Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Angst der Boesen

Die Angst der Boesen

Titel: Die Angst der Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
Vom Netzwerk:
das dein Neuer?«
    Jetzt strahlte ihre Freundin sie an, als hätte sie vergessen, dass sie sich gerade eben noch gestört gefühlt hatte. »Ich hoff ’s«, sagte sie und ballte die Fäuste, als wollte sie sich selbst die Daumen drücken. »Aber sicher bin ich noch nicht.«
    »Na, viel Glück. Aber meinst du, der passt zu dir? Wie alt ist der überhaupt?«
    »Was interessiert mich das?! Ich will Jan-Olli ja nicht heiraten.«
    »Klar«, antwortete Tatjana lakonisch und dachte zum hundertsten Mal, wie verschieden sie doch waren. Außerdem war sie enttäuscht, denn sie hatte noch nicht mal gewusst, dass Lilly auf ihren Trainer stand. Sie war einfach keine Freundin für Lilly, auch wenn sie sich schon lange kannten und in der Schule nebeneinandersaßen – die wichtigen Dinge und Geheimnisse teilte sie nicht mit Tatjana. In Liebesangelegenheiten hatte Lilly ihr praktisch noch nie etwas erzählt, was nicht sowieso alle wussten. Bis auf dieses verfluchte einzige Mal, am letzten Abend der Klassenfahrt, als Lilly Tatjana anvertraut hatte, was alles in ihrem Leben schiefgegangen war, seit ihre Mutter vor vier Jahren einen Freund namens Richie mit nach Hause gebracht hatte. Tatjana war natürlich in erster Linie geschockt gewesen – so was Widerliches gab es also nicht nur im Fernsehen –, aber dass Lilly Richies Sachen eines Abends in den Hinterhof geschafft, auf einen Haufen geschichtet und angezündet hatte, hatte Tatjana auch umgehauen. Sie fand es wahnsinnig und bewundernswert zugleich, wie ihre Freundin sich gewehrt hatte. Sie selbst wäre in der gleichen Situation wohl einfach nur total zusammengebrochen. Sie hatte ja schon versagt, als Lilly sich ihr anvertraut hatte.
    Nur nicht wieder an diesen Abend denken! Schlimm genug, dass sie heute schon einmal daran erinnert worden war, nämlich von Paul.
    Sie gingen ins Haus. Oben im zweiten Stock lehnte Leon in der offenen Wohnungstür und sah ihnen entgegen. Tatjanas Herz machte einen Hüpfer, wie immer, wenn sie Leon sah. Sie war noch genauso verliebt in ihn wie am Anfang – trotz allem, was auf der Klassenfahrt passiert war. Sie glaubte fest daran, dass sein Gewaltausbruch ein einmaliger Ausrutscher gewesen war.
    »Hi, Bär«, flötete sie. »Wartest du schon sehnsüchtig? Der Bus hatte Verspätung, stand im Stau. An der Bahnunterführung ist einer vor ’nen Zug gesprungen.«
    »Wow.« Lilly schleuderte ihre Sporttasche in eine Ecke des Flurs. »Schade, dass ich das nicht mitgekriegt hab.«
    »Ich hab gehört, es war einer in unserem Alter«, entgegnete Tatjana pikiert.
    »Jemand, den wir kennen?«, fragte Leon und gab ihr einen kurzen Kuss.
    »Glaub ich nicht«, sagte Tatjana, während sie sich die hohen Schuhe auszog. »Wer sollte das sein? Höchstens Paul, aber der ...«
    »Häää?«, rief Lilly und sprang so wild auf Tatjana zu, dass sie, gerade auf einem Bein stehend, vor Schreck fast gestolpert wäre. »Wieso sollte Paul das machen?«
    Tatjana fing sich wieder und wurde nun selbst wütend. Lillys wechselnde Launen gingen ihr gehörig auf den Keks. »Vielleicht, weil ihr beiden Stress habt«, antwortete sie und streifte den Schuh ab. »Vielleicht, weil du mit Sven und deinem Trainer gleichzeitig rummachst und dein armer Paule eifersüchtig ist. Was weiß ich denn?! Vielleicht ist er sogar der Blödmann, der die ganzen Fotos geklaut hat.«
    »Welche Fotos?«, fragten Leon und Lilly gleichzeitig, aber Tatjana stürmte an ihnen vorbei in die Küche, sah Leons Bierflasche auf dem Tisch stehen und nahm erst mal einen gehörigen Schluck. Diese Frau war einfach anstrengend.
    »Süße«, sagte Leon, trat zu ihr und küsste sie, »lass dich von meiner kleinen Schwester nicht ärgern.«
    »Keine Sorge, Bär. Die kann mich gar nicht ärgern, weil mir eh scheißegal ist, was mit der ist und was die macht«, sagte Tatjana beleidigt.
    »Dann ist ja gut.« Noch ein Kuss. »Und was war jetzt mitden Fotos?« Leon war guter Laune, stellte für sie und Lilly Bier, Wasser und Apfelsaft auf den Küchentisch.
    »Habt ihr noch nichts davon gehört? Ich meine die Fotos von der Abschlussfahrt. Da hing doch dein großes Plakat, Lilly, in der Pausenhalle. Als Aileen und ich gestern nach der letzten Stunde da vorbeigegangen sind, waren vier Fotos und die Klassenliste für die Nachbestellungen abgerissen. Ich hab das heute beim Bewerbungstraining im Arbeitsamt total vielen Leuten erzählt – sitzt ihr eigentlich auf euren Ohren? Also mich hat das geärgert. Ich hab auch überlegt, wer es

Weitere Kostenlose Bücher