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Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Titel: Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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Gouverneur, in genau zwölf Stunden ist die Hinrichtung von Antwain Otis angesetzt. Haben Sie das Gnadengesuch erwogen, und was können Sie uns über Ihre Entscheidung mitteilen? «
    »Das ist eine gute Frage, Nancy, und ich werde im Laufe des Tages noch eine ofzielle Erklärung dazu abgeben.«
    »Aber, Herr Gouv…«
    »Ich darf Ihnen verraten, dass das mit der härteste Teil meines Jobs ist. Ich habe lange und gründlich darüber nachgedacht.«
    Lange und gründlich nachgedacht. Klar doch. Ich warf einen Blick auf das Papier, das ich heute Morgen für den Gouverneur und Pesh zusammengestellt hatte. Die Frau, die Antwain
Otis getötet hatte, Elisa Newberry, war Lehrerin und Mutter von vier Kindern gewesen, deren jüngstes das zweite Opfer war, der fünfährige Austin. Ihr Ehemann, Anthony Newberry, war Berufspilot und hatte seinen Job nach Elisas Tod aufgegeben, um mehr Zeit für seine drei überlebenden Kinder zu haben; er nahm einen schlechter bezahlten Job als Fluglehrer in einem Community College an. Der Richter war bei Antwains Prozess der Forderung der Jury nach einem Todesurteil nachgekommen; ihm zufolge hatte Otis »besondere Grausamkeit und Rücksichtslosigkeit« bewiesen, als er seine Waffe mitten auf einem dicht bevölkerten Gehweg abgefeuert hatte; zudem hatte er »die Tat wiederholt bestritten« und das trotz der »überwältigenden« Last der Beweise; zu allem Überfluss hatte er während des Prozesses »keinerlei Schuldeinsicht und ehrliches Bedauern« gezeigt. Die Bewährungskommission, die eine Ablehnung von Otis’ Gnadengesuch empfohlen hatte, erkannte zwar die lobenswerten Beiträge des Häftlings zum Gefängnisleben an, war aber zu dem Schluss gekommen, dass die »besondere Schwere seines Verbrechens« nicht durch seinen guten Einfluss als Laienprediger aufgewogen wurde, den er erst »viele Jahre später« auszuüben begonnen hatte.
    Mir war der Appetit auf Lunch vergangen. Ich verbrachte meine Mittagspause am Telefon und rief einige der Auftragnehmer an, die Charlie und ich erpresst hatten und die mit ihren Zahlungen für die Wahlkampfkasse des Gouverneurs im Verzug waren. Madison Koehler hatte mir gestern Abend auf Band gesprochen. Ich sollte ihnen erneut mit dem Verlust ihres Regierungsauftrags drohen, falls sie nicht umgehend überwiesen. Diesen Auftrag führte ich jetzt aus, wobei ich bundesweite Funknetze benutzte – in Form eines Handys, das die US-Staatsanwaltschaft mir überlassen hatte. Ich
fühlte mich dabei wie ein Automat; ich wählte die Nummer, erwähnte »unsere Besorgnis, dass die vereinbarten Beiträge noch nicht überwiesen« waren, deutete an, »dass eine Überprüfung des Auftrags« bevorstand, legte auf und strich einen Namen von der Liste. Ich musste dabei nicht einmal versuchen, überzeugend zu klingen. Ich musste lediglich die Worte aussprechen. Es war, als würde man einen Punkt aufs i setzen oder ein t durchkreuzen. Insgesamt machte ich sieben Anrufe. Sieben Fälle von krimineller Verschwörung und betrügerischen Missbrauchs bundesweiter elektronischer Kommunikationsnetze, die in Madison Koehlers Strafakte zu Buche schlagen würden.
    In den letzten Tagen war ich mir unsicher gewesen, ob ich überhaupt noch einmal mit dem Gouverneur sprechen sollte. Aber nun war ich dazu entschlossen. Ein Grund dafür war Antwain Otis. Doch das war nicht der einzige. Was Lee Tucker mir gesagt hatte, ergab durchaus Sinn. Ich hatte immer schon meine Zweifel an der Person des Gouverneurs gehabt. Mir war nicht klar, ob er eine ahnungslose Marionette war, an deren Fäden seine Untergebenen zogen; ob er nur ahnungslos tat, sich bewusst nicht um die Details kümmerte und den Kopf in den Sand steckte, obwohl er insgeheim von den illegalen Machenschaften wusste; oder ob er jemand war, der sich sein Amt bedenkenlos mit politischen Gefälligkeiten erkaufte.
    Für mein Gefühl hatte die Öffentlichkeit das Recht, die Wahrheit zu erfahren. Die politische Karriere des Gouverneurs war ohnehin am Ende. Seine Berater und Helfer, die mit langen Gefängnisstrafen zu rechnen hatten, wären vermutlich bereit, im Austausch gegen ein milderes Urteil alles Mögliche zu behaupten. Sie alle – Madison, Charlie, Mac und sogar Hector – würden mit dem Finger zeigen, und zwar nach
oben. Die US-Staatsanwaltschaft würde schmutzige Deals abschließen, um den Gouverneur reinzureiten; und ich war mir nicht sicher, ob bei all diesen verzweifelten Aktionen die Wahrheit im Vordergrund stehen würde.
    Um vier Uhr

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