Die Angst der Woche

überdurchschnittlich viele weiße oder mexikanischstämmige und damit überproportional leukämieanfällige Menschen. Außerdem ist San Diego die viertreichste Stadt der USA und die größte Marinebasis auf der ganzen Welt mit einer überdurchschnittlich hohen Zahl von Menschen, die dort jährlich hin- oder wegziehen. Und wem das alles noch nicht reicht: Das Kraftwerk liegt mehr als 200 Kilometer von den Menschen entfernt, die es angeblich mit Strahlen verseuchen soll.
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    San Diego County und das San-Onofre-Kernkraftwerk
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    Also schließen wir mal das Kraftwerk San Onofre, das nun wirklich nicht für die unbestreitbare Häufung von Leukämie in San Diego zuständig ist, von der weiteren Betrachtung aus. Und für England zählen wir, wie auch für alle anderen untersuchten Länder, alle Fälle von akuter Leukämie, nicht nur wie Greiser die Fälle von akuter myeloischer Leukämie. Diese Daten sind in dem Fachjournal Radiation Protection Dosimetry im Jahr 2008 veröffentlicht und standen grundsätzlich auch Greiser zur Verfügung. Und für Deutschland ergänzen wir den obigen Datensatz um neuere Erkenntnisse aus dem Deutschen Ärzteblatt International 2008 (übrigens von fast denselben Autoren, die auch die ursprünglichen Greiser-Daten geliefert hatten). Diese Daten sind nicht willkürlich ausgewählt, sondern stellen für jedes Land die aktuellsten derzeit verfügbaren Datensätze dar. Die folgende Tabelle zeigt das Ergebnis:
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    Tatsächliche und erwartet Fälle von Leukämie bei Kindern unter fünf Jahren, Version 2
Land
Kernkraftwerke
Erwartete
Fälle
Tatsächliche
Fälle
Kanada
2
48
58
Frankreich
19
108
114
Deutschland
15
624
619
Großbritannien
13
375
360
USA
23
1068
1031
Zusammen
72
2223
2182
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    Wie wir sehen, gibt es auf einmal in der Nähe von Kernkraftwerken nicht mehr Leukämiefälle, als zu erwarten waren, sondern 41 Fälle weniger. Was kann die ganze verkorkste Debatte zu diesem Problem besser beleuchten als die völlige Unmöglichkeit, sich etwa eine ARD-»Tagesthemen«-Sendung vorzustellen, die mit der Meldung aufmacht: Entwarnung, falscher Alarm, Kernkraft schützt vor Leukämie!
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    Literatur:
    H.-P. Beck-Bornholdt und H.-H. Dubben: Unausgewogene Berichterstattung in der medizinischen Wissenschaft  – publication bias , Hamburg 2004 (Institut für Allgemeinmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf)
    E. Greiser: Leukämie-Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in der Umgebung von Kernkraftwerken in fünf Ländern, Gutachten für Bündnis 90/Grüne (2009), siehe http://www.gruene-bundestag.de/cms/archiv/dokbin/302/302 113.studie_leukaemie-risiko.pdf
    W. Krämer und R. Runde: »The holiday effect: yet another capital market anomaly?«, in S. Schach und G. Trenkler (Hrsg.): Data analysis and statistical inference: Festschrift in honour of Friedhelm Eicker , Bergisch-Gladbach 1992 (Eul-Verlag), S. 453 – 462
    W. Krämer und G. Arminger (2011): »True believers, or numerical terrorism at the nuclear power plant«, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik
    R. D. Neth: »Kinderleukämie in der Elbmarsch: Plädoyer für eine sachliche Argumentation«, Deutsches Ärzteblatt, Jg. 106 (2009), Heft 30, 24. Juli 2009
    L. A. G. Ries, M. A. Smith, J. G. Gurney, M. Linet, T. Tamra, J. L. Young und G. R. Bunin: Cancer Incidence and Survival among Children and Adolescents: United States SEER Program 1975 – 1995, National Cancer Institute 1999, Bethesda, MD

10 Wege und Irrwege der Epidemiologie
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    Â»Schnuller als IQ-Killer. Wer als Säugling am Schnuller saugt,
hat als Erwachsener einen niedrigeren IQ.«
    Die Nachrichtenagentur Associated Press
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    Viele Schlagzeilen, die ich im ersten Kapitel als Beispiele für Panikmache aufgelistet habe, gehen auf epidemiologische Studien zurück: Allergieauslöser Verkehr, Asthma durch Raumspray, Ausdauersport begünstigt Herzrhythmusstörungen, Autos lösen Allergien aus, warme Autositze schlecht für Sperma, Brustkrebs durch Flatrate-Trinken, erhöhter Blutdruck durch Fluglärm, dicke Freunde machen dick, Fernsehen schadet Kleinkindern, Fluglärm schadet dem Herz, gefährliche Überstunden, Hochspannungsleitungen erhöhen Alzheimer-Risiko, Infarktrisiko