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Die Angst spielt mit

Die Angst spielt mit

Titel: Die Angst spielt mit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elise Title
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fühlen. Normalerweise erholt man sich mit einem kaputten Bein zu Hause, besonders … im Herbst des Lebens.”
    “Nun ja, er läuft nicht draußen herum”, gab Jeanne zu. “Er hat beschlossen, sich woanders zu erholen.”
    “Woanders?”, drängte Kevin sanft.
    Jeanne sah ihn kläglich an. “Oh Kevin, ich weiß nicht, was mit meinem Vater los ist.”
    “Sie meinen … er ist verschwunden?”, fragte Kevin besorgt.
    “Oh nein, nein. Er ist nicht verschwunden. Nein. Er ist … er ist …” Sie biss sich hart auf die Lippe. “Möchten Sie hereinkommen, Kevin?”
    “Ja, gern.”
    Sie lächelte zum ersten Mal. Es kostete sie Mühe.
    Die Diele des Squires-Hauses war kühl und düster. Jeanne ging zu dem vorderen Wohnraum. Sie war so verkrampft, dass sie Mühe hatte, die schwere, geschnitzte Wohnzimmertür aufzuschieben.
    “Darf ich?”, bot Kevin an.
    “Danke.”
    Das Wohnzimmer roch muffig, und Kevin tippte darauf, dass es selten benützt wurde. Es gab allerdings kein Staubkörnchen. Die Möbel schimmerten von Politur.
    “Wir bekommen selten Gäste”, sagte Jeanne leise. “Mein Vater hat nicht viele Freunde. Möchten Sie Platz nehmen, Kevin?” Sie deutete formell auf einen braunen Ledersessel.
    Kevin hatte das Gefühl, unvermittelt in ein viktorianisches Salon-Melodram geraten zu sein. “Danke.” Er setzte sich.
    “Darf ich Ihnen eine Erfrischung anbieten? Limonade? Tee? Kaffee?”
    “Nein, danke. Bitte, Jeanne, wollen Sie sich nicht setzen, damit wir nur … reden können?”
    Jeanne verschränkte die Hände ineinander und blieb stehen. “Das ist alles so … verwirrend. Mein Vater … ich habe nie gesehen, dass er sich so … sonderbar benimmt.” Sie warf Kevin einen aufgewühlten Blick zu. “Sie wurden doch nicht … verfolgt?”
    “Verfolgt?”
    “Ich meine, haben Sie jemanden gesehen, der sich draußen herumgetrieben hat?”, fragte Jeanne nervös.
    “Warum? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihr Vater Sie allein gelassen hätte, wenn Sie in Gefahr wären.”
    “Es ist nur … mein Vater … bevor er wegging … Also, er war so eisern, dass ich nicht …” Sie knetete ihre Hände.
    “Dass Sie nicht …?”, drängte Kevin.
    “Er bestand darauf, dass ich niemanden ins Haus lasse. Aber natürlich hat er nicht jemanden wie Sie gemeint. Trotzdem fühle ich mich schrecklich, weil ich so gegen seine Wünsche handle.”
    “Es ist schon gut, Jeanne”, beruhigte Kevin sie, stand auf und führte sie zu einer mit blauem Samt bezogenen Couch, setzte sich neben sie und ergriff ihre Hand. Trotz des warmen Tages waren ihre Finger kalt wie Eis.
    Seine leichte Berührung trieb Jeanne Tränen in die Augen. “In Ihrer Nähe mache ich mich immer zur Närrin, Kevin.”
    “Sie machen sich nicht zur Närrin, Jeanne. Sie sind aufgeregt, das ist alles. Ich möchte Ihnen helfen.”
    Sie lächelte dankbar. Er reichte ihr sein Taschentuch, und sie betupfte sich die Augen. “Ich habe meinen Vater nie verstanden. Natürlich, da ich bis zu meinem siebzehnten Lebensjahr nicht bei ihm gelebt habe …”
    “Sie haben als Kind nicht bei Ihrem Vater gelebt?”
    “Ach, wussten Sie das nicht? Meine Mutter starb im Kindbett, und meine Tante kümmerte sich um mich, bis ich alt genug war, um in ein Internat zu kommen.”
    “Und Ihr Vater?”
    “Er hat mich besucht. Und dann, als ich siebzehn war, kam ich nach Hause … endgültig. Mein Vater machte sich nie etwas aus kleinen Kindern. Aber als junge Frau konnte ich ihm helfen.”
    Kevins Gedanken jagten. Es war zu viel! Wie alt war Jeanne? Mitte vierzig. Juliannas Alter. Nicht in Thornhill aufgewachsen. Konnte Jeanne die mysteriöse Julianna Merrill sein, die ihre wahre Identität nicht gekannt hatte, bis Parker Anderson sie ihr vor Kurzem enthüllte?
    “Kevin, Sie sehen so blass aus. Alles in Ordnung?”
    Er starrte Jeanne an und sah sie in einem neuen Licht. Sie war einverstanden gewesen, die Regie in dem Stück zu übernehmen. War sie auch eine großartige Schauspielerin? “Es ist nur die Hitze.”
    “Es ist stickig hier drinnen, aber wenn ich ein Fenster öffne, wird es nur noch heißer.”
    Er schüttelte den Kopf. “Sie sagten. Ihr Vater sei … anderswo?”
    Jeanne warf ihm einen sonderbaren Blick zu. “Ja.”
    “Wo ist er, Jeanne?”
    Sie zog sich zurück. “Warum wollen Sie das wissen, Kevin?” Ihr Ton wurde offen misstrauisch.
    “Ich weiß nicht. Sie taten so geheimnisvoll. Gibt es einen Grund, warum Sie mir nicht sagen können, wo er

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