Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken
noch weg. „Das Einzige, wofür man mich jemals gerühmt hat, sind meine Fähigkeiten im Bett. Schön, dass ich nichts von meinem Talent eingebüßt habe.“
Sie ließ sich nicht abweisen. „Tut mir Leid, dich zu enttäuschen, aber der Mensch, den ich in dir sehe, ist nicht in erster Linie Potenzprotz. Was ich an dir mag, hat nichts mit sexueller Potenz zu tun.“
„Ich muss gehen.“
Er wollte sich abwenden, doch sie hielt sein Gesicht mit beiden Händen und zwang ihn, sie anzusehen. „Du hast so viele gute Eigenschaften. Du bist klug und ehrlich, moralisch und freundlich. Fürsorglich. Lustig. Loyal.“
„Klingt nach der Beschreibung eines Golden Retriever. Ich will niemandes Schoßhund sein, Anna. Nicht mal deiner.“
Finster blickend, wich sie zurück. „Warum bist du so zornig? Was habe ich Falsches gesagt?“
Er beugte sich hinunter und nahm seine Hose auf. „Ich hätte heute nicht herkommen sollen.“
„Aber du bist hier.“ Sie betrachtete ihn mit leicht zur Seite geneigtem Kopf und ahnte, was in ihm vorging. „Was hast du denn getan, was du nicht tun wolltest?“
Er schloss Hose und Gürtel. „Ich muss gehen.“
„Läufst du weg? Vor was, Malone? Vor mir oder vor der Wahrheit?“
„Das klingt spaßig von einer Frau, die ihr Leben damit verbracht hat, wegzulaufen.“
Das saß. Gekränkt wich sie weiter zurück. „Was wird das hier? Sagst du mir auf deine Art: ,Danke für den Spaß, Baby. Wir sehen uns irgendwann‘?“
„Wir hatten eine schöne Zeit. Ich habe dir das Gefühl von Sicherheit gegeben, und du gabst mir das Gefühl, ein Held zu sein. Niemand wurde verletzt, und wir sind beide gut dabei gefahren. Aber dir droht jetzt keine Gefahr mehr. Also sollten wir das Ganze beenden.“
Sie sah ihn an, als hätte er sie geschlagen. „Du hast Recht, es wird wirklich Zeit, dass du gehst. Ich hole dein Jackett.“ Sie ging ins Wohnzimmer, schnappte sich sein Jackett von der Couch und warf es ihm zu. „Danke für die schöne Zeit.“
„Ich habe nie versprochen, dass es eine Sache für immer wird, Anna.“
„Nein, hast du nicht. Das enthebt dich natürlich jeder Verantwortung.“ Sie ging zur Tür und riss sie auf. „Geh. Ich möchte, dass du von hier verschwindest.“
„Anna, ich wollte dich nicht kränken. Ich wollte nicht, dass es so …“
„Du wolltest mich wegstoßen, weil ich dir emotional zu nahe gekommen bin. Nun, das ist dir gelungen, Detective Malone. Beglückwünsche dich zu einer ordentlich erledigten Aufgabe.“
Er trat in den Flur hinaus. Sie folgte ihm und zog den Morgenmantel fester um sich. „Und nur zu deiner Information, ich wollte keine Verpflichtung für die Ewigkeit. Ich wollte nur ein bisschen Aufrichtigkeit. Aber dazu ist ein großer, harter Bursche wie du wohl nicht fähig.“
54. KAPITEL
Samstag, 3. Februar,
14 Uhr, Uptown.
Ben schloss die Tür zu seinem Büro auf, trat ein und ging an den Schreibtisch. Er warf den Blumenstrauß in den Abfallkorb und ließ sich deprimiert in seinen Sessel fallen.
Er hatte Anna mit Blumen überraschen und mit ihr Terrys Verhaftung und das Ende ihrer Tortur feiern wollen. Er hatte sie fragen wollen, ob sie noch einmal von vorn beginnen und ihrer Beziehung eine zweite Chance geben könnten.
Das Hoftor und die Haustür hatten offen gestanden. Deshalb war er hineingegangen und hatte sie gesehen. Anna und Quentin Malone. Sie waren aus ihrer Wohnungstür gekommen, und es war offenkundig gewesen, was sie an diesem sonnigen, kalten Nachmittag getrieben hatten.
Ben schloss die Augen und sah Anna in ihrem seidigen Morgenmantel dastehen, das Haar wirr, die Augen funkelnd. Sie sah aus, wie eine Frau, die gerade Sex gehabt hatte. Wie eine verliebte Frau.
Es wunderte ihn selbst, wie sehr ihn das kränkte. Er stöhnte auf. Was für ein Narr war er gewesen. Er hatte geahnt, dass sie Gefühle für den Detective hegte, doch er hatte sich vorgemacht, dennoch eine Chance bei ihr zu haben.
Wenn es um Selbstbetrug ging, war die menschliche Psyche offenbar zu allem fähig. Er hatte in Anna die Frau seines Lebens gesehen, die er lieben konnte. Idiot.
Er atmete tief durch, um den aufwallenden Zorn und den lauernden Kopfschmerz zu beherrschen.
Ihm war so kalt, dass er zitterte. Ein Frösteln durchrann ihn, und sein Blick verschwamm.
Er blinzelte desorientiert, beunruhigt durch das Kribbeln auf Armen und Rücken.
Er sah sich rasch um. Nein, nichts hatte sich verändert. Er saß in seinem Büro im Schreibtischstuhl. Es war
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