Die Ankunft
Armaturenbrett, dass ich erschreckt hochfuhr. Sie riss den Kopf herum, um mich anzusehen. » Warum? Warum kannst du es mir nicht einfach erzählen? Was könnte schon so verdammt heikel sein, dass du es mir nicht erzählen kannst?«
Es wäre so leicht gewesen, es einfach auszusprechen. Ich bin ein Werwolf. Aber ich wusste, dass sie mich dann für eine Klugscheißerin halten würde, die sich über ihr emotionales Auftreten lustig machte. Und ich durfte es ihr auch nicht sagen, oder? Noch nicht. Nicht, wenn ich noch nicht alle Antworten darauf hatte, warum ich so war, wie ich war, warum mich jemand töten wollte, warum ich nachts von Schatten verfolgt wurde. Sie würde versuchen, mir zu helfen. Natürlich würde sie das. Megan war vieles, aber vor allem war sie loyal. Sie war diejenige gewesen, die mich gezwungen hatte, zu einer Krankenschwester zu gehen, als alles anfing, und natürlich hatte sie darauf bestanden, auf mich aufzupassen. Doch konnte sie mir nicht helfen. Diese neue Welt, mit der ich es zu tun hatte, verfügte über Waffen und Krallen. Wenn sie verletzt würde … Ich schluckte noch einmal und fuhr mir mit den Fingern durchs Haar. » Alles, was ich dir sagen kann, ist, dass ich jetzt noch nicht mit dir darüber reden kann. Damit muss ich noch ein bisschen warten.«
Megan schnaubte, trat aufs Gaspedal und fuhr weiter.
» Aber bald«, sagte ich und legte ihr eine Hand auf den Arm. » Ich muss noch ein paar Sachen herausfinden und dann erzähle ich dir absolut alles.« Sie antwortete nicht. Ich zog die Hand zurück und senkte den Blick.
Die letzten paar Minuten fuhren wir schweigend weiter. Sie bog auf den Behelfsparkplatz der Schule ein und parkte so rasant, dass sie dabei Dreck und Steinchen aufwirbelte. Dann schnallte sie sich ab, packte ihren Rucksack und sprang aus dem Wagen. Mit einer Hand auf dem Autodach lehnte sie sich durch die offene Fahrertür hinein. » Wir sehen uns auf der Party«, sagte sie. Dann schlug sie die Tür zu und stürmte in Richtung Schulgebäude davon.
Ich saß auf einer der Steinbänke, die den Fußweg zum Haupteingang der Schule säumten, und wartete auf Spencer. Andere Schüler zogen an mir vorüber, lachten, schwatzten, schubsten einander. Niemand beachtete mich weiter. Zumindest für den Augenblick war ich wieder die unsichtbare Emily. Nach der Auseinandersetzung im Auto mit Megan hatte ich mich plötzlich gefühlt, als seien die ganzen Fortschritte, die ich seit dem Verlassen meiner Muschel gemacht hatte, nichts weiter gewesen als der größte Schwindel aller Zeiten.
Jemand ließ sich neben mich plumpsen. Ich musste mich nicht einmal umdrehen, um zu wissen, wer es war, denn sein Duft war mir inzwischen bereits vertraut: Dalton.
Er lehnte sich zu mir herüber und stieß mich lächelnd mit der Schulter an. » Hey, Emily«, sagte er.
Ich sah ihn an, ohne zurückzulächeln. » Hey«, antwortete ich. » Wo ist Nikki?«
Er lachte. » Keine Sorge, sie werden dich heute Morgen nicht attackieren. Ihr Trainer wollte mit ihnen üben. Vor der Schule. Mit den Cheerleaderinnen, meine ich.«
» Klingt gut.«
Er sah sich verschwörerisch um und beugte sich nahe – viel zu nahe – zu mir herüber, um mir etwas ins Ohr zu flüstern. Seine Worte waren wie Schnellfeuer. » Emily, das mit gestern Abend tut mir so leid«, meinte er. » Ich weiß nicht, was … Mann, ich bin durchgedreht, und gestern Abend hat sich das so gut angefühlt, aber dann bin ich heute Morgen aufgewacht und alles, woran ich denken konnte, war das Gesicht des Mannes, das ich zu Brei geschlagen habe und die Art, wie ich dich angegriffen habe. Da wurde mir ganz schlecht, und ich fühlte mich wie der weltgrößte Arsch.« Er hob eine Faust und schlug sich gegen die unverletzte Seite seines Kopfs, während er von mir wegrutschte und rief: » Arschloch!«
Ein paar Jugendliche blieben stehen und starrten Dalton wegen seines Ausbruchs an. Dann lachten sie und zogen weiter.
Ich legte ihm die Hand auf die Schulter. » Scht, ist schon gut«, sagte ich. » Ich denke, der Wachmann wird wieder. Und dir ist etwas wirklich Gutes gelungen. Du hast das WerwolfMädchen gefunden.«
Er zuckte mit dem Kopf vor und zurück. » Ich schätze, das ist gut«, murmelte er. » Ich kann es nicht fassen, dass … dass ich so schreckliche Dinge getan habe.«
» Vielleicht ist das … normal? Ich meine, für Leute wie uns.«
Unsere Blicke begegneten sich. » Bist du auch so durchgedreht?«, fragte er mich. » Als du dich zum ersten Mal
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