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Die Angebetete

Die Angebetete

Titel: Die Angebetete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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als Wachmann oder Verkäufer zu arbeiten. Edwin war irgendwie romantisch, und er war zuverlässig. Er hat nicht getrunken, und das Rauchen hat er während unserer gemeinsamen Zeit auch fast ganz aufgegeben.«
    »Demnach hat er früher geraucht«, sagte Dance und musste an den Beobachter vor ihrem Motel denken.
    »Ja, aber nur wenn er unter Stress stand. Also, er hat mich verlassen, und mir ging es zwei Monate lang ziemlich dreckig.«
    »Hat er jemand Neues gefunden?«
    »Nicht wirklich. Er hatte wohl ein paar Verabredungen, aber ich weiß nicht, mit wem. Wir haben den Kontakt verloren.«
    »Eine letzte Frage. Haben Sie jemals erlebt, dass er gewalttätig wurde oder die Kontrolle über sich verloren hat?«
    Eine Pause. »Ja, habe ich.«
    »Schildern Sie es mir.«
    »Okay«, sagte Sally. »Edwin und ich und eine Freundin von mir waren unterwegs, und da ist uns ein Betrunkener begegnet. Der war wirklich total besoffen. Und er hat uns Schlampen genannt. Da ist Edwin zu ihm hingegangen und hat ihn angebrüllt: ›Entschuldige dich gefälligst, du Arschloch, und zwar sofort.‹ Und das hat der Kerl dann auch gemacht.«
    Dance wartete. »Das war alles? Er hat den Mann nicht verprügelt?«
    »O nein, so etwas würde Edwin niemals tun. Ich meine, er sieht ganz schön Angst einflößend aus, sicher. Die Augenbrauen, Sie wissen schon. Und er ist groß. Aber er würde niemandem je ein Haar krümmen. Sehen Sie, es gibt so vieles, dessen Edwin sich einfach nicht bewusst ist. Verstehen Sie, was ich sagen will? Er ist in gewisser Weise wie ein Kind. Das macht ihn ja gerade so charmant.«
    Wohl kaum eines der Worte, die Dance benutzt hätte. Aber sie hatte es aufgegeben, verstehen zu wollen, was manche Partner aneinander fanden.
    Sie dankte der jungen Frau und beendete das Gespräch. Dann notierte sie sich eine Zusammenfassung der Unterredung. Also, was sagt uns das? Eine relativ normale Beziehung mit einer Frau bedeutete nicht, dass er bei einer anderen nicht zum Stalker werden könnte. Aber Stalker sind Gewohnheitstäter. Dass Sally, die fast ein Jahr mit ihm zusammen gewesen war, teils sogar unter einem Dach, keinerlei Warnzeichen wahrgenommen hatte, war von Bedeutung.
    Andererseits hatte er durchaus einige obsessive Verhaltensweisen an den Tag gelegt, wenn es um Musik und bestimmte Künstler ging.
    Doch das galt auch für sie selbst, musste Dance sich eingestehen. Wie sonst erklärte sich ihre Reise zur Casa de Villalobos mit ihrem Rekorder – mitten ins schöne Fresno, und das ausgerechnet während der Hundstage im September?
    Nachdem ein weiterer verstohlener Kontrollblick zum Park noch immer keinen rauchenden Beobachter enthüllt hatte, ging Dance unter die Dusche. Sie trocknete sich ab und schlüpfte in den Bademantel des Hotels, den sie laut Schild auch gern erwerben konnte – für nur 89,95 Dollar.
    Dann machte sie es sich in dem breiten Bett gemütlich. Wer brauchte schon den Ausblick auf schneebedeckte Gipfel, wenn es so bequeme Möbelstücke gab?
    Sie wünschte sich Jon Boling herbei. Und sie dachte an den Wochenendausflug zurück, den sie kürzlich nach Ventana unternommen hatten, jenen wunderschönen, surrealen Urlaubsort in den Klippen bei Big Sur, südlich von Carmel. Die Reise hatte einen echten Meilenstein bedeutet, denn Kathryn hatte den Kindern zum ersten Mal mitgeteilt, dass sie und Boling über Nacht wegbleiben würden.
    Ansonsten hatte sie nichts über den Ausflug erzählt, und die Ankündigung war weder bei Wes noch bei Maggie auf irgendein Interesse gestoßen. Allerdings waren die beiden wohl noch nicht alt genug, um die eigentliche Bedeutung zu erfassen. Dennoch stellte die gelangweilte Reaktion einen gewaltigen Sieg für Dance dar, die angesichts der Tatsache, dass Mom mit einem anderen Mann wegfuhr, weitaus Schlimmeres befürchtet hatte. Die größten Sorgen machte sie sich um Wes; Maggie hingegen wollte, dass ihre Mutter wieder heiratete (und hatte verkündet, sie würde die Trauzeugin sein; Blumenmädchen reichte ihr nicht).
    Das Wochenende war herrlich gewesen, und Dance hatte erfreut festgestellt, dass ihr letztes Hemmnis aus der Zeit der Witwenschaft – das Unbehagen, Intimität zuzulassen – sich endlich verflüchtigte.
    Und nun hätte sie Boling gern hier bei sich.
    Und fand es seltsam, dass sie seit zwei Tagen nicht miteinander gesprochen hatten. Sie hatten sich gegenseitig Nachrichten hinterlassen, aber keiner hatte den anderen direkt erreicht, immer nur die Mailbox. Dance nahm an einer

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