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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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Atmosphäre etwas. »Dann werfen Sie einen Blick in den Himmel und sagen dem Fähnrich, er soll eine Mittagsmessung machen. Das dürfte sehr bald der richtige Zeitpunkt sein. Er soll uns irgendwas bieten.«
»Jawohl, Herr Korvettenkapitän!«
Mit ein bisschen Glück würde diese Form der nautischen Positionsbestimmung, die nur am höchsten Stand der Mittagssonne möglich war, zumindest eine näherungsweise Auskunft über ihren Standort geben.
Für einen Augenblick senkte sich verblüffte Stille über die Versammelten, ehe ein wildes Durcheinander ausbrach. Der Kapitän ließ die Männer einige Minuten diskutieren, damit sie Luft ablassen konnten, ehe er Ruhe befahl. Er war aschgrau im Gesicht.
»Welche Erklärung dafür auch gültig ist, wir können hier nicht rumsitzen und nichts tun. Wir werden unter Dampf gehen und Westkurs einschlagen. Dieses Fischerboot hat keine weite Reise hinter sich. Wir können die Geschichte von Marcus ohne großen Aufwand nachprüfen.«
»Wir sind die ganze Zeit unter Dampf«, warf Dahms karg ein.
Von Krautz kniff die Augen zusammen. »Erklären Sie das?«
»Als wir das Bewusstsein verloren, hat die Saarbrücken kleine Fahrt gemacht. Dann kam diese Flaute und die Nebelbank … und na ja, nichts mehr. Als wir aufwachten, war die Maschine weiterhin auf kleiner Fahrt. So sind wir auf das Fischerboot gestoßen.«
»Moment. In kleiner Fahrt und bewusstlos von Portugal nach Italien? Das klingt ja gleich noch einmal viel unglaublicher«, hakte der Kapitän nach. Dahms schüttelte den Kopf.
»Nichts dergleichen, Herr Kapitän. Wir haben Kohle für eine Stunde verbraucht, die Kessel fingen langsam an, Druck zu verlieren – aber das ist es auch schon. Damit haben wir keine zwanzig Meilen zurückgelegt, geschweige denn Gibraltar umschifft und die Südspitze Italiens umfahren. Völlig unmöglich! Die Bunker sind voll, und Kohle schaufeln konnte eh keiner. Der Kreuzer war steuerlos. Nein. Das hat entweder der Klabautermann gedreht oder ich weiß es nicht – die Saarbrücken war es sicher nicht.«
Den Schlüssen Dahms' war nichts entgegenzusetzen.
»Dann muss dieser Marcus lügen«, insistierte von Klasewitz.
»Das kann sein. Bloß, welcher portugiesische Fischermann spricht Latein und heißt uns im Römischen Reich willkommen?«, wandte Rheinberg ein. »Ein schlechter Scherz kann das ja nun nicht sein.«
»Dann ist der Mann verrückt«, sagte der Zweite Offizier.
»Den Eindruck machen weder er noch sein Sohn«, meinte Neumann ruhig. Er hatte sie beide einer wenngleich nur flüchtigen Untersuchung unterzogen.
»Wir …«
Von Krautz wurde erneut gestört. Diesmal war der eintretende Soldat Leutnant zur See Langenhagen, ein junger Mann, der jedoch schon seine zweite Fahrt auf der Saarbrücken machte. Er salutierte nachlässig, da er mittlerweile wusste, dass weder der Kapitän noch sein Erster Offizier in drängenden Situationen allzu großen Wert auf Ehrenbezeugungen legten. Von Klasewitz konnte er dabei geflissentlich übersehen. Der würde noch auf Strammstehen bestehen, wenn die Saarbrücken in Flammen stand und die Besatzung ins Wasser hüpfte.
»Herr Kapitän, ich habe wie befohlen das Boot des Fischers durchsucht.«
Er wuchtete einen großen Sack auf den Tisch.
»Das müssen Sie sich ansehen, Herr Kapitän.«
Ohne auf einen Befehl zu warten, entleerte er den Sack auf den Tisch. Aller Augen richteten sich auf die Platte. Rheinberg beugte sich vor und nahm die Gegenstände nacheinander in die Hand. Er fühlte, wie die Blicke der anderen nun auf ihm lagen. Auch Kapitän von Krautz erwartete von ihm eine Erklärung.
Er hob eine Messingplatte in die Höhe.
»Das ist ein Astrolab.«
»Davon habe ich gelesen«, murmelte von Krautz und nahm es vorsichtig entgegen.
»Ich nicht«, wandte Becker ein. Einige der Seeoffiziere grinsten. Rheinberg nickte dem Infanteristen verständnisvoll zu.
»Ein Astrolab ist im Grunde ein antikes Vorgängermodell zum Sextanten, das bis ins letzte Jahrhundert hinein benutzt wurde. Auf einer Messingplatte ist in einem Koordinatensystem die Position aller sichtbaren Sterne der Nordhalbkugel eingetragen, in ebener Projektion. Darauf gibt es eine zweite Platte mit einem ovalen Ausschnitt, der den Horizont darstellt und die um die Mitte drehbar ist. Am Rand beider Scheiben sehen Sie Skalen eingraviert, auf der unteren das Datum, auf der oberen eine Zeitskala. Wenn man nun die obere Scheibe so dreht, dass die aktuelle Uhrzeit auf der oberen Skala auf das aktuelle Datum der unteren

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