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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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einer der Männer drehte sich um oder kam aus dem Tritt oder zeigte sonst irgendwie, dass er Cleo verstanden hatte.
    Sie räusperte sich vernehmlich und machte eine verächtliche Handbewegung. Francis eilte an ihr vorbei, um den zügig marschierenden Pfleger einzuholen.
    Als er den Schlafsaal betrat, sah er, dass der Retardierte in Lankys altem Bett untergebracht worden war, während die beiden anderen Männer Schlafstellen nicht weit von der Wand entfernt bekamen. Er beobachtete, wie Little Black das Bettenmachen und Verstauen der Habseligkeiten überwachte und die Männer dann zu einem kurzen Rundgang mitnahm, der darin bestand, ihnen Bad und Toilette zu zeigen wie auch das Plakat mit den Anstaltsregeln, die, wie Francis vermutete, dieselben wie in ihrem alten Schlafsaal waren, und sie zu informieren, dass es in wenigen Minuten Abendessen gab. Dann zuckte Little Black die Schultern und lief zur Tür, wo er kurz stehen blieb und zu Francis sagte: »Richten Sie Miss Jones aus, dass es drüben im Williams eine verdammte Schlägerei gegeben hat. Der Bursche, dem sie auf den Sack gegangen ist, der ist direkt auf den Großen da losgegangen. Haben ’ne Reihe Pfleger gebraucht, um sie zu trennen, und die anderen zwei sind irgendwie zufällig mit reingeraten. Der andere Halunke wandert für ein paar Tage in die Isolierzelle. Kriegt wahrscheinlich erst mal ordentlich was reingejubelt, damit sein Arsch auf Grundeis geht. Sagen Sie ihr, es wäre ziemlich genau so gelaufen, wie sie sich das vorgestellt hatte, nur dass jetzt im Williams drüben alle ziemlich überspannt und aufgeregt sind und es wohl ein paar Tage dauern wird, bis alles wieder zur Ruhe kommt.«
    Dann eilte Little Black durch die Tür und ließ ihn mit den drei Neuen allein.
    Francis sah zu, wie der große Retardierte sich auf die Bettkante setzte und seine Puppe umarmte. Dann fing er an, sich grinsend vor und zurück zu wiegen, als nähme er langsam seine neue Umgebung in Augenschein. Der Tänzer vollführte eine kleine Drehung und ging zu dem vergitterten Fenster hinüber, um für den Rest des Nachmittags einfach hinauszustarren.
    Doch der Dritte, der Stämmige, schien, kaum dass er Francis entdeckte, sich innerlich anzuspannen. Einen Moment lang zuckte er zurück. Dann stand er auf und zeigte vorwurfsvoll auf Francis, während er rasch um die Betten herum auf ihn zukam und dicht vor Francis stehen blieb. Er zischte ihm vor Wut ins Gesicht. »Du bist das bestimmt«, sagte der Mann im Flüsterton, in dem jedoch ein wütendes Grollen mitschwang. »Du bist das bestimmt, du bist der Kerl, der nach mir sucht, stimmt’s?« Francis antwortete nicht, sondern drückte sich eng an die Wand. Der Mann hob die Faust und hielt sie Francis unters Kinn. Seine Augen blitzten vor Zorn, der jedoch zu dem Klang seiner Stimme im Widerspruch stand, bei der sich jedes Wort wie das warnende Klappern einer Schlange anhörte.
    »Weil ich derjenige bin, den ihr sucht.« Er schnitt die Worte förmlich aus der Luft.
    Dann jagte er an Francis vorbei zur Tür hinaus in den Gang.

22
    Aber ich wusste es, nicht wahr?
    Vielleicht nicht gleich in dem Moment, aber doch schon ziemlich bald. Zuerst fühlte ich mich von dem Geständnis, das er mir ins Gesicht geschleudert hatte, überrumpelt. Ich zitterte innerlich, und sämtliche Stimmen brüllten ihre Warnungen und Befürchtungen – widersprüchliche Impulse, ihm zu folgen oder sich lieber zu verstecken, vor allem aber, auf das zu achten, was ich begriff. Nämlich, dass das Ganze natürlich keinen Sinn ergab. Wieso sollte der Engel einfach so auf mich zumarschieren und sich zu erkennen geben, nachdem er alles getan hatte, um zu verheimlichen, wer er war? Und falls der Stämmige in Wahrheit nicht der Engel war, wieso hatte er das dann behauptet?
    In einem Aufruhr von Fragen und Konflikten, holte ich tief Luft, beruhigte meine Nerven und stürmte aus dem Schlafsaal, wo ich den Tänzer und den Bulligen zurückließ, in den Flur hinaus, um dem Stämmigen zu folgen. Ich sah ihm zu, wie er sich mit einer übertriebenen Geste eine Zigarette anzündete, dann aufblickte und sich die neue Umgebung anschaute, in die er verlegt worden war. Mir wurde bewusst, dass die Landschaft jeder Wohneinheit verschieden war. Vielleicht glichen sie sich architektonisch, hatten die gleichen Flure und Büros, Tagesräume, Cafeterien, Schlafgelegenheiten, Abstellräume, Treppenhäuser, Isolierzellen im Obergeschoss, die alle mehr oder weniger der gleichen Anordnung folgten

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