Die Angstmacher
die Vermittler, wiesen sie auch nicht darauf hin. Obwohl die Riester-Rente so extrem kompliziert ist, hat der Gesetzgeber die Finanzdienstleister nicht verpflichtet, für die Richtigkeit und Aktualität der Angaben zu sorgen.
Die Kunden müssen dem Anbieter Änderungen der persönlichen Lebenslage melden. Der gibt die Informationen an die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen weiter. Damit alle Beteiligten möglichst wenig bürokratischen Aufwand haben, hat die Bundesregierung im Jahr 2005 den sogenannten Dauerzulagenantrag eingeführt. Kunden brauchen damit nicht jährlich die Zulagen neu zu beantragen und müssen nicht jedes Jahr aufs Neue ihr Einkommen angeben. Änderungen fallen im Alltag schnell unter den Tisch. Die Zentrale Zulagenstelle erfährt trotzdem von Gehaltserhöhungen. Sie gleicht die ihr vorliegenden Daten mit den Rentenversicherungsträgern und den Besoldungsstellen für Beamte ab. Sie kontrolliert aber erst zwei Jahre im Nachhinein für das Jahr, für das Zulagen fließen sollen. Bürger können die Zulagen bis zu zwei Jahre rückwirkend beantragen. Fallen nach zwei Jahren Fehler auf, ist es für eine Nachzahlung zu spät. Immerhin hatte die Bundesregierung ein Einsehen und hat aufgefallenen Riester-Kunden eine Nachzahlung ermöglicht. Das Problem der nicht zahlenden Ehepartner löst die Politik, indem sie einen Mindestbeitrag für alle Riester-Sparer von 60 Euro im Jahr einführt. Das Problem ausbaden müssen also die Verbraucher, nicht die Verkäufer, deren Aufgabe es sein sollte, Kunden auf mögliche Untiefen hinzuweisen.
Mogelpackungen
Bei der Riester-Rente dachten viele, sie könnten den teuren Versicherungslösungen entgehen. Ein Irrtum. Mehr als 3,5 Millionen Verbraucher haben sich für Riester-, Fonds- oder Banksparpläne entschieden. Vor allem Banksparpläne gelten wegen der geringen Kosten als günstig. Die Finanzdienstleister legen das Geld der Kunden an, für die Rentenphase stellen sie einen Auszahlungsplan auf. Der läuft aber nur über 20 Jahre. Danach übernimmt eine Versicherung die Sache. Der Gesetzgeber besteht darauf, dass die Riester-Rente lebenslang gezahlt werden muss. Die Prämie für die Versicherung ziehen Banken und Investmenthäuser von dem Geld im Auszahlungsplan ab. Das sind bis zu 25 Prozent der eigentlichen Monatsrente. Viel Geld. »So war das nicht gedacht«, sagte Namenspatron Walter Riester dem Magazin Capital . 16 Nach seinen Angaben hatte die Bundesregierung mit einem Abzug von 10 Prozent für die Methusalem-Rente gerechnet. Wer in 20 oder 30 Jahren in Rente geht, muss aller Voraussicht nach noch mehr als ein Viertel seiner Riester-Rente für die Anschlusszahlung aufbringen. Das wird die tatsächlich ausgezahlte Rente erheblich schmälern, denn die Prämie für die Hochbetagten-Rente wird davon abgezogen. Viele Riester-Rentner werden Mini-Zahlungen erhalten.Profitieren werden die Versicherer, die mit den Banken und Investmenthäusern in einem Boot sitzen. Riester-Marktführer Union Investment ist Teil des Finanzverbunds der Volks- und Raiffeisenbanken, zu dem auch der Versicherer R+V gehört. R+V wird die Versicherung für die Union-Investment-Riester-Kunden übernehmen, die öffentlich-rechtlichen Versicherer bekommen das Riester-Geschäft der Sparkassen, die Deutsche-Bank-Tochter DWS gibt es an die Zurich. Für die Versicherer ist das mal wieder ein gutes Geschäft. Bei der Kalkulation gehen sie auf Nummer sicher. Nach den Hochrechnungen des Statistischen Bundesamts werden von 1000 Männern, die heute 65 Jahre alt sind, nur 452 ein Alter von 85 überhaupt erreichen, bei den Frauen schaffen das 641. Die Versicherer haben einen großen Sicherheitspuffer eingebaut. Realitätsfern gehen sie davon aus, dass 709 Männer und 819 Frauen mindestens 85 Jahre alt werden. Für Verbraucher ist das ein schlechtes Geschäft. Sterben sie vor dem Erreichen des 85. Geburtstags, bekommen zwar bei manchen Verträgen die Erben das übrig gebliebene Kapital. Bei einigen Anbietern ist das automatisch vorgesehen, bei anderen müssen sich die Kunden jedoch für die »Beitragsrückgewähr« entscheiden und das zusätzlich bezahlen. Das schmälert die Rente noch einmal.
3. Gute Freunde: Politiker und Versicherer
D ass die Bürger immer mehr selbst vorsorgen sollen, ist kein Projekt einer einzigen Partei. Die oberen Ränge der Gesellschaft, Abgeordnete, Minister und Manager sind von drohender Altersarmut nicht betroffen. Sie sorgen mit großzügigen Regelungen für sich und
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