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Die Angst der Boesen

Die Angst der Boesen

Titel: Die Angst der Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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sie, weil sie vermuteten, dass sie über ihren Kontakt zu Svens Eltern als Erste an neue Informationen käme.
    Um fünf entwarfen Lilly, Tatjana, Ebru und Frau Hoffmann im Kunstraum einen Nachruf für Sven, der als Einlegeblatt noch ins Jahrbuch kommen sollte. Lilly und Tatjanaschrieben mit der Hilfe der Lehrerin den Text und sahen danach zu, wie Ebru das Blatt mit Ranken aus weinenden Rosen verzierte.
    Es herrschte eine merkwürdige Anspannung. Zeitweise war es so still im sonnenaufgeheizten Raum, dass man nur das schabende Geräusch von Ebrus Filzstift hörte.
    Das Eis, das Silke Hoffmann den Mädchen spendierte, schien auch keiner von ihnen richtig zu schmecken. Tatjana ließ ganz gegen ihre Gewohnheit die Hälfte stehen, Lilly schlang es so herunter, dass sie eine Schlinderbahn im Bauch hatte und sich wieder vollends schlecht fühlte, weil sie an Jan-Ollis harsche Abfuhr denken musste. Ebru hatte erst gar kein Eis haben wollen.
    Silke Hoffmann tigerte immer wieder zum Fenster, um nach draußen zu blicken.
    »Warten Sie auf jemanden?«, fragte Ebru.
    »Nein, ich bin nur unruhig«, sagte Silke Hoffmann ein bisschen zu schnell. »Svens Tod geht mir eben auch sehr nahe. Sonst wäre ich nicht hier.«
    »Obwohl er Sie dauernd geärgert hat?«, fragte Lilly misstrauisch.
    »Ach, der konnte mich gar nicht ärgern. Ich wusste ja, dass seine Provokationen nicht persönlich gemeint waren.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher.« Auf einmal verspürte Lilly Lust, Frau Hoffmann zu piesacken. »Er hatte so seine Meinung über Sie. Wollen Sie die mal hören?«
    Tatjana, die ganz versonnen Ebru zugesehen hatte, hob den Kopf. Ebru hörte auf zu zeichnen, sah Lilly warnend an.
    »Wollen Sie?«, fragte Lilly noch einmal, weil die Lehrerin nicht geantwortet hatte.
    »Nein, danke.« Silke Hoffmann schüttete den Kopf.
    Irgendwas an ihrer Art erinnerte Lilly an ihre Mutter. Diewar auch oft überbesorgt-schleimig und dann wieder hinterhältig-unehrlich.
    Ihr Wunsch, der Lehrerin eins auszuwischen, wurde stärker.
    »Ich sag’s Ihnen trotzdem: Sven hielt Sie für eine frustrierte alte Jungfer, die sich an uns ranschmeißt, weil sie keinen Mann und keine Familie hat. Er hat gesagt ...«
    Weiter kam Lilly nicht. Silke Hoffmann schoss heran und packte sie hart an den Schultern.
    »Hey«, sagte Lilly, »nicht so stürmisch!«
    »Du hast richtig gut zu ihm gepasst, Mädchen, weißt du das?«
    War es Frau Hoffmanns zornerfüllter Blick oder war es die Bemerkung selbst, die sie fertigmachte – Lilly wusste es nicht.
    Ohne Vorwarnung schossen ihr auf einmal die Tränen in die Augen.
    Nein, dachte sie, ich hab nicht zu ihm gepasst. Ich komme mit solchen Leuten zurecht, weil ich nur solche Leute kenne, weil schmierige Typen wie Richie in meinem Leben rumgetrampelt sind und feine Pinkel wie Jan-Olli mich nicht haben wollen, aber ich hab nicht zu Sven gepasst.
    »Ich bin anders, anders«, schrie sie die Lehrerin an, »Sie wissen nicht, wie ich bin, Sie haben keine Ahnung!«
    »Ach so, du bist eigentlich ganz anders, Lilly, aber du hast so selten Gelegenheit dazu, was?«, fragte Silke Hoffmann ironisch. »Wenn du nicht willst, dass ich mich in dein Leben mische, dann halt dich auch aus meinem raus.«
    »Okay«, sagte Lilly leise. Ein Punkt für die Hoffmann, aber die Partie war noch nicht zu Ende, das schwor sich Lilly ganz fest.
    Frau Hoffmann ging wieder zum Fenster, schwieg, stießdann laut die Luft aus, als müsse sie Dampf ablassen, und zündete sich eine Zigarette an – im Schulraum.
    Tatjana hatte Mund und Augen eh schon aufgerissen, Ebru staunte auch, blieb aber gelassener, zog nur eine Braue hoch und zeichnete weiter.
    In diese aufgeladene Stille platzten Ilkay und Levent.
    »Neuigkeiten?«, fragte Ilkay automatisch.
    Alle vier schüttelten die Köpfe.
    »Rauchen ist im Schulgebäude verboten«, sagte Levent.
    Silke Hoffmann drehte sich um und hielt ihm wortlos ihre Schachtel hin, sodass er sich auch eine herausziehen konnte.
    Begeistert griff er zu. »Seit wann gibt’s das denn?«
    »Offiziell geht das gar nicht«, sagte Ebru ernst, aber Levent lachte und beugte sich über sie. »Schön gemalt, echt.«
    »Danke.«
    Auch Ilkay sah sich Ebrus kleines Werk an, sagte aber nichts. Lilly ahnte schon lange, dass Ilkay nicht nur Ebrus Zeichnungen gefielen.
    Ilkay würde im Gegensatz zu Lilly Glück in der Liebe haben, denn er gefiel Ebru auch. Sie hatten nur noch keinen Weg gefunden, es sich gegenseitig zu zeigen.
    Um auf andere Gedanken zu

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