Die Angstmacher
– etwas abgezwackt hat.« 14 Versicherern macht Peer Steinbrück offenbar gerne seine Aufwartung. Zum Beispiel beim »Swiss Life Pensions Day 2010« in München. Swiss Life ist der Versicherer, der den Finanzvertrieb AWD gekauft hat.
Fast 15 Millionen Menschen haben mittlerweile eine Riester-Rente abgeschlossen. Längst hat sich herausgestellt, dass von diesen Verträgen vor allem die Anbieter etwas haben. Mit Dutzenden von Modellrechnungen haben Verbraucherschützer nachgewiesen, dass Kunden von den Zulagen kaum profitieren, weil die Versicherer davon viel für alle möglichen Kosten abziehen. »Mit Einführung der Riester-Rente haben die Versicherer eine unglaubliche Fantasie entwickelt, um neue Kostenarten zu erfinden«, und Verbraucherschützer Axel Kleinlein. Die Riester-Rente ist teuer, und sie ist schlecht gemacht. Immer wieder muss die Bundesregierung nachbessern. In den Worten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales klingt es freundlicher: »Die Riester-Rente wird laufend auf ihre Verbraucherfreundlichkeit hin überprüft. Wenn sich zeigt, dass Teile des Verfahrens verbesserungsbedürftig sind, werden Änderungen vorgenommen.« 15 Offenbar verschlimmbessert die Regierung die Riester-Rente. Mathematiker Kleinlein hat in einer Studie für die Friedrich-Ebert-Stiftung und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung nachgewiesen, dass die Verträge seit der Einführung 2002 für die Verbraucher sehr viel unrentabler geworden sind. Bei einigen Versicherern ist die Garantieleistung für den Kunden bei nicht staatlich geförderten Verträgen höher als bei den Riester-Rentenversicherungen.
Damit die Kunden wenigstens ein bisschen durchblicken und Angebote vergleichen können, soll es künftig eine für alle Anbieter einheitliche Information geben. Die staatlich geförderte Altersvorsorge ist eine sehr komplizierte Angelegenheit. Neunmal muss ein Kunde unterschreiben, bevor die Sache überhaupt in Gang kommt. Und damit ist es nicht getan. Verändert sich im Leben des Riester-Sparers etwas, bekommt er eine Gehaltserhöhung oder ein Kind, muss er die Police anpassen, will er kein Geld vom Staat verlieren. Von wenigen Ausnahmen wie Selbstständigen abgesehen, hat fast jeder einen Anspruch auf die Förderung. Das sind pro Person, die einen Vertrag abschließt, 154 Euro pro Jahr; je Kind bekommt der Sparer weitere 185 Euro, für nach 2008 geborenen Nachwuchs 300 Euro. Das Geld bekommt der Kunde nicht zu Gesicht, das überweist der Staat direkt an den Versicherer, die Bank oder wo auch immer der Kunde den Vertrag abgeschlossen hat. Ist die Steuerersparnis höher als die Zulage, können noch Steuerermäßigungen hinzukommen. Das prüft das Finanzamt. Der Staat besteht darauf, dass die angesparte Summe überwiegend als Rente ausbezahlt wird.
Wer seinen Vertrag auflöst und an das angesparte Geld will, muss alle Zulagen und Steuervorteile zurückzahlen. Die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen und die Finanzämter sind gut vernetzt, da gibt es kein Entkommen. Noch etwas verliert ein Riester-Stornierer: das viele Geld, das der Anbieter der Riester-Rente von Beiträgen und Zulagen abgezwackt hat, um den Vertreter zu bezahlen oder die Verwaltung zu erhalten. Von den Zulagen profitieren vor allem die Versicherer und Vertriebe, nicht die Kunden. Zahlt ein Single 1000 Euro im Jahr für eine Riester-Rente, bekommt er die Zulage von 154 Euro. Hat der Vertrag eine Kostenquote von 16 Prozent, zieht der Versicherer 160 Euro ab. Diese Kostenquote ist nicht unüblich. Wie hoch sie ist, entscheidet der Versicherer.
Wer viel Geld für einen Vertrag bekommt, wird seine Kunden ja wohl optimal betreuen, sollte man denken. Fehlanzeige. Im Frühjahr 2011 stellte sich heraus, dass mehr als eine Million Kunden nicht die volle oder sogar gar keine Förderung erhalten haben, weil die Voraussetzungen nicht stimmten. Dabei ging es immerhin um rund 500 Millionen Euro an Zulagen aus den Jahren 2005 bis 2007. Betroffen waren unter anderem Ehefrauen. Sie konnten früher einen eigenen Vertrag schließen, wenn ihr Mann eine Police hat, und Zulagen erhalten, ohne selbst einen Cent anlegen zu müssen. Bekamen sie aber ein Kind, mussten sie einen Mindestbeitrag von 60 Euro im Jahr zahlen, weil sie formal Mitglied der gesetzlichen Rentenversicherung werden. Denn die schreibt Erziehenden pro Kind nach der Geburt drei Rentenpunkte gut. Dieser Sonderfall war vielen aber nicht klar. Die gut bezahlten angeblichen Profis für solche Fragen,
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