Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust
Miete hoch. Also sorg dafür, dass er hinfällig ist.« Dann blickte er erneut zu mir. »Okay, Junge? Ein Alleinbieter.«
»Alleinbieter« bedeutete, ein Auftrag war so speziell, dass nur eine einzige Firma ihn ausführen konnte, und man sich daher den ganzen Zirkus mit den Geheimgeboten schenken konnte. Allerdings redeten wir hier über die Beschaffung von
Schulbussen. Und es gab sicher hunderte von Firmen in diesem Bundesstaat, die dazu imstande waren.
Ich schüttelte den Kopf. »Der Busauftrag muss über ein geheimes Bietverfahren laufen.«
»Augenblick, Henry.« Cimino riss sich den Ohrhörer herunter und starrte mich an. »Was zum Teufel haben Sie da gerade gesagt?«
»Sie haben gesagt, es ist ein Alleinbieter.«
»Richtig.«
»Und ich hab gesagt, es ist ein Fall für eine offene Ausschreibung. «
»Ja, und Sie sind Anwalt, richtig? Sie vertreten Leute. Also versteh ich nicht, warum Sie das nicht tun. Vertreten Sie meine Interessen, Junge. Liefern Sie Patrick heute Abend ein entsprechendes Memo. Alleinbieter.« Er stöpselte seinen Ohrhörer wieder ein. »Henry, das geht mir am Arsch vorbei, ob die klagen. Scheiße, was hat so eine Absichtserklärung schon zu sagen? Hat so ein Wisch irgendeine Bedeutung? Sag ihnen, meine Absicht ist, sie in den Arsch zu ficken, wenn sie mir in der Sache was anhängen wollen.«
Das ging noch eine Weile so weiter, und ich war ganz offensichtlich entlassen. Ich hätte Mr. Cimino gerne noch einige sorgfältig ausgewählte Kraftausdrücke an den Kopf geworfen, aber im Interesse meines Vorhabens verkniff ich es mir. Hätte ich meinem Temperament freien Lauf gelassen, wäre ich diesen Job in weniger als einer Woche los gewesen, und all meine Fragen wären unbeantwortet geblieben.
»Warten Sie, Sportsfreund. Da ist noch was.« Cimino blätterte in einem Stapel Papiere auf seinem Schreibtisch. »Genau. Hier. Das ist ein Auftrag der Strafvollzugsbehörde über sanitäre Anlagen. Ich kenne die Details nicht, aber Patrick hat
sie. Die beiden billigsten Anbieter – ich glaube, es gibt Zweifel an ihrer Qualifikation für den Job. Okay?«
Ich war mir nicht sicher, wie ich darauf antworten sollte.
»Ich brauche ein Memo, aus dem hervorgeht, ob es vertrauenswürdige Bieter sind, okay?«, sagte er in einem Tonfall, als würde ich seine Geduld auf eine harte Probe stellen. »Schreiben Sie mir eines dieser Plädoyers, die Sie laut Hector so verdammt gut draufhaben. Das war’s.« Er winkte mich hinaus, als sei ich sein Leibsklave, und drehte sich dann wieder zum Fenster.
Auf meinem Weg nach draußen kam ich an einem Büro vorbei, in dem eine Frau telefonierte und gleichzeitig auf einer Computertastatur tippte. Irgendetwas an ihrem Anblick ließ mich stutzen, ich hatte jedoch keine Ahnung, wo ich sie einordnen sollte. Da sie mich nicht bemerkt hatte, konnte ich sie einen Augenblick lang studieren. An ihr war nichts weiter Auffälliges – sie war schätzungsweise in ihren späten Zwanzigern, hellbraune Haut, hübsches Gesicht, klassisches Businesskostüm. Eine innere Stimme riet mir, den Moment nicht zu lange hinauszuzögern und jeden Blickkontakt mit der Frau zu vermeiden, doch das machte mich nur noch neugieriger – mein Unterbewusstes signalisierte mir etwas, ohne dass ich wusste, warum.
Ich schlenderte an ihrer Tür vorbei zum Empfangstresen, an dem die Schönheitskönigin residierte. Sie telefonierte und ignorierte mich, was mir gestattete, mich ein wenig in ihrer Nähe aufzuhalten. Ich gab mir alle Mühe, so zu tun, als wartete ich geduldige darauf, ihr eine Frage stellen zu dürfen, während mein Blick ihren Schreibtisch absuchte, bis ich eine Liste mit den Durchwahlnummern der einzelnen Büros fand. Ich überflog die rund zwanzig Namen neben den Durchwahlen. Noch bevor ich ganz unten anlangte, sprang mir ein vertrauter Name ins Auge.
Espinoza.
Richtig. Die Frau in dem Büro war Lorena Espinoza, die Frau von Joey Espinoza, dem Hauptzeugen im Prozess gegen Hector Almundo. Sie war während Joeys Aussage jeden Tag im Gericht gewesen, wobei sie durchgehend eine verschlossene Miene zur Schau stellte und alle Anwälte mit einem finsteren Blick bedachte.
Wir hatten Joey während der Prozessvorbereitung erschöpfend durchleuchtet, wozu unter anderem auch gehörte, dass wir seine Familie genauer unter die Lupe nahmen. Soweit ich mich erinnerte, war Lorena eine Hausfrau, die sich um ihre drei Kinder kümmerte und es nicht weiter als bis zur Highschool gebracht hatte. Unseren
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