand hing.
»Wo wird er zuschlagen? Ein Fluss … ein Fluss.«
»Und wer soll sein nächstes Opfer sein?«, fügte Crystal Stanning hinzu.
23
»Mary-Gordon, bleib da weg. Hast du das Schild denn nicht gesehen?«
»Es bewegt sich doch gar nicht, Mommy«, wandte die Sechsjährige ein. Suellyn Sanchez dachte bei sich, wie überaus logisch das doch war. Das Warnschild am Gepäckband besagte: Vorsicht bei laufendem Band!
»Es könnte aber jede Sekunde anfangen.«
»Wenn das Licht angeht, kann ich doch herunterspringen.«
Manchmal konnte sie wirklich aufsässig sein.
Mutter und Tochter befanden sich im Ankunftsbereich des Flughafens Fresno-Yosemite. Ihre Maschine aus Portland war zwanzig Minuten vor der angekündigten Zeit gelandet. Suellyn hielt nach der Mitfahrgelegenheit Ausschau, konnte aber noch niemanden entdecken und drehte sich wieder zu dem Mädchen um. »Und es ist verdreckt. Du wirst dir dein Kleid schmutzig machen.«
Auch dieses Risiko schien sie nicht sonderlich abzuschrecken. Doch es genügte ein einziges »Mary-Gordon …!« in einem bestimmten Tonfall, mit dieser ganz besonderen Betonung, und die niedliche Blondine gehorchte sofort. Komisch, dachte Suellyn, sie und ihr Mann krümmten dem Kind nie auch nur ein Haar, sie drohten nicht einmal damit, ihr den Hintern zu versohlen, und doch benahm ihre Tochter sich viel besser als die Kinder der Nachbarn, die regelmäßig gezüchtigt wurden – alles im Namen einer »ordentlichen« Erziehung.
Sadisten, dachte sie.
Und ermahnte sich dann zu mehr Gelassenheit. Bobby Prescotts Tod hatte ein Leichentuch über alles gebreitet. Und wie Kayleigh sich wohl hielt? Sie und Bobby hatten einander sehr nahegestanden, und Suellyn wusste, dass ihre kleine Schwester von dem Verlust schwer getroffen sein musste.
Das arme Ding …
Und dazu noch die Möglichkeit, dass er umgebracht worden war.
Vielleicht von diesem widerlichen Stalker, der Kayleigh schon seit einigen Monaten belästigte.
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