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Die Angst des wei�en Mannes

Titel: Die Angst des wei�en Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Scholl-Latour
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Neu-Pommern und Neu-Mecklenburg, den Bis marck-Archipel und die winzigen Eilande Mikronesiens und der Marianen umfaßten. Ausgedehnte Plantagen von Kokospalmen deuteten auf die rege Entwicklungsarbeit der damaligen weißen Herren hin.
    Jetzt befand sich die geschäftliche Tätigkeit von Lae überwiegend in chinesischer Hand. Mit den Chinesen, die in aller Stille, aber mit unendlichem Fleiß den paar Deutschen und den australischen Verwaltungsbehörden vorführten, daß auch hier die Stunde des weißen Mannesablief und das kolossale Übergewicht des asiatischen Kontinents auf diese äquatorialen Gestade überzugreifen begann, sei gut auszukommen, so berichteten die deutschen Geistlichen.
    Dagegen hätten die Japaner, die diesen Teil Neuguineas im Zwei ten Weltkrieg im Handstreich besetzt hatten, sich wie Barbaren auf geführt. Den deutschen Missionaren half es wenig, daß das Dritte Reich Hitlers mit dem Imperium des Tenno durch einen Militär pakt verbunden war. Sie wurden nicht viel besser behandelt als die feindlichen Angelsachsen – Amerikaner, Engländer und Australier –, deren die Eroberer aus Nippon habhaft wurden. Dennoch ist es den Nachkriegs-Japanern sehr bald gelungen, beim Abbau der Mineral-vorkommen auf dieser riesigen Insel wieder Fuß zu fassen.
    Das Schicksal Neuguineas und seiner melanesischen Einwohner, die sich im wesentlichen aus Papua-Völkerschaften zusammensetzen, war seit der Ankunft der europäischen Seefahrer einem absurden Lotteriespiel ausgeliefert. Wieder einmal waren es die Portugiesen, die im Jahr 1511 als erste Weiße in Neuguinea flüchtig anlegten und ihre Entdeckung »Ilhas de Papuas«, in Anlehnung an das malaiische Wort »Papuwah«, Insel der Kraushaarigen, der Struwwelköpfe würden wir sagen, benannten. Kurz danach meldeten die Spanier, von den Philippinen aus, Besitzansprüche an, bis am Ende wieder ein mal die Holländische Ostindienkompanie den Reibach machte und 1660 der Insel den endgültigen Namen »Neuguinea« gab.
    Erst im Jahr 1824 wurde die Westhälfte dem niederländischen Kolonialbesitz Insulindes offiziell zugeschlagen, während die Bri ten – später von ihren australischen Vettern abgelöst – den Ostteil für sich beanspruchten. Im Laufe des damals üblichen internatio nalen Schachers um die Aufteilung der Welt wurde schließlich auch den Kolonialgelüsten des wilhelminischen Reiches im Pazifik Rech nung getragen. Das nordwestliche Viertel Neuguineas wurde deut scher Besitz, bis 1914 australische Landungskräfte die winzige Schutztruppe des Kaisers entwaffneten.
    Die koloniale Ordnung von Europas Gnaden wurde jäh und radikal über den Haufen geworfen, als die Japaner Anfang 1942 auf Neuguinea landeten. Im westlichen, niederländischen Teil kam es zueiner Serie von Schlachten, die mit äußerster Erbitterung geführt wurden. Den Australiern gelang es, den Kokoda Trail und den Zugang zum strategisch wichtigen Hafen Port Moresby unter hohen Verlusten zu sperren. General MacArthur mußte eine Masse von 80 000 GIs aufbieten, um den Verwaltungssitz von Niederländisch-Neuguinea, damals »Hollandia«, heute Jayapura genannt, den Truppen des Tenno zu entreißen.
    Nach Kriegsende setzte eine sehr unterschiedliche Entwicklung ein. Während die Australier sich bald damit abfanden, ihrer Ein flußzone – inklusive des ehemals deutschen Territoriums – den Weg zur Unabhängigkeit zu öffnen, klammerten sich die Niederländer auch nach Preisgabe ihrer übrigen indonesischen Besitzungen an ihren Einfluß auf West-Neuguinea mit dem stichhaltigen Argu ment, daß die dortige stark christianisierte Papua-Bevölkerung den Anschluß an die Republik Indonesien, die überwiegend von islami sierten Malaien bewohnt war, vehement ablehnte.
    Es kam zu kleineren Kampfhandlungen, aber im August 1962 fügte sich die Regierung von Den Haag dem Druck Jakartas, bes ser gesagt den Pressionen der USA, die den unberechenbaren Machtfaktor Indonesien in ihr Bündnissystem zu integrieren such ten. Erleichtert wurde dieser »Verrat« an den holländischen Alli ierten durch die Bereitwilligkeit des Präsidenten Sukarno, ameri kanischen Grubenkonzernen bevorzugte Schürfrechte in den Gold- und Kupferminen von West-Neuguinea zu konzedieren.
    Als 26. Provinz Indonesiens trug »Irian Jaya«, später in »Papua« umbenannt, zu einem beträchtlichen Teil dazu bei, den Staatshaus halt von Jakarta zu finanzieren. Im Juli 1969 organisierten die Ver einten Nationen einen »Act of Free Choice« der

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