Die Angstmacher
extrem aufwändig«, sagt Castellä In jedem Einzelfall gibt es einen großen Papierkrieg, fordern die Versicherer Unterlagen an oder müssen Daten genau geprüft werden.
Nicht nur deshalb können die Verbraucher das Instrument der Klage nur sparsam einsetzen. Gerichtsverfahren kosten Geld und Kapazitäten. Für ein Verfahren durch alle Instanzen muss die Verbraucherzentrale 15 000 bis 20 000 Euro aufbringen. Die gesamte Verbraucherzentrale Hamburg hat einen Jahresetat von 3 Millionen Euro für zehn verschiedene Fachbereiche, die alle mit Personal ausgestattet werden müssen und Geld für eigene Projekte brauchen. Für Prozesse gegen Versicherer bleibt nicht viel übrig. Geld und Personal aber haben die Versicherer in weitaus größerem Umfang zur Verfügung.
Anwalts Liebling: Rechtsschutzversicherung
Nicht nur über Ausbildung und Auftragsvergabe hat die Versicherungswirtschaft Einfluss auf die Anwaltschaft. Die Rechtsschutzversicherer haben für die Juristen eine große Bedeutung als Kostenträger. Mit den Rechtsschutzversicherern verbindet Anwälte eine Art Hassliebe. Einerseits sind Mandanten mit einer Rechtsschutzversicherung im Rücken eher bereit, einen Rechtsstreit zu führen oder überhaupt einen Anwalt aufzusuchen. In Deutschland beziehen die Anwälte zwischen 10 und15 Prozent ihrer Einkünfte von Rechtsschutzversicherern. Andererseits sind Rechtsschutzversicherer genauso knauserig wie alle anderen Versicherer. Sie versuchen, auf vielen Wegen Kosten zu reduzieren. Eine Rechtsschutzversicherung zahlt die Kosten für Anwalt und Gerichte bis zur vereinbarten Deckungssumme. In der Regel vereinbaren Kunden eine Eigenbeteiligung im Schadensfall. Das hat den pädagogischen Effekt, dass sie den Versicherer nur in Anspruch nehmen, wenn sie meinen, dass es wirklich sein muss. Üblich ist eine Selbstbeteiligung von 150 oder 250 Euro, also etwa so viel, wie ein Besuch beim Anwalt ungefähr kostet.
Rechtsschutzversicherer haben im Service-Zeitalter viel mehr im Angebot als die Übernahme von Anwalts- und Gerichtskosten. Die ROLAND-Rechtsschutzversicherung hat Manager als Zielgruppe entdeckt. Denen hat sie nicht nur ein Servicepaket für eine eventuelle Untersuchungshaft geschnürt, etwa mit Arznei-Bringdienst und Knast-Tagegeld. Inmitten der Finanzkrise hat das Unternehmen auch Verträge für die Sensibelchen unter den harten Entscheidern auf den Markt gebracht. Die sahen psychotherapeutischen Beistand bei besonderen Belastungen vor, etwa Trübsal wegen vieler ausgesprochener Kündigungen. Apropos Krise: Im Zuge der Kapitalmarktkrise in den Jahren 2001 und 2002 verschärften die Rechtsschutzversicherer die Bedingungen erheblich, unter denen Kunden Rechtsschutz bei Streit um Geldanlagen bekommen. Damit reagierten sie auf die Klagen enttäuschter Telekom-Anleger. Immer schon ausgeschlossen waren Wett- und Spekulationsgeschäfte. Für Anleger ist es aber nicht immer leicht zu erkennen, welchen Charakter eine Investition hat. Anbieter werben selten damit, dass es sich um windige Geschäfte handelt. Nach der Verschärfung der Investitionsklausel wurde die Sache noch komplizierter. Seitdem gibt es oft auch keinen Rechtsschutz mehr, wenn es um Aktien geht.
Für U-Haft-Paket und Knast-Tagegeld geben die Rechtsschutzversicherer – vielleicht noch – wenig aus. Das meiste Geldkosten sie die Gebühren für Anwälte und Gerichte. 2011 nahmen die rund 50 Rechtsschutzversicherer Prämien in Höhe von rund 3,3 Milliarden Euro ein, für Leistungen gaben sie 2,3 Milliarden Euro aus. Rechtsschutzpolicen verkaufen sich noch viel weniger von allein als andere Versicherungen, die Provisionen für die Vermittler sind mit mehr als 20 Prozent hoch. Um wettbewerbsfähig zu sein in einem zunehmend umkämpften Markt, wollen die Anbieter die Kosten senken. Die Rechtsschutzversicherer dürfen nicht wie die Kfz-Versicherer mit ihrem Werkstattnetz Kunden direkt in spezielle Anwaltsnetze steuern, denn die freie Anwaltswahl wird in Deutschland hochgeschätzt. Könnten sie das, würde die Schadenregulierung billiger. Die Rechtsschutzversicherer unterhalten trotzdem solche Netze, denn Empfehlungen dürfen sie durchaus aussprechen. Ob es für Verbraucher sinnvoll ist, von solchen Angeboten Gebrauch zu machen, müssen diese selbst entscheiden. Manche Rechtsschutzversicherer versuchen aber, Kunden durch finanzielle Anreize zu bestimmten Anwälten zu lotsen. Das stößt auf Argwohn, zum Beispiel bei der bayerischen Ministerin für Justiz und
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