Die Anstalt
nicht, mich zu verscheißern.«
Die Äußerung kam Francis ein wenig lächerlich vor. Und vielleicht auch feige. Sein Publikum bestand nur aus alten und gebrechlichen Menschen oder solchen, die sich in ihrer eigenen, fernen Welt verloren. Weit und breit war niemand zu sehen, der sich gegen den Stämmigen hätte erheben können.
Ungeachtet seiner Stimmen, die ihn zur Vorsicht mahnten, machte Francis ein paar Schritte auf den Stämmigen zu, der seine Anwesenheit erst jetzt bemerkte.
»Du!«, sagte er laut. »Ich dachte, mit dir wär’ ich fertig.«
»Ich möchte wissen, wie Sie das eben gemeint haben«, sagte Francis vorsichtig.
»Wie ich das gemeint habe?« Der Mann äffte Francis mit einem singenden Tonfall nach. »Wie ich das gemeint habe? Ich hab’s so gemeint, wie ich es gesagt habe, und wie ich es gesagt habe, so hab ich es gemeint. Basta.«
»Ich versteh das nicht«, sagte Francis ein wenig übereifrig. »Als Sie gesagt haben: ›Ich bin der Mann, nach dem du suchst‹, was wollten Sie damit sagen?«
Der Mann wieherte lauthals los. »Ist doch wohl ziemlich klar, oder?«
»Nein«, sagte Francis vorsichtig und schüttelte den Kopf. »Ist es nicht. Was meinen Sie denn, nach wem ich suche?«
Der Stämmige grinste. »Du suchst nach ’nem richtig ekelhaften Scheißkerl, ist doch wohl so. Und du hast ihn gefunden. Was? Meinst du, ich kann nicht richtig eklig werden?« Er machte einen Schritt auf Francis zu, ballte die Hände zu Fäusten, neigte sich an der Taille ein bisschen vor und spannte seinen Körper wie den Abzug einer Pistole an.
»Woher wussten Sie, dass ich nach Ihnen suche?«, fragte Francis beharrlich und wich, all den zur Flucht drängenden Stimmen in seinem Innern zum Trotz, nicht von der Stelle.
»Das weiß doch jeder. Du und der andere Kerl und die Lady von auswärts. Das weiß doch wirklich jeder«, sagte der Stämmige.
Es gibt keine Geheimnisse, dachte Francis. Doch im selben Moment sollte er begreifen, dass er hier irrte.
»Wer hat Ihnen das gesagt?«, fragte Francis plötzlich.
»Was?«
»Von wem wissen Sie das?«
»Was meinst du, zum Teufel?«
»Wer hat Ihnen gesagt, dass ich nach jemandem suche?«, sagte Francis mit Nachdruck und kam jetzt erst richtig in Fahrt. Etwas, das sich von den gewohnten Stimmen vollkommen unterschied, trieb ihn an und zwang ihn, Fragen zu äußern, die mit jedem Wort die Gefahr erhöhten, der er sich aussetzte. »Wer hat Ihnen gesagt, Sie sollen nach mir Ausschau halten? Wer hat Ihnen gesagt, wie ich aussehe? Wer hat Ihnen gesagt, wer ich bin, von wem wissen Sie meinen Namen? Von wem?«
Der Stämmige hob eine Hand und hielt sie Francis direkt unters Kinn. Dann berührte er ihn wie zur Warnung mit den Fingerknöcheln. »Das ist meine Sache«, sagte er. »Geht dich nix an. Mit wem ich rede, was ich mache, das ist meine Sache.« Francis sah, wie sich die Augen des Stämmigen etwas weiteten, als sei ihm auf einmal eine Idee gekommen. Francis konnte praktisch zusehen, wie sich in der Phantasie seines Gegenübers alle möglichen Ingredienzien zusammenbrauten, und irgendwo in dieser explosiven Mischung steckte eine Information, an die er kommen wollte.
Francis blieb beharrlich. »Natürlich ist das Ihre Sache«, sagte er und wechselte in einen bedächtigen Ton, für den Fall, dass das weiterhalf. »Aber vielleicht geht es mich ja doch auch ein bisschen was an. Ich möchte nur wissen, wer Ihnen gesagt hat, Sie sollen mich ausfindig machen und mir sagen, was Sie da eben gesagt haben.«
»Niemand«, log der Stämmige.
»Doch«, konterte Francis. Die Mann ließ die Hand unter Francis’ Kinn sinken, und Francis sah funkensprühende Angst in den Augen des Mannes, die sich hinter dem Zorn verbarg. Es erinnerte ihn auf einmal an Lanky, wie er sich auf Short Blond fixiert hatte oder vorher auf Francis selbst. Ein einziger Gedanke, der den Mann vollkommen gefangen nahm, eine einzige, überwältigende Empfindung, die, einmal losgelassen, aus irgendeiner tief verborgenen Nische hervorschoss, in die selbst die wirkungsvollsten Medikamente kaum vorzudringen vermochten.
»Ist meine Sache«, beharrte der Stämmige.
»Der Mann, der Ihnen das gesagt hat, das könnte der Mann sein, nach dem ich suche«, sagte Francis.
Der Stämmige schüttelte den Kopf. »Du kannst mich mal«, sagte er. »Ich denk nicht dran, dir zu helfen.«
Einen Moment lang stand Francis dem Stämmigen direkt gegenüber und war – so dicht davor, etwas herauszufinden, das für ihn derart wichtig
Weitere Kostenlose Bücher