Die Ankunft
Äxte, vielmehr dunkle Röhren, die am Ende breiter wurden und allerlei Haken und Ösen aufwiesen, und deren Funktion sich Marcus nicht erklären konnte. Er nahm jedoch an, dass es sich um Waffen handelte, denn die Männer richteten die Mündungen der Rohre in eindeutig bedrohlicher Haltung auf sie. Es war wohl allein das völlige Fehlen einer jeden Bedrohlichkeit aufseiten der Fischer, die die Männer daran hinderte, auf sie loszugehen. Oder etwas anderes. Die heisere, bellende Sprache einiger anderer Männer, in blaue Gewänder gekleidet, die eng am Körper lagen, und seltsam geformte Mützen tragend. Zwei traten auf das Fischerpaar zu, der Halbkreis der Männer teilte sich, als sie näher kamen. Dann ein weiterer Befehl und die Rohre wurden gesenkt. Noch ein Wort der fremden Sprache und die meisten der Männer wandten sich ab, allerdings nicht, ohne den Fischern noch rätselhafte Blicke zugeworfen zu haben.
Schließlich trat einer der Männer in Blau vor, ein drahtiger Mann von beeindruckender Größe mit braunen Augen und kurz geschorenem Haar. Er sah die beiden Fischer abwartend an, nicht bedrohlich, einfach nur neugierig, dann unterhielt er sich mit seinem Begleiter, einem untersetzten, etwas schlampiger gekleideten Blauträger, der zudem von durchaus fortgeschrittenem Alter war.
Nun richtete der Erste eine Frage an Marcus, formuliert in der unverständlichen Sprache. Manchmal, fast, für einen Moment, schien es dem Fischer, als höre er ein vertrautes Wort, doch ehe er es greifen konnte, verschwand es bereits im Konzert fremder Worte, deren Vielfalt das kurze, aufblitzende Verständnis sogleich überdeckte.
Marcus wusste nichts anderes zu tun, als in der Sprache des Reiches zu antworten.
»Mein Name ist Marcus Necius, und das ist mein Sohn Marcellus. Wir sind einfache Fischer und haben keine bösen Absichten!«
Die Reaktion war erstaunlich. Beide Blauträger wechselten überraschte Blicke, als hätten sie nicht erwartet, dass Marcus überhaupt sprechen konnte. Beide tauschten sich erneut in ihrer bellenden Sprache aus. Sie wirkten ratlos, verwirrt. Marcus nahm das als gutes Zeichen. Vielleicht würden er und sein Sohn diese Begegnung doch noch unbeschadet überstehen.
Er beschloss, weiterzusprechen.
»Wir haben Euer Schiff treibend auf dem Meer entdeckt. Eure Männer lagen darnieder, ohne Bewusstsein. Wir kamen an Bord und halfen!«
Marcus wies auf die Plane, die er und sein Sohn als Sonnenschutz aufgespannt hatten und unter der viele der Bewusstlosen aufgewacht waren.
Er hob die Hände.
»Wir haben nur geholfen. Wir haben nichts gestohlen. Ihr könnt uns und unser Boot durchsuchen!«
Er wies über die Reling. Die Blicke der Blauträger folgten der Hand, und als sie das dümpelnde Fischerboot erblickten, redeten sie wieder mit sehr erstauntem Unterton miteinander, gestikulierten, kratzten sich am Kopf. Marcus verstand nach wie vor kein Wort, aber Gestik und Mimik der Männer ließ keinen Zweifel übrig.
Der Erste, der Hochgewachsene, räusperte sich schließlich. Er wechselte einen letzten Blick mit seinem Gefährten, dann kam er einen Schritt auf Marcus zu, die Hände wie er ausgestreckt.
»Mein Name ist Jan Rheinberg. Ich bin der Stellvertreter des Kapitäns dieses Schiffes.«
Das Latein des Mannes klang fremd, genauso fremd wie sein Name. Aber Marcus verstand es und ein Stein fiel ihm vom Herzen. Das bedeutete, auch seine Erklärungen waren verstanden worden, und das hieß mit großer Wahrscheinlichkeit, dass Fortuna ein drittes Mal gelächelt hatte.
Nein, sicher war der Herr mit ihm, korrigierte sich Marcus sofort in Gedanken. Er lächelte breit.
»Ich grüße Euch, edler … Kapitän. Willkommen in den Gewässern Roms.«
Rheinberg sah Marcus forschend an.
»Erkläre mir etwas, Marcus«, bat er nun umständlich. Der Fischer nickte eifrig und bedeutete dem Mann, sogleich seine Frage zu stellen.
Rheinberg sammelte sich. Er zuckte halb entschuldigend mit den Schultern, als er schließlich etwas holprig hervorbrachte:
»Warum bei Gott redest du Latein?«
4
»Warum bei Gott redet er Latein?«
Die Offiziersmesse war voll. Neben Neumann, Rheinberg, von Klasewitz, dem Kapitän und Dahms waren zwölf weitere wichtige Offiziere der Saarbrücken dem Ruf des Kommandanten gefolgt. Die anderen wurden gebraucht, um die unruhige Mannschaft unter Kontrolle zu halten. Die beiden abgerissenen Fischer hatte Rheinberg in die Kombüse bringen lassen, um sie zu verpflegen. Becker, der sich ebenfalls zu der Runde gesellte,
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