Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust
sie.
»Madison«, erwiderte ich.
»Nehmen Sie Platz.«
Sie wandte sich wieder dem Dokument auf ihrem Schreibtisch zu. Sie hätte uns natürlich ebenso gut draußen warten lassen können, wenn sie noch mit etwas beschäftigt war. Doch sie bat mich herein, damit ich demütig ausharrte, während sie mir demonstrierte, dass ich nicht so bedeutend war. Ich liebe Büropolitik.
»Senator, ich brauche im Moment nur Jason«, sagte sie und warf Hector einen kurzen Blick zu. »Wenn das in Ordnung ist.«
Hector, obschon ein Routinier in jeder Art von Politik, wirkte ein wenig vor den Kopf gestoßen. Seine Kiefermuskeln ballten sich, und er zog eine leicht säuerliche Miene. Doch er widersetzte sich nicht. »Kein Problem«, sagte er.
Nachdem sie in einer unnötigen Machtdemonstration Senator Almundo des Raumes verwiesen hatte, arbeitete Madison noch ein paar Minuten an dem Papier weiter. Es fiel mir schwer, sie zu betrachten, ohne dabei an unsere letzte Begegnung zu denken. In diesem Büro würde sich vermutlich nichts dergleichen abspielen; was meine Fantasie jedoch nicht daran hinderte, schlüpfrige Pfade zu beschreiten.
»Okay«, sagte sie schließlich und blickte auf. Sie musterte mich einen Moment lang, dann schob sie einen Bogen Papier über den Tisch. Der Briefkopf erinnerte jeden daran, dass sie die Stabschefin des Gouverneurs war; darunter war eine Reihe von Namen aufgelistet, und daneben standen bestimmte
Positionen innerhalb der Bürokratie sowie diverse Behörden. Neun Namen, neun unterschiedliche Jobs.
»Diese Leute brauchen diese Jobs«, erklärte sie.
Da ich nicht wusste, was ich damit anfangen sollte, wartete ich einfach ab. Madison war wieder mit irgendwelchen Schreibarbeiten beschäftigt, aber nachdem eine Weile verstrichen war, musterte sie mich über ihre Brille hinweg. »Diese Leute«, wiederholte sie, »brauchen diese Jobs.«
Es war nur allzu deutlich, dass ich weitere Informationen benötigte. Ich persönlich mag es nicht, wenn man mich in eine Position manövriert, in der ich zwangsläufig als der Dumme dastehe. Womöglich ist das eine Charakterschwäche von mir.
»Dann stell sie ein«, schlug ich schließlich vor.
Sie starrte mich an, aber als ich nichts weiter sagte, führte sie aus: »Es gibt ein paar Leute, die möglicherweise argumentieren werden, dass sie ältere Rechte auf diese Posten haben als die Menschen auf dieser Liste. Veteranen zum Beispiel. Bei der Vergabe der meisten Posten werden Kriegsveteranen bevorzugt behandelt. Kommt dir irgendwas davon«, sie machte eine rollende Bewegung mit ihrer Hand, »vage bekannt vor?«
»Nicht wirklich«, erwiderte ich. »Aber ich finde es heraus.«
»Oh, würdest du?«, flötete sie mit einer falschen Süße in der Stimme und wandte sich dann erneut ihren Notizen zu. Ich war mir nicht sicher, was sie da schrieb. Vermutlich so was wie: Ich bin kein angenehmer Mensch. »Es wäre sehr hilfreich … wenn du jetzt deine Arbeit machen könntest … damit ich meine erledigen kann.« Sie brachte zu Ende, was immer sie da schrieb, legte den Stift beiseite und schaute mich an. »Mac wird dir die Details geben.«
Mac, das war vermutlich Brady MacAleer.
»Eins noch«, sagte Madison und spähte über die Brille hinweg. »Hast du von Antwain Otis gehört?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Er sitzt im Todestrakt. In ein paar Tagen soll er hingerichtet werden. Der Gouverneur trifft sich morgen mit ein paar Leuten, die ein Gnadengesuch eingereicht haben. Ich will, dass du dabei bist. Das Meeting ist … eigentlich sollte es morgen sein, aber vielleicht ist es um einen Tag verschoben worden. Meine Assistentin hat die Akte. Sie weiß Genaueres. «
»Was hat er getan? Dieser Antwain Otis.«
Madison redete und ordnete dabei die Akten auf ihrem Schreibtisch neu. »Er hat vor elf Jahren zwei Menschen getötet. Inzwischen ist er Laienprediger im Gefängnis. Er hat sich einen gewissen Ruf erworben. Dummerweise hat er Gott erst gefunden, nachdem er eine Frau und ihren Sohn umgebracht hat. Lies die Akte, leite das Meeting und versorge anschließend Pesh mit allem, was die Presse dazu braucht. Alle sollen wissen, dass der Gouverneur sorgfältig über den Fall nachgedacht hat.«
»Okay. Soll ich das Gnadengesuch bewerten?«
Sie unterbrach ihre Tätigkeit und starrte mich an, als wäre ich ein leicht zurückgebliebenes Kind. »Sorge dafür, dass der Gouverneur alle Unterstützung bekommt, die er für seine Entscheidung braucht. Der Bewährungsausschuss hat bereits
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