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Die Angst der Boesen

Die Angst der Boesen

Titel: Die Angst der Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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quietschte Lilly erschrocken und versuchte, ihn von Paul wegzuziehen. »Was ist denn heute los mit euch allen?«
    »Geht dich nichts an«, fauchte Ilkay und sah im gleichen Moment Sven die Treppe hochkommen. Der erfasste die Situation sofort, schoss heran und keilte Paul von der anderen Seite ein.
    »Will er auspacken?«
    Eine Sekunde zögerte Ilkay mit der Antwort. Was vor einer knappen Stunde passiert war, hätte er sich nicht zugetraut. Sven hatte ihn einfach mitgerissen. Wie ein Sog war das gewesen. Ilkay wusste nicht, woher plötzlich seine Wut gekommen war. Er wusste nicht, ob er das alles wirklich gewollt hatte, er wusste nur, es war passiert. Wenn die Gruppenzusammensetzung nicht so ungünstig gewesen wäre, wenn Lilly und Levent nicht gefehlt hätten und Sven stattdessen in der Jugendherberge geblieben wäre – vielleicht wäre dann gar nichts weiter gewesen.
    »Lasst Paul in Ruhe!« Lilly drängte sich zwischen die Jungs.
    »Halt du dich raus, du hast damit nichts zu tun«, herrschte Sven sie an.
    »Ich hab schon was damit zu tun. Ich hab was von dem Blut abgekriegt.«
    »Und?«, fragte Sven begriffsstutzig.
    »Was wohl«, zischte Lilly, »wegen Aids.«
    Sven guckte immer noch blöde, als würde er’s so schnell nicht raffen. Er war ja auch nicht in der Lage, eine analogeUhr zu lesen, und als Ebru letztens in Kunst einen Kirschbaum gemalt hatte, hatte Sven doch tatsächlich gefragt, ob Kirschen auf Bäumen wachsen.
    »Der hatte kein Aids«, entschied Sven jetzt, packte Lilly rigoros an den Armen und beförderte sie ins Treppenhaus. Sie schrie und schlug mit den Fäusten gegen das Ribbelglas. Sven aber stemmte sich einfach gegen die Tür, sodass sie sie nicht aufbekam.
    »Was machen wir?«, fragte er Ilkay ruhig.
    »Paule soll die Klappe halten, dann ist’s gut«, antwortete er. Er war immer noch wütend, aber die Lust auf einen neuen Gewaltausbruch war ihm vergangen. Auch er hatte einen Blutspritzer abbekommen. Ausgerechnet an dem Arm mit der Wunde. Kurz vor der Fahrt war er beim Fußball gefoult worden. Wenn das Blut nun direkt ...
    »Wirst du was erzählen, Paule?«, fragte Sven und lächelte kalt. »Kann mir gar nicht vorstellen, dass du das machen willst, oder? Du hängst schließlich mit drin oder seh ich das falsch?«
    »Ich sag nichts«, piepste der.
    »Schwule Sau.« Ilkays Wut kam mit Macht zurück. Paul hätte auf dem Friedhof eins auf die Nase kriegen sollen und nicht dieser Typ, den keiner kannte. Wäre der nicht aufgetaucht, wäre jetzt alles in schönster Ordnung.
    Mittlerweile hatte Lilly mit ihrem Radau auch noch die Lehrer aufgescheucht. Frau Hoffmann kam die Treppe raufgeschnauft, dicht gefolgt von Herrn Gralla.
    Vor dem Sportlehrer hatten alle Respekt. Er war streng, aber fair und ging außerdem in seiner Freizeit boxen. Es hieß, bevor er an die Schule kam, hätte er eine Weile ein Fitnessstudio betrieben.
    »Was ist denn hier los?« Herr Gralla hatte die Tür im Nu aufgerissen und sah Sven, Paul und Ilkay an. »Kann die Lillysich nicht für einen von euch harten Kerlen entscheiden oder warum macht die so ’n Geschrei?«
    Ilkay grinste. Der Gralla war okay, obwohl Paul nun wirklich nicht zu den harten Kerlen gehörte, nicht mal zu den Männern.
    Sven sagte: »Lilly hat sich für mich entschieden.«
    Paul sagte nichts, war bleich und hatte Schweißtropfen auf der Stirn.
    Herr Gralla wandte sich Lilly zu: »Meine Lieblingsschülerin«, sagte er ironisch.
    Lilly streckte ihm die gepiercte Zunge raus. »Ihre Machosprüche können Sie sich sparen. Beschützen Sie lieber Ihre Schüler.«
    »Gibt’s dafür ’nen Grund?«
    »Momentan noch nicht.« Sie griff nach Pauls Hand und zog ihn aus der Gefahrenzone. »Kann aber noch kommen.«
8
    Gerd würde nicht zulassen, dass die Jugendlichen so einfach aus der Sache herauskämen.
    Sie dachten wohl, es reiche, seine Anrufe nicht anzunehmen und das Handy auszuschalten, dann würde er schnell aufgeben und das Geld, das er dafür ausgegeben hatte, als verloren abschreiben. Sie dachten, sie bräuchten nur stur zu bleiben, dann wären sie unauffindbar. Sie dachten, sie könnten ihn einfach abtropfen lassen. Sie irrten sich.
    Hier ging es um viel, viel mehr als um den Diebstahl.
    Es ging sogar um mehr als um Martin. Es ging um Gerds Ehre.
    Mit dem Finger auf der Wiederwahltaste lief Gerd in seinem Wohnzimmer auf und ab. Der Schweiß auf seinemRücken war bald getrocknet. Kühle Luft strömte ins Zimmer, aber er fror nicht, er war in Rage.
    Der Anruf bei

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