Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust
geheimen Lauschangriff durchführen, fällt das unter Title III, und sie brauchen die Einwilligung des Obersten Bundesgerichts und des Justizministeriums. Sie müssen zahllose bürokratische Hürden überwinden. Und dazu brauchen sie einen bereits ziemlich wasserdichten Fall.
Da kam ich ihnen gerade wie gerufen, war ihnen wie ein Insekt mitten ins Spinnennetz geflattert.
Vielleicht werden Sie tatsächlich der Einzige auf der Anklagebank sein, der freigesprochen wird. Darin lag mein eigentliches Problem, mehr als in allem anderen, was Christopher Moody gesagt oder mir gezeigt hatte. Seine Beweise gegen mich waren – zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt – nicht wirklich überwältigend. Und hätte er wirklich an meine Schuld
geglaubt, hätte er auf mehr gewartet. Er hätte Wochen, ja Monate auf der Lauer liegen können, bis ich mich noch tiefer verstrickt hätte. Aber er tat es nicht, weil er genau wusste, dass ich da nicht mit drinsteckte. Vielleicht hatte er sogar damit gerechnet, dass ich bald wieder aussteigen würde, nachdem ich erst mal an dieser stinkenden Kloake geschnuppert hatte. Womöglich war er deshalb heute Abend hier aufgetaucht. Um zuzuschlagen, bevor ich der Falle entschlüpfen konnte.
Das alles änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass er genug gegen mich in der Hand hatte und ich mit auf der Anklagebank sitzen würde, sobald die Staatsanwaltschaft einen Sammelprozess gegen Mistkerle wie Charlie Cimino und Gregory Connolly anstrengte. Ich würde als einer der Mitverschwörer dastehen. Und ich würde mich vermutlich vergeblich abstrampeln, um mich von diesem menschlichen Abschaum zu distanzieren und der Jury auszureden, mich mit dem übrigen Haufen in die Kanalisation zu spülen. Wenn in einem langen Prozess die Reihe endlich an mir wäre, wären die Geschworenen bereits so angewidert, dass sie mich ohne viel Federlesens für »schuldig« befinden und vom Gerichtsdiener abführen lassen würden.
Der Einzige auf der Anklagebank, der freigesprochen wird. Es war vorstellbar, klar. Aber nicht umsonst heißt es: mitgefangen, mitgehangen. Fälle dieser Art kamen ständig vor, deswegen fasste die Staatsanwaltschaft ihre Verdächtigen gern in Sammelklagen zusammen. Und dabei hatte ich noch nicht mal die sehr reale Möglichkeit in Betracht gezogen, dass eines dieser Arschlöcher einen Deal mit der Staatsanwaltschaft schließen und im Tausch für ein mildes Urteil mit dem Finger auf alle anderen zeigen konnte. So würde Cimino beispielsweise schwören, ich hätte ihm geraten, die gesetzlichen Bestimmungen für die Vergabe des Busauftrags zu umgehen.
Und er, Connolly und Patrick Lemke würden bereitwillig bezeugen, ich hätte ein Memo verfasst, in dem zwei taugliche Bieter zugunsten von Higgins Haustechnik aus dem Rennen geworfen worden waren. Das Ganze würden sie dann noch mit einer kleinen zusätzlichen Lüge garnieren: Ich hätte dafür als Gegenleistung einen Auftrag für meine Kanzlei von Higgins’ Partner Jack Hauser gefordert. Natürlich könnte ich der Jury versichern, ich hätte nicht geahnt, dass Jack Hausers Besuch in meiner Kanzlei Teil eines Bestechungsversuchs war; aber nachdem sie sich monatelang Zeugenaussagen über die schmutzigen Geschäfte von Charlie Cimino, Greg Connolly und Konsorten angehört hatten, würden mir die angeekelten Geschworenen dann noch Glauben schenken?
Wir haben auf anwaltlichen Rat hin gehandelt. Das würden sie alle aussagen. Schließlich sind wir keine Juristen; wir haben uns auf das verlassen, was dieser Kolarich uns gesagt hat.
Selbst wenn ich einer Verurteilung entging, würde ich anschließend zwölf bis achtzehn Monate unter Beobachtung des FBI stehen, mein Ruf wäre ruiniert, meine Karriere am Ende. Für die meisten Menschen ist ein Freispruch nicht automatisch gleichbedeutend mit unschuldig. Zwar heilt die Wunde mit der Zeit, doch hinterlässt sie eine hässliche Narbe, die für immer bleibt. Ich wäre einfach nur der Kerl, der seiner gerechten Strafe entgangen ist.
Zu allem Überfluss war da auch noch Shauna. Würde Chris Moody versuchen, ihr etwas anzuhängen, nur um mich zur Kooperation zu zwingen? Kein Zweifel, das würde er. Wenn die Bundesbehörden jemanden wollten, dann bekamen sie ihn auch, egal, wie hoch der Preis war. Man würde Shauna zu Vernehmungen einbestellen, ihre Arbeit in der Kanzlei durch ständige Vorladungen vor Gericht behindern, und womöglich
drohte ihr sogar eine Anklage. Und das alles nur, weil sie einem alten Freund einen
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