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Die Angst des wei�en Mannes

Titel: Die Angst des wei�en Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Scholl-Latour
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Zuversicht. Aber über der staubigen, leerenSenke von Burana, unter dem gelbgestreiften Abendhimmel, lastete eine unbeschreibliche Schwermut, die durch Jahrtausende erneuerte Gewißheit menschlicher Vergänglichkeit.
Rußland wird am Hindukusch verteidigt
    Welches die exakten Aufgaben des etwa fünfzigjährigen Amerika ners sind, der mir in seinem nüchternen, mit Landkarten tapezier ten Büro eines Studienzentrums für Zentralasien gegenübersitzt, soll hier gar nicht ergründet werden. Die Diskretion gebietet zu dem, daß ich ihn nur unter dem Namen »Francis« erwähne. Die ser »quiet American« ist in keiner Weise mit dem Agenten Pyle zu vergleichen, dem Graham Greene in seinem Indochina-Roman ein unrühmliches Denkmal gesetzt hat. Francis wäre für abenteuer liche Komplotte nicht zu haben gewesen.
    Er beeindruckt mich durch seine Sachkenntnisse und seine angel sächsische Gelassenheit. »Ich versuche vergeblich, die Behörden in Washington auf die sich rapide verschlechternde Situation hinzu weisen, die in den ehemaligen Sowjetrepubliken Zentralasiens zu verspüren ist und demnächst auch auf den Norden Afghanistans übergreifen dürfte«, beginnt er das Gespräch, »aber Sie haben mit Ihrer Berichterstattung vermutlich ähnliche Probleme.«
    Die zunehmende Gewalttätigkeit gehe im wesentlichen vom Fer gana-Tal aus, wo gleich vier Staaten – Usbekistan, Tadschikistan, Kirgistan und Kasachstan – aufeinanderstoßen. In letzter Zeit sei die überlieferte Feindseligkeit zwischen den Kirgisen, die mehr heitlich im Norden der Republik von Bischkek siedeln, und den Ui guren, die im südlichen Umfeld von Osch für Unruhe sorgen, wie der vehement aufgeflammt. Seit der Präsident Usbekistans, Islam Karimow, vor vier Jahren unter den meuternden Einwohnern der Stadt Andijan ein Blutbad anrichtete, hätten zahlreiche Islamisten dieser Region in der kirgisischen Nachbarschaft Zuflucht gesucht.
    Icherwähne einen früheren Besuch in der Fergana-Ortschaft Namangan, die als traditionelles Zentrum religiöser Auflehnung unter besonders strenger Überwachung durch den Repressionsap parat des ehemaligen Parteisekretärs Karimow steht. Die jungen Mudjahidin aus Usbekistan, die sich in der »Partei der Befreiung – Hizb-e-tahrir« sammeln, hatten – auf seiten der Taleban kämp fend – bei den amerikanischen Flächenbombardements von 2001 in ihren Abwehrstellungen rund um Kundus schwere Verluste er litten.
    Die Überlebenden und Neuanhänger haben sich seitdem in den unzugänglichen Stammesgebieten Nordpakistans neu gruppiert. Emissäre der koranischen Revolution sind neuerdings auch in Kir gistan aktiv. Zusätzliche Spannungen gehen von Tadschikistan aus. Dort seien die Wunden des fürchterlichen Bürgerkrieges, der zwi schen Exkommunisten und Islamisten, zwischen den Clans der Ku labi und der Gharmi getobt hatte, längst nicht verheilt. In gewissen Gebirgsfestungen hätten sich bereits Inseln des Widerstandes ge gen das Regime des Altkommunisten Rachmonow formiert.
    »Die Gefahr chaotischer Zustände in Tadschikistan sollte den Deutschen zu denken geben«, betont Francis und zeigt auf eine Landkarte. »Der von der Bundeswehr abgesicherte Sektor Nord afghanistans ist von dem neuen Unruheherd in Tadschikistan nur durch den Flußlauf des Pjandsch getrennt, und dann sind noch knapp fünfzig Kilometer vorzüglicher Asphaltstraße zurückzule gen, um zu dem neuralgischen Punkt der deutschen Armeepräsenz, zum Stützpunkt von Kundus, vorzudringen.«
    Ich hatte diese Strecke, deren Ausbau durch chinesische Kon traktfirmen durchgeführt wurde, noch drei Jahre zuvor befahren, ohne an eine spezielle Gefährdung durch Taleban-Überfälle zu denken. Aber das hat sich wohl seitdem gründlich geändert, und bei der exzessiven Behutsamkeit, die sich die Bundeswehr in ihrem Sektor zwischen Masar-e-Scharif und Faizabad auferlegt, dürften nur noch in Ausnahmefällen gepanzerte Konvois mit dem Balkenkreuz entlang dieser strategisch eminent wichtigen Grenzzone pa trouillieren.
    »Dasind wir nun in der absurden Situation«, fährt der Amerika ner mit der ihm eigenen skeptischen Gelassenheit fort, »daß die beiden letzten Staatswesen der weißen Menschheit, die notfalls noch in der Lage wären, ein mächtiges, teilweise gigantisches Mi litärpotential gegen die geballte Wucht Asiens aufzubieten, einen stupiden Bruderkrieg untereinander austragen.« Unter Vernach lässigung ihrer existentiellen geostrategischen Interessen in dieser Weltregion,

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