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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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sich über die Reling geschwungen, hielt inne, bewunderte die fremdartigen Aufbauten und unerklärlichen Gewerke auf dem großen Schiff, schien für einen Moment sich und seinen wartenden Vater ob des Anblicks völlig zu vergessen. Marcus rief ihn zur Ermahnung, und Marcellus eilte zur Strickleiter, löste sie und ließ sie hinabklappern.
Es dauerte keine fünf Minuten, da stand Marcus neben seinem Sohn auf dem Deck des seltsamen Schiffes und beide staunten in schweigender Eintracht. Wahrlich, dies war ein Wunder, und es schien, als sei es ein Wunder von Menschenhand, denn die Seeleute, die auf dem Deck umherlagen, waren ganz normale Menschen, angetan mit seltsamem Tuch, das wie die einheitliche Kleidung von Soldaten wirkte, und alle erstaunlich groß gewachsen – aber Männer, lebende und atmende …
Lebende und atmende!
Marcus beugte sich zu einem der Liegenden hinab. Tatsächlich! Der Mann hatte die Augen friedlich geschlossen, doch er lebte, atmete, der Fischer konnte den Schlag seines Herzens spüren, den Hauch seines Atems unter der Nase.
Er untersuchte einen weiteren, dann einen nächsten. Alle lebten. Manche hatten Schwellungen, oft am Kopf, sie waren anscheinend unglücklich gefallen und hatten sich dabei ordentlich gestoßen, aber keiner wirkte ernsthaft verletzt. Es gab tatsächlich keinerlei Anzeichen eines Kampfes.
»Du weißt, was das heißt, mein Sohn«, murmelte Marcus, während er ein metallenes Gebilde betrachtete, aus dem sich ein langes, eisernes Rohr streckte, das ihn unwillkürlich erschauern ließ. »Wenn diese Männer nur schlafen, werden sie in Kürze erwachen.«
»Welches Unglück mag sie befallen haben, dass sie alle in Bewusstlosigkeit gefallen sind?«, fragte sein Sohn.
»Ich weiß es nicht. Aber vielleicht wird sich doch ihre Dankbarkeit zeigen, wenn sie erwachen und merken, dass wir ihnen geholfen haben.«
Marcellus sah seinen Vater voller Tatendrang an. »Was tun wir?«
Marcus sah sich um.
»Diese dort liegen direkt in der Sonne, das wird ihnen nicht gut tun. Wir ziehen sie in den Schatten. Siehst du jenes Tuch? Wir spannen einen Sonnenschutz. Jener dort blutet aus einer Kopfwunde. Wir reißen etwas von seiner weißen Kleidung und verbinden ihm den Schädel. Dort, die beiden, liegen gefährlich auf der Reling. Wir ziehen sie in eine sichere Position. Jene sind aufeinandergefallen. Befreien wir den unten Liegenden. Es gibt viel zu tun. Lass uns ihnen zeigen, dass wir guten Willens waren!«
Marcellus diskutierte die Entscheidung seines Vaters nicht, sondern machte sich mit Feuereifer daran, die Ideen umzusetzen. Schweigend schufteten Vater und Sohn, bis alle auf Deck in prekärer Lage Vorgefundenen auf die eine oder andere Art versorgt waren.
»Weitere werden im Inneren des Rumpfes sein«, gab Marcellus zu bedenken. Eine Furcht ergriff seinen Vater, als er daran dachte, wohlmöglich in das Innere des eisernen Ungetüms hinabsteigen zu müssen. Was mochte ihn dort erwarten?
Es war erneut göttliche Fügung – oder Fortunas Lächeln –, die ihn einer Entscheidung enthob. Ein deutliches Stöhnen erklang aus dem Hals eines der Liegenden und eine unbewusste Bewegung folgte.
Es hatte begonnen.
Die Schlafenden wachten auf.
Es gab nichts mehr zu tun. Jetzt mussten sie auf Gnade und Dankbarkeit der Fremden hoffen. Marcus schickte ein Stoßgebet gen Himmel. Er hatte getan, was er konnte. Jetzt würde sich erweisen, ob er weise oder töricht gehandelt hatte.
Vater und Sohn blieben einfach an der Reling stehen. Sie hielten sich unweit von der Leiter entfernt, die den eisernen Rumpf hinunterbaumelte und an der Marcus das Fischerboot festgebunden hatte. Bloß, ob es ihnen gelingen mochte, die Flucht zu ergreifen, wenn es sich als notwendig erweisen sollte – daran hatte der Fischer Zweifel. Unwillkürlich suchte seine Hand die seines Sohnes, und die Finger Marcellus' umklammerten die seinen mit schon fast schmerzhafter Kraft.
Einer der Männer schlug seine Augen auf.
Ein anderer fluchte etwas in einer unbekannten Sprache.
Ein Dritter stöhnte, ächzte, spuckte aus und murmelte vor sich hin.
Weitere Stimmen gesellten sich dazu. Aus Murmeln wurden Gespräche, unverständlich für Marcus, aus Flüchen wurden Ausrufe, die ihm jedoch vom Tonfall wohlbekannt waren: Befehle.
Und dann wurden sie erblickt und ein Geschrei hob an. Sofort waren Marcus und sein Sohn von großen, kräftigen, wild aussehenden Männern umringt, die seltsame, metallene Dinge trugen, keine Schwerter, aber auch keine Bögen oder

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