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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Genieren Sie sich nicht. In Zeiten wie diesen verlässt man sich besser auf sein Gefühl.«
    Was für Zeiten sie damit meinte, verstand sich von selbst.
    Lucy schloss die Tür hinter den jungen Frauen ab und hörte sie den Flur zurückgehen. Sie war ein wenig peinlich berührt und lehnte sich mit dem Rücken an die Tür. Sie sah sich um und dachte:
Du hast dich nicht getäuscht. Jemand war hier. Jemand hat auf dich gewartet
.
    Sie schielte zu ihrem Koffer hinüber.
Oder jemand hat sich umgesehen
. Sie ging zu ihrer bescheidenen Kleiderkollektion und ihren Toilettensachen, die sie mitgebracht hatte, und merkte in der Sekunde, dass etwas fehlte. Sie wusste nicht, was, doch sie wusste, dass etwas aus ihrem Zimmer entwendet worden war.
    Das warst du, nicht wahr?
    In dem Moment, genau dort, hast du versucht, Lucy etwas Wichtiges über dich mitzuteilen, und sie hat’s nicht begriffen. Es war etwas Entscheidendes, und etwas Furchterregendes, weitaus furchterregender als das, was sie empfand, als sie mit einem beruhigenden dumpfen Knall die Tür hinter sich schloss. Sie dachte immer noch wie ein gesunder Mensch, und das war ihr Verhängnis.
    Peter the Fireman blickte durch den Schlafsaal und versuchte, die unmittelbar bevorstehende Aufgabe von den quälenden Erinnerungen zu trennen. Die Unentschlossenheit beeinträchtigte sein Denken, und in ihm krochen bittere Gefühle hoch, die ihn noch mehr lähmten. Er hielt sich für einen tatkräftigen Mann, und seine Zweifel bereiteten ihm Unbehagen. Er wusste, dass er einem spontanen Impuls gefolgt war, als er Lucy Jones seine und C-Birds Hilfe anbot, und er war sich immer noch sicher, dass er damit richtig gehandelt hatte. Doch in seinem Enthusiasmus hatte er die Möglichkeit zu scheitern nicht in seine Überlegungen einbezogen, und er zermarterte sich das Hirn, um einen Weg zu finden, wie sie ans Ziel kommen konnten. In welche Richtung er seine Gedanken auch lenkte, er sah sich überall Einschränkungen und Verboten gegenüber, und er konnte nicht erkennen, wie sie all diese Hürden nehmen sollten
    In der Welt der Nervenheilanstalt hielt er sich selbst für den einzigen Pragmatiker.
    Er seufzte. Es war bereits spätnachts, und er lehnte sich an die Wand, streckte die Beine auf dem Bett aus und horchte auf die Geräuschkulisse, die ihn umgab. Selbst die Nacht gewährte den Leuten keine Erholungspause von ihren Qualen. Die Menschen in der Klinik konnten ihren Problemen nicht entkommen, egal, wie viel Narkotika Gulp-a-pill ihnen verschrieb. Das war seiner Meinung nach das Heimtückische an Geisteskrankheiten; dass es so viel Willenskraft und gründliche Behandlung erforderte, bis man auch nur den Versuch erwägen konnte, eine Besserung herbeizuführen. Für die meisten war das eine übermenschliche Herausforderung, für andere ein Ding der Unmöglichkeit. Er hörte ein langes Stöhnen und drehte sich schon fast in die Richtung, aus der es kam, hielt dann aber inne, da er den Urheber erkannte. Es machte ihn manchmal traurig, wenn er sah und hörte, wie Francis sich im Schlaf herumwarf, weil er wusste, dass der junge Mann die Verletzungen, die in der Dunkelheit aus ihm herausbrachen, nicht verdiente.
    Er glaubte nicht, dass er dasselbe für sich in Anspruch nehmen konnte.
    Peter versuchte, sich zu entspannen, doch es gelang ihm nicht. Für einen Moment fragte er sich, ob, sobald er selbst die Augen schloss, sich ein ähnlicher Tumult in seinen Schlafgeräuschen Bahn brach. Der Unterschied zwischen ihm und all den anderen hier, einschließlich seines jungen Freundes, war allerdings, dass er schuldig war und die anderen wahrscheinlich nicht.
    Unerklärlicherweise hatte er plötzlich den starken Geruch eines Brandbeschleunigers in der Nase. Die erste Schwade war eindeutig Benzin, die zweite Feuerzeugbenzin.
    Vor Staunen schoss er in die Höhe und stürzte aus dem Bett, so stark war die Wahrnehmung. Sein erster Instinkt war, irgendwie Alarm zu schlagen, die Männer zu organisieren und rauszuschaffen, bevor das unvermeidliche Feuer ausbrach. Er sah es schon vor sich, wie sich die Flammen auf der Suche nach Nahrung rot und gelb durch das Bettzeug fraßen, die Wände hinaufzüngelten, über den Boden krochen. Er hörte förmlich das halb erstickte Röcheln, das unweigerlich folgen würde, sobald dicke Rauchschwaden über den Raum hereinbrachen. Die Tür war so wie jede Nacht abgeschlossen, und er hörte die Männer in Panik schreien, um Hilfe rufen, an die Wände trommeln. Jeder Muskel in

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