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Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Titel: Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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in der Stadt beschäftigt. Ich hatte früher ein paar Fälle vor ihm verhandelt, und es waren alles andere als angenehme Erfahrungen gewesen. Er war das, was Anwälte intern einen »Schreier« nennen. Der Spitzname verriet bereits alles. Sein Temperament als Richter lag irgendwo zwischen Josef Stalin an einem schlechten Tag und einer verwundeten Grizzlybärin, die ihr Junges verteidigt.
    Madison konnte das unmöglich ernst meinen.
    »Sie kennen ihn?« In ihrem Ausdruck lag nicht ein Hauch von Entschuldigung oder von Zweifel.
    »Der Gouverneur wird George Ippolito an den Obersten Gerichtshof berufen?«, riet ich.

    »Er erwägt es«, bestätigte Madison. »Wir haben gehört, dass er hart gegen das Verbrechen vorgeht. Trifft das zu?«
    Ungläubig wandte ich den Blick ab. Ich konnte nicht fassen, was ich da hörte. George Ippolito war zwar nicht der dümmste Richter, vor dem ich je gestanden hatte, aber auch ganz bestimmt keiner der hellsten. Dabei hätten am staatlichen Berufungsgericht jede Menge ausgezeichneter Juristen für dieses Amt bereitgestanden.
    »Ich denke schon«, sagte ich. »Ippolito geht hart gegen jeden vor, der ihm näher als zwanzig Meter kommt.«
    »Er vertritt eine Politik der starken Hand«, sagte sie.
    »Er ist unberechenbar«, erwiderte ich.
    »Er ist unabhängig.«
    »Okay, aber es gibt jede Menge Richter, die hart durchgreifen. Warum George …«
    Moment. Auf einmal verstand ich. Nun erst verbanden sich die Punkte zu einer Linie. Eins plus eins ergab zwei.
    »Ippolito hat Verbindungen zu einem dieser Gewerkschaftstypen«, folgerte ich.
    »George Ippolito ist Gary Gardners Schwager«, bestätigte Mac.
    Schlagartig war mir der Appetit auf meinen Salat vergangen. So lief also der Hase: Gary Gardner sicherte dem Gouverneur die Unterstützung der Arbeitergewerkschaft zu, dafür berief der Gouverneur seinen Schwager an den Obersten Gerichtshof des Landes.
    Der Gouverneur verschacherte also ohne Bedenken einen Sitz im Obersten Landesgericht.
    »Haben wir etwa Ihr Zartgefühl verletzt?«, fragte Madison.
    Ja, das hatte sie in der Tat. Zwar war ich nicht so naiv zu glauben, dass eine juristische Karriere ausschließlich an
persönliche Verdienste geknüpft war; schließlich wurden die Richter in unserem Staat gewählt, und dadurch hatte das Ganze immer auch einen politischen Aspekt. Aber das – das war einfach zu viel.
    Andererseits bestand meine Aufgabe nicht darin, Madison solche Dinge auszureden. Ich wünschte, es wäre so gewesen, doch in Wahrheit war das Gegenteil der Fall. Ich musste mich möglichst schnell berappeln und die Fassade wahren. Wenn ich mich jetzt sperrte, würde sie mich fallen lassen wie eine heiße Kartoffel.
    »Hören Sie, ich will Sie nicht belügen«, sagte ich, was angesichts meiner Rolle als verdeckter Informant nicht einer gewissen Ironie entbehrte. »George Ippolito ist eine schreckliche Wahl für den Obersten Gerichtshof. Ganz entsetzlich. Aber es geht mir dabei nicht darum, dass ich das denke. Es geht darum, dass alle das denken werden. Die Anwaltskammer wird durchdrehen. Die Anwälte, die ihn von Verhandlungen her kennen, schätzen ihn nicht unbedingt, um es mal vorsichtig zu formulieren. Ich denke, da wird es heftigen Gegenwind geben.«
    »Na und?«, sagte Madison herausfordernd. »Gouverneur Snow lässt sich nicht von einem Haufen Anwälte davon abhalten, einen Richter zu berufen, der entschlossen gegen das Verbrechen durchgreift.«
    Das war vermutlich eine politisch geschickte Antwort. Die Öffentlichkeit war in diesen Tagen nicht unbedingt auf Seiten der Anwälte. Sich gegen die Anwaltslobby zu stellen, konnte einem unter Umständen sogar Ruhm und Ehre einbringen. Hörte sich ganz so an, als hätte Madison ihre Hausaufgaben gemacht. Meine Reaktion hatte sie nicht wirklich überrascht. Sie hatte bereits begonnen, sich Argumente gegen die Kritiker zurechtzulegen.

    »Gibt es denn nicht noch irgendwelche anderen Richter, die gute Verbindungen zu diesem Gardner haben?«, fragte ich.
    »Sie hat Sie nicht nach anderen Richtern gefragt, sondern nach Ippolito«, warf MacAleer ein, ganz der loyale Soldat. Dieser Kerl hatte sie vor fünf Minuten noch hinter ihrem Rücken Queenie genannt, und jetzt küsste er ihr den Allerwertesten.
    Mir gingen die Gegenargumente aus. Außerdem musste ich mich beständig daran erinnern, dass es nicht zu meinem Job gehörte, Gegenargumente vorzubringen. Mein Auftrag bestand darin, gehorsam mitzumarschieren, das FBI huckepack, egal, was für

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