Die Angst des wei�en Mannes
Uniform, die wohl der Himmelskönigin dan ken wollten, dem tückischen Buschkrieg von Angola unverletzt ent kommen zu sein.
Am Rande des Heiligtums sammelten sich zahlreiche Gläubige vor einer kleinen Kapelle im russisch-orthodoxen Stil. Dort wurde angeblich das Original der Schwarzen Madonna von Kazan auf bewahrt, das auf wunderbare Weise in den Besitz der römischen Kirche gelangt war. Dieses Bild der Gottesmutter hatte die Heer scharen Iwans des Schrecklichen geleitet, als er zur Eroberung des muselmanischen Khanats von Kazan an der Mittleren Wolga aus holte und dem endlosen Tataren-Joch über das Heilige Rußland ein Ende setzte.
Als Papst Johannes Paul II. dieses Sinnbild prawoslawischer Frömmigkeit, das auch von den lateinischen Christen verehrt wird, dem russischen Patriarchen Alexej II. zurückerstatten wollte, stieß er auf schroffe Ablehnung der Ostkirche. Am Ende wurde die wun dertätige Ikone, so erfuhr ich im Kreml von Kazan, von den über wiegend muslimischen Behörden der Autonomen Republik Tatar stan in Empfang genommen und an die orthodoxe Hierarchie weitergeleitet. Eine seltsame mystische Verwirrung sprach aus die sem Vorgang, eine bizarre Legende der Gegenwart.
Wir erreichen das Hotel Timor rechtzeitig vor der nächtlichen Ausgangssperre.Am Portal unserer Herberge stehen die behelmten Männer der portugiesischen Guarda Nacional in ihrer schweren, schwarzen Montur wie Kriegergestalten der Renaissance reglos und wachsam auf Posten.
Die Geheimnisse des Jemeniten
Dili, im März 2008
Das Büro mit den Zementwänden sieht wie ein Bunker aus, und diesem Zweck soll es wohl auch dienen. Aber der geduckte, freund liche Mann läßt sich nicht anmerken, daß er ständig vom Tod be lauert wird. Mari Alkatiri ist ein Überlebender und weiß um seine prekäre Situation. Im Ernstfall würde das Dutzend Leibwächter, die sein einstöckiges Anwesen bewachen, von geringem Nutzen sein. Die Windschutzscheiben der drei Landrover, die hinter einer hohen Mauer geparkt sind, wurden durch Steinwürfe zertrümmert, und es mag ein geringer Trost für Alkatiri sein, daß es den Karossen der UNO-Repräsentanten oft nicht besser ergeht.
Um ein Treffen mit Staatspräsident José Ramon-Horta habe ich mich gar nicht bemüht. Dieser glattrasierte Intellektuelle, dessen Augen streng und eindringlich hinter der randlosen Brille funkeln, genießt den Ruf eines Cholerikers. Für die mühsamen Kompro misse des parlamentarischen Systems erscheint er denkbar ungeeig net. Der amtierende Ministerpräsident Xanana Guzmão, dessen trotziges Gesicht mit dem graumelierten Che-Guevara-Bart die Vorderseite des »Jornal Nacionale Semanàrio« ziert, läßt sich sys tematisch verleugnen, seit er nach dem fingierten Attentat des ver gangenen Monats ins Zwielicht geraten ist.
So habe ich mich mit dem dritten Mann im Staat, mit Mari Alkatiri, verabredet, zumal er ohnehin der interessanteste, gebildetste Politiker von Ost-Timor sein dürfte. Der Generalsekretär der Befreiungsfront FRETILIN vereinigt ein ganzes Knäuel von Wider sprüchenin seiner Person. Während der Annexion seiner Heimat durch Jakarta war er in die afrikanische Volksrepublik Mosambik aus gewichen. Von Maputo aus hatte er – gestützt auf das dortige pro sowjetische Regime – neben seiner Tätigkeit als Hochschuldozent unermüdlich für die Unabhängigkeit Ost-Timors agitiert. Daß es diesem Intellektuellen gelang, nach der Ausrufung der Republik von Dili im Mai 2002 das Amt des ersten Ministerpräsidenten zu übernehmen, erscheint im Rückblick extrem verwunderlich. Alkatiri gehört nämlich der winzigen muslimischen Minderheit an.
Den Amerikanern und den Australiern war der schlaue, undurch sichtige Exilpolitiker, der als Korangläubiger in einem zu 96 Pro zent katholischen Land über soviel Einfluß verfügt, von Anfang an nicht geheuer. Zudem hatte er sich in Mosambik wohl oder übel zu einem militanten Sozialismus bekennen müssen. Gewisse CIA-Agenten unterstellten ihm islamo-fundamentalistische Sympathien, ja, wer weiß, geheime Komplizenschaft mit dem Schreckgespenst El Qaida.
In Wirklichkeit ist Alkatiri, dessen FRETILIN bei der ersten Par lamentswahl einen überwältigenden Sieg davontrug, weder ein ver kappter Kommunist noch ein koranischer Fanatiker. Aber schon kurz nach seinem Amtsantritt sah er sich einer Serie von Überfäl len ausgesetzt. Nicht nur seine Residenz, auch die Häuser seiner Angehörigen wurden von Brandstiftern attackiert, deren Hinter männer
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