Die Ankunft
nehmen Kurs auf das fremde Schiff.«
Sepidus nickte lediglich. Seinen Männern an den beiden mächtigen Steuerrudern gab er dann klare Befehle, die Scipio drehte sich sachte in die richtige Richtung.
»Die Schlagzahl erhöhen. Secutor, Wein für die Ruderer. Flavius!«
Flavius Calvinus, der Bordzenturio, erschien wie aus dem Nichts an der Seite des Trierarchen. Er hatte formell den gleichen Rang wie Aurelius, war ihm auf See jedoch untergeordnet. Er war kein Seemann, sondern kommandierte die kleine Gruppe der Infanteristen, die die Scipio an Bord hatte – sowie im Enterkampf die gesamte Mannschaft der Trireme, denn sobald der Kampf begann, verwandelten sich alle Ruderer sofort in Marinesoldaten, ergriffen die Schwerter und wurden von Calvinus in den Kampf geführt. Dies galt ebenso für eventuell notwendige Landexpeditionen.
»Trierarch!«
»Flavius, mache deine Männer bereit. An die Enterbrücke. Ich will sie sofort einsetzen können, falls es was gibt. Hole die besten Bogenschützen von den Ruderbänken. Ich will, dass sie bereitstehen und mein Kommando erwarten!«
Auch der Zenturio musste keinen der Befehle zweimal hören. Bereits als er sich abwandte, rief er nach seinem Optio. Das Schiffsdeck erzitterte, als die Soldaten in Stellung gingen. Das Schiff geriet in Aufregung, aber nicht in Aufruhr. Der Secutor hatte ein wachsames Auge auf jede Bewegung. Die Römische Flotte war eine disziplinierte Flotte und die Scipio eines ihrer besten Schiffe.
»Sepidus, du hältst den Kurs. Ich gehe wieder zum Bug. Achte auf meine Zeichen!«
Der graubärtige Seemann nickte.
Metus, der Nauphylax oder Waffenmeister der Scipio, betrat das Deck. Er hatte gehört, wie der Zenturio seine Befehle gegeben hatte, und zusammen mit seinem Gehilfen trug er die Waffen heraus, die an die Ruderer ausgegeben werden sollten. Die Bögen hielt er bereit für jene, die Flavius sogleich auswählen würde, Schwerter und Speere reihte er auf für den Fall, dass weitere Ruderer abkommandiert und bewaffnet werden würden. Vorne am Bug versammelte Flavius bereits das Dutzend Marinesoldaten in voller Rüstung, direkt bei der Enterbrücke, und hielt sie in Bereitschaft. Sorgsam achtete er darauf, dass sie den Blickkontakt zwischen dem Proreta und dem Steuermann Sepidus nicht verstellten, denn Lucius war es, der genaue Anweisungen zum Kurs an das Heck durchzugeben hatte.
Der Trierarch gesellte sich zu Flavius, hatte sich selbst auf dem Weg dorthin bewaffnet. Das Kurzschwert hing an seiner Seite. Er stellte sich neben Lucius und sah, wie die Erregung dem jungen Mann ins Gesicht geschrieben stand.
»Was ist?«
»Ich weiß nicht, Herr. Ich weiß es wirklich nicht.«
Lucius' Verwirrung und Ratlosigkeit waren so offensichtlich, dass es Aurelius unwillkürlich Sorge bereitete. Der Proreta kannte jede Schiffsklasse, jede hölzerne Silhouette auf dem Mittelmeer, niemand konnte ihm etwas vormachen. Die Tatsache, dass er sich um eine eindeutige Beantwortung der Frage drückte, sprach für sich. Aurelius beugte sich nach vorne, kniff die Augen zusammen. Das Flötenspiel aus dem Ruderdeck war hektischer geworden, die Schlagfrequenz hatte sich erhöht. Wasser spritzte auf, als die Ruder im schnelleren Takt eintauchten und die mächtige Scipio vorantrieben. An Backbord signalisierte man der Augustus. Mit ein wenig Glück würde sie ihrem Schwesterschiff mit erhöhter Geschwindigkeit folgen.
Mit jeder verstreichenden Sekunde schälte sich ein genaueres Abbild des fremden Schiffes heraus. Mit jeder verstreichenden Sekunde begann Aurelius, die Ratlosigkeit seines Proreta mehr und mehr zu verstehen. Was immer das für ein Schiff war, dem man sich nun mit stetiger Geschwindigkeit näherte, es war keines, dessen Bauweise er jemals in seinem Leben erblickt hatte. Aufgeregtes Gemurmel erhob sich auf der Scipio, die Marineinfanteristen stießen sich gegenseitig an und zeigten nach vorne, die Scharfäugigen begannen flüsternd zu berichten, was die Kurzsichtigen nicht erkennen konnten. Aurelius ließ sie einige Minuten gewähren, selbst beinahe betäubt von der Fremdartigkeit und Bedrohlichkeit, die das fremde Schiff verströmte, von der Beklemmung, die mit jedem Ruderschlag größer zu werden schien.
Doch er war der Trierarch.
Er wandte sich um und warf dem Secutor, der selbst an der Reling stand und nach vorne starrte, einen scharfen Blick zu. Der Mann fing dieses Zeichen Aurelius' auf und bellte sofort scharfe Befehle über das Deck. Stille kehrte ein, als auch Flavius seinen
Weitere Kostenlose Bücher